Der viereckige Smaragd. Edgar Wallace

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Der viereckige Smaragd - Edgar Wallace


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Common in der Nähe der Wimbledon Road heute Abend gegen genau um ein Viertel nach zehn abzuholen. Von dort sollte ich ihn dann nach Southampton fahren. Er verlangte einen geschlossenen Wagen, aber ich sagte ihm, daß ich über keinen solchen Wagen verfüge, der eine so lange Fahrt machen könne, und daß ich den Auftrag ablehnen müsse. Als er mir dann aber den doppelten Preis anbot, den ich unter gewöhnlichen Umständen verlangt hätte, und mir die Hälfte der Summe im voraus zahlte, willigte ich ein.«

      »Haben Sie ihn denn gefragt, warum er zu einer so ungewöhnlichen Zeit nach Southampton fahren wollte?«

      »Das war sogar das erste, was ich in Erfahrung brachte. Er erzählte mir, daß er mit einigen Freunden zu Abend speisen wollte und deshalb den Schnellzug, der in Verbindung mit den Kursdampfern steht, nicht erreichen könnte – die ›Berengaria‹ fährt morgen früh um fünf Uhr ab, und alle Passagiere müssen schon während der Nacht an Bord sein. Es war nicht das erste Mal, daß ich eine solche Fahrt gemacht hatte, und deshalb war ich auch nicht erstaunt. Das einzig Merkwürdige an der ganzen Sache war nur, daß ich ihn nicht bei einem bestimmten Haus abholen sollte, sondern ausgerechnet am Barnes Common. Aber er wußte meine Einwände zu beschwichtigen, indem er sagte, seine Freunde sollten nicht erfahren, daß er schon am nächsten Tag abreise. Auf jeden Fall habe ich mich dazu bereit erklärt, aber als ich mir dann die Sache überlegte, wurde ich argwöhnisch und setzte mich mit der Polizei in Verbindung.«

      »Wie sah denn der Mann aus?« fragte Leslie.

      »Er war von mittlerem Alter«, entgegnete der Mann, der ein wenig erstaunt schien, daß sich die Dame an der Unterhaltung beteiligte. »Es fiel mir auch auf, daß er ein wenig besoffen – betrunken war, wollte ich sagen. Aber das kann ja schließlich einmal vorkommen. Er war gut gekleidet, glattrasiert, hatte ein feistes Gesicht und trug einen weichen Filzhut.«

      Coldwell wandte sich zu Leslie.

      »Paßt diese Beschreibung auf einen der Leute, die wir verfolgen?« fragte er.

      »Nein«, sagte sie, »aber sie paßt eigentlich gut auf Druze.«

      »Auf Druze?« meinte er ungläubig. »Sie vermuten doch nicht etwa, daß Druze zu der Bande gehört?«

      »Ich vermute gar nichts«, erwiderte sie und biß sich nachdenklich auf die Lippen. »Haben Sie seine Hände gesehen?«

      »Jawohl, meine Dame. Ich sah sie, als er die Handschuhe auszog, um mich zu bezahlen. Sie waren auffallend weiß.«

      Sie schaute Coldwell bedeutungsvoll an.

      »Das stimmt wieder.«

      »Sind Sie denn zu dem verabredeten Platz hingefahren?«

      »Nein, der Inspektor nahm meinen Wagen und fuhr mit ein paar Polizisten hin.«

      »Er muß Verdacht geschöpft haben«, meinte der Beamte. »Ich habe um Viertel nach zehn niemand dort gesehen. Und doch hat er darauf bestanden, daß sich der Wagen genau um diese Zeit dort einfinden sollte. Er hat ausdrücklich gesagt: ›Wenn ich fünfundzwanzig Minuten später noch nicht dasein sollte, warten Sie nicht auf mich.‹ Und das klingt doch sehr merkwürdig. Aus diesem Grund glaubte ich, daß die Autobande hinter dieser Sache steckt, Mr. Coldwell. Es ist ein alter Trick von diesen Leuten, ein Auto zu mieten, das sie an irgendeinem ruhigen Platz aufnehmen soll.«

      Im Nebenzimmer läutete das Telefon, und der Inspektor eilte zu dem Apparat. Er blieb etwa fünf Minuten fort.

      »Die Autobanditen haben auf der anderen Seite von Guildford um neun Uhr ein Haus geplündert«, berichtete er. »Ihr Wagen wurde in einem Graben zertrümmert und zwei von ihnen wurden von der Surrey-Polizei verhaftet.«

      Coldwell kräuselte die Lippen.

