Zulassung zur Abschaffung - Die heillose Kultur - Band 2. Dr. Phil. Monika Eichenauer

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Zulassung zur Abschaffung - Die heillose Kultur - Band 2 - Dr. Phil. Monika Eichenauer


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zu werden, wurde den Patienten selbst generell die Schuld für fehlende Heilungserfolge zugeschoben: Fehlende Complains, d. h. fehlende Bereitschaft den Anweisungen des Arztes zu folgen, wurde als Grund für fehlende Heilungserfolge interpretiert und die Patienten verpflichtet, sich Überweisungen von einem Arzt zu einem anderen Arzt ausstellen zu lassen. Die Patienten, nicht die Ärzte, wurden und werden hinsichtlich ihrer Arztbesuche kontrolliert und zusätzlich finanziell durch Eigenleistungen beträchtlich belastet. Jetzt werden die Ärzte zusätzlich zu den Patienten kontrolliert, was aber die Versorgung nicht verbessert. Es bleibt bei der Sprachlosigkeit zwischen Ärzten und Patienten – heute schlimmer denn je, weil nicht einschätzbar ist, warum der Arzt ein Gespräch mit Patienten führt: Zum Beispiel, um IGeL-Leistungen an den Patienten zu bringen, die privat zu bezahlen sind. Die genauen Hintergründe werden in Band 3 ausführlich dargelegt. Neue Strukturen im Gesundheitswesen führen dazu, Patienten in Vorsorgeuntersuchungen reihenweise in Massenabfertigungssituationen in Medizinische Versorgungszentren (MVZ) zu beordern. Offiziell heißt es, Prävention dämpfe Behandlungs- und Folgekosten für (zu) spät entdeckte Krankheiten – dagegen wären fehlerhafte Befunde und Diagnosestellungen zu setzen.

      Was bei Untersuchungen und Diagnosestellungen mittels ärztlicher Kunst an Verschlimmbesserungen passieren kann, erfahre ich aus Berichten von Patienten und Bekannten, und diese machen mich sprachlos. Da wären zum Beispiel Knochen- und Rückmarkspunktionen, Biopsien oder auch Operationen bei Krebserkrankungen, welche die Gefahr der Streuung der Krebsherde ignorieren. Wissen denn nur Nicht-Mediziner oder Nicht-Ärzte von diesen Zusammenhängen? Nach der Punktion für die Biopsie wird dann gesagt, die Streuung sei vorher schon da gewesen. Das konnte man also vor dem Eingriff trotz bildgebender Verfahren nicht wissen? Dafür musste man erst operieren oder Gewebe entnehmen? Der Gesundheitszustand der betreffenden Patienten verschlechterte sich rapide.

      Ärzte und Patienten haben in den letzten Jahren unterschiedliche Interessen entwickelt: Die Patienten wollen geheilt werden. Sie wollen sprechen und gehört werden – aber sie finden im medizinischen Bereich nur sehr selten jemanden, der wirklich im Sinne des Patienten zuhört. Der Arzt hingegen will „seine“ Patienten behalten, denn sie sind seine existentielle Lebensgrundlage und Objekt seiner medizinischen Kunst. Fürs Reden werden sie nicht bezahlt – zumindest im Rahmen des Kassenarztwesens, und falls doch, dann sehr gering. Und bei alledem wollen die Krankenkassen die Kosten herunterschrauben, denn die Kosten im Gesundheitswesen sprengen alle Grenzen, und die Menschen bleiben krank. Die Gründe für Kostenexplosionen im Gesundheitswesen sind generell in Konkurrenzhaltungen der Ärzte untereinander und gegenüber anderen Berufsgruppen innerhalb und außerhalb des KVen-System, in der gesellschaftlichen Alleinstellung der Medizin und zusätzlich im Abrechnungssystem zu suchen (Vgl. Blüchel, 2003): Es ging ihnen nicht in erster Linie um Heilung der Patienten, sondern um finanzielle Einnahmen. Nun gibt es im gegenwärtigen Gesundheitssystem die paradoxe Situation, dass Ärzte lernen sollen, mit ihren Patienten zu sprechen. Gleichzeitig sind Ärzte jedoch aufgrund der ökonomisierten Leitlinien und dem vorgegebenen „Patientensoll“ mit der Tatsache konfrontiert, ständig unter Zeitdruck zu stehen und wenig Honorar für ihre Arbeit zu erhalten...

      Die „Seele“ des Patienten wurde in einem anderen Fachbereich, der sich ebenfalls naturwissenschaftlich orientierte, untergebracht: in der Psychiatrie und Neurologie. Diese Fachrichtungen stellten jahrelang die „unterste Schublade“ der wissenschaftlichen Medizin dar und wurden von anderen medizinischen Fachbereichen belächelt. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Diese Fachbereiche widmeten sich den psychischen und geistigen Phänomenen im menschlichen Körper auf der Grundlage materieller Nachweise und auffindbarer funktioneller Abläufe. Vor allen Dingen bestand Interesse an den Funktionen der Nerven, des Gehirns und der unterschiedlichen Wahrnehmungsorgane. Die Ansicht über Psychiater, welche sich der allgemeinen Meinung zufolge mit „Verrückten und Gestörten“ beschäftigten, wurde populistisch auf die Diplom-Psychologen übertragen.