      »Das erledigt also Ihre Theorie«, sagte er.

      Auf der Rückfahrt über Kingston Vale verbreitete sich Coldwell über sein Lieblingsthema, das man etwa überschreiben könnte: ›Keine Mühe ist verschwendet, wenn man sich mit Verbrechern befaßt.‹

      »Viele Leute würden recht ungemütlich werden, wenn sie mitten in der Nacht durch eine Falschmeldung aus dem Haus geholt würden. Aber schließlich kann man aus der kleinsten Tatsache etwas lernen, selbst aus einer fortgeworfenen Kondensmilchbüchse, die auf dem Kehrichthaufen gefunden wird. Wenn nun der Mann, der das Auto gemietet hat, tatsächlich unser Freund Druze war –«

      »Er war es ganz bestimmt.«

      »Nun gut, dann haben wir doch wenigstens etwas erfahren«, fuhr Coldwell fort. »Wir tragen gewissermaßen seinen Namen auf eine neue Liste ein, er gehört also zu den Leuten, die merkwürdige Dinge tun, und das sondert ihn von der Menge der gesetzliebenden Bürger ab.«

      Sie fuhren schnell die Roehampton Lane hinunter, die kleine Anhöhe zur Eisenbahnbrücke hinan und erreichten die Mitte des Platzes. Mr. Coldwell war noch eifrig in sein Thema vertieft. Leslie sah in dem Augenblick die Schlusslichter eines großen Wagens, der von der Seite der Straße fortfuhr.

      »Man soll selbst die kleinsten Fälle nicht verachten«, begann der Chefinspektor wieder, »weil sie –«

      Plötzlich wurden die Bremsen gezogen, und der Wagen hielt.

      »Was ist denn los?« fragte Coldwell scharf. Auch er hatte den Wagen gesehen, der vor ihnen fuhr, und sein erster Gedanke war, daß der Chauffeur einen Zusammenstoß hatte vermeiden wollen.

      Der Chauffeur wandte sich um.

      »Entschuldigen Sie, ich stutzte plötzlich – haben Sie nicht auch einen Mann auf dem Gehsteig liegen sehen?«

      »Nein – wo denn?« fragte Coldwell, dessen Interesse sofort erwachte.

      Der Chauffeur ließ den Wagen langsam nach rückwärts fahren. Sie sahen eine schwarze Gestalt in der Dunkelheit, und als das Auto noch etwas weiter zurückgefahren war, erkannten sie im Scheinwerferlicht, daß es ein Mann war.

      Coldwell stieg langsam aus.

      »Er sieht wie ein Betrunkener aus«, sagte er ablehnend. »Sie bleiben besser im Wagen, Leslie.«

      Aber er hatte kaum die Straße betreten, als sie ihm folgte.

      Mr. Coldwell wußte sehr wohl, daß es sich um keinen Betrunkenen handelte. Die charakteristische Haltung, die ausgestreckten Arme und die leicht übereinanderliegenden Beine sagten ihm, daß er einen Toten vor sich hatte, schon bevor er die kleine Blutlache auf dem Gehsteig bemerkte.

      Einen Augenblick lang starrten sie beide auf die bemitleidenswerte Gestalt nieder.

      »Es ist Druze«, sagte Leslie ruhig. »Irgendwie hatte ich das ja erwartet.«

      Es war wirklich Druze, und er war tot. Der schwere Mantel war vollständig zugeknöpft, nirgends war ein Hut zu sehen. Seine Hände, die keine Handschuhe trugen, waren verkrampft. Als Leslie genauer hinschaute, sah sie ein sonderbares grünes Glitzern im Licht der Scheinwerfer.

      »Er hält etwas in seiner linken Hand«, sagte sie leise.

      Coldwell kniete nieder und brach die Hand auf. Der Gegenstand fiel mit einem leisen Geräusch auf das Pflaster.

      Coldwell nahm ihn auf und betrachtete ihn neugierig. Es war ein großer, viereckiger Smaragd in Platinfassung. An einer Ecke war etwas von der Fassung abgebrochen, als ob er mit Gewalt von einem größeren Schmuckstück entfernt worden wäre.

      »Äußerst merkwürdig«, meinte er.

      Sie nahm den Stein aus seiner Hand und sah ihn näher an. Sie erkannte jetzt, daß sie sich nicht geirrt hatte – es war der Anhänger der Halskette, die Lady Raytham heute Abend getragen hatte.

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