      Die wissenschaftliche Psychologie bemühte sich daher stets um „naturwissenschaftliche Anerkennung“ und entwickelte eine Grundlagenforschung, die sich erfolgreich der Erklärung des Verhaltens von Menschen und Tieren annahm. Experimentelle Untersuchungen spielten somit eine wichtige Rolle. Daneben entwickelte die Psychologie im praktischen Bereich neue Konzepte hinsichtlich der „Psyche“ und Methoden, um diese zu beeinflussen und zu therapieren, die Aufnahme in den Fachbereich „Klinische Psychologie“ fanden. In diesem Bereich wurden unter anderem Kenntnisse zu Lerntheorien vermittelt und experimentell weiter erforscht. Die wissenschaftliche Psychologie stellte die methodische Basis der Verhaltenstherapie dar: Stichworte hierzu sind Pawlow und Skinner, die ich im ersten Band erwähnte. Daraus wurden Schlüsse gezogen, wie man Tiere und Menschen zu bestimmten Verhaltensäußerungen erziehen, sprich konditionieren kann. In den USA fand nach dem zweiten Weltkrieg vor dem Hintergrund des Holocaust ein Experiment statt, in dem Versuchspersonen Stromschläge an andere Menschen austeilen sollten, falls diese nicht das gewünschte Verhalten zeigten. Die Ergebnisse waren erschütternd, da sie bewiesen, dass die Versuchspersonen selbst dann ihrer Pflicht nachkamen, wenn Schmerzensschreie zu hören waren.

      Parallel zur wissenschaftlichen Psychologie und naturwissenschaftlichen Medizin entwickelten sich psychotherapeutische Methoden aus dem neurologischen und psychiatrischen Fachbereich heraus. Sigmund Freud entwickelte die Psychoanalyse. Denn über die Organe und ihre Funktionen hinaus gab es noch etwas anderes zu erforschen: Die Psyche. Nun wurde also der Einfluss der Psyche auf den menschlichen Körper untersucht. 1895 erschienen Freuds Studien über die Hysterie, und nach dem Tod des Vaters begann Freud eine Selbstanalyse, an deren Ende die Traumdeutung veröffentlicht wurde (1899). Maßgebliche Leistungen vollbrachten auch Freuds berühmte Schüler Carl Gustav Jung und Alfred Adler. Sie interessierten sich dafür, wie Menschen sich steuern, kontrollieren und welche Bedeutung das „Ich“, also der bewusste Teil der Psyche des Menschen, spielte. Dabei stellte sich heraus, dass das „Ich“ über verschiedene Mechanismen verfügt, um sich Unbequemes vom Hals zu schaffen (Verdrängung), anderes erst gar nicht wahrzunehmen (Abspaltung), Sachverhalte gegenteilig zu deuten (Verkehrung) und sich mit Vorbildern bewusst oder unbewusst zu identifizieren (zum Beispiel Eltern oder Elternanteile), um nur ein paar gängige Abwehrstrukturen zu nennen. Daran schloss sich die Frage an, warum das „Ich“ so etwas tut. Freud fand heraus, dass den verschiedenen Abwehrstrukturen Konflikte in unterschiedlichen kindlichen Entwicklungsphasen zugrunde liegen, und stellte die Sexualität als Urheber neurotischer Entwicklungen in den Mittelpunkt seines theoretischen Erklärungsmodells –bis heute wird noch diskutiert, ob es so ist. Inzwischen gibt es diesbezüglich einen breiten psychoanalytischen Forschungsstand, der andere Erklärungsmodelle plausibel darlegt und bevorzugt. Diese Theorie suchte er mit Fallstudien zu belegen. Abhängig davon, wie Menschen sich im Leben weiterentwickeln, gestalten sich im Lebensvollzug Situationen, durch die der ursprüngliche Konflikt berührt und wieder aktiviert wird. Freuds These lautete, die „Kultur“ unterdrücke die Sexualität und bringe damit psychische Probleme, die sich auch körperlich äußern können, hervor. Er empfahl die Sublimierung sexueller Energie durch kulturell notwendige und sinnvolle Arbeit. Werden ursprüngliche Konflikte durch bestimmte Auslöser im späteren Leben wieder berührt ohne dass sie diese direkt mit der gegenwärtigen Lebenssituation verbinden können, steckt der Betroffene in einem bedrängenden, aber eben namenlosen Gefühl fest. Freud sprach vom „Unbehagen in der Kultur“, das es für die Menschen notwendig mache, Gefühle nicht einfach ausleben zu können, sondern den Erfordernissen in der Kultur anzupassen – das „Ich“ habe ordnende Funktion hinsichtlich der individuellen Interessen und Triebe und gegenüber der Gemeinschaft, der Kultur, in der sie leben. Das „Ich“, so Freud, müsse somit den Ansprüchen des Triebes („Es“) und der Kultur („Über-Ich“) gerecht werden und die unterschiedlichen Interessen ausgleichen. 1902 gründete Sigmund Freud die Mittwochsversammlungen, in denen heftig diskutiert wurde. Zu diesem Kreis zog es immer mehr interessierte Kollegen. C. G. Jung integrierte die Entwicklung der psychischen Menschheitsgeschichte und sprach vom transkulturellen Wirken des Psychischen und zwar über das individuelle und bewusste „Ich“ und dessen unbewusste Anteile hinaus. Er schuf Konzepte wie Anima und Animus als dem jeweiligen Geschlecht entgegengesetzte psychische Repräsentanzen in Männern (Anima) und Frauen (Animus) und eröffnete den Weg für die Einbeziehung der Mythologie: Jung schuf die Archetypen als Erklärungsgrundlage für das je individuell


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