Zulassung zur Abschaffung - Die heillose Kultur - Band 2. Dr. Phil. Monika Eichenauer

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Zulassung zur Abschaffung - Die heillose Kultur - Band 2 - Dr. Phil. Monika Eichenauer


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      In Deutschland scheinen kaum noch tragfähige Regeln und Ordnungsprinzipien das Leben zu steuern. Menschen glauben, ein besonderes Maß an Intelligenz und Oberschlauheit an den Tag legen zu müssen, weil sie alle gemeinsam eines erlebt haben: Dass ihr Vertrauen missbraucht worden ist – und dies gilt sowohl für Beamte, für Staatsdiener wie Richter und Polizisten, für Ärzte und Psychotherapeuten, Politiker, Manager und eben auch für Bürger und kleine Bürger wie Jugendliche und Kinder. Die Welt steht Kopf: Nichts ist mehr so, wie es einmal war oder wie man annahm, dass es sei. Die Politik geht mit jeder ersonnenen Gesundheitsreform baden und die Krankenkassen befürchten wieder, wie immer (!), Milliarden Defizite: wobei nicht offen gelegt wird, wer denn daran verdient. Lapidar wird gesagt: „Angesichts wachsender Kosten für Ärzte, Medikamente und Kliniken klettern die Ausgaben wohl noch stärker als geplant. ‚Sie dürften gegenüber 2008 um sieben Prozent wachsen’, so Jacobs.“ (Ruhr Nachrichten, Titelseite, 14.4.2009). Die Ärzte streiken, weil die Einkünfte statt höher wieder niedriger werden, die Psychologischen Psychotherapeuten bescheiden sich mit dem, was sie bekommen und die Pharmazie freut sich ob ihrer Gewinne?

      Die Welt ist durch das wirtschaftliche Ansinnen der Ökonomie zerrissen und schafft zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein können: Sehr arme und sehr reiche Menschen kämpfen um Wahrung ihres Lebensstandards und ihrer Existenz – nur unter völlig ungleichen Ausgangsbedingungen. Der eine arm und oft in Folge krank, der andere reich, mit vielleicht etwas weniger an Reichtum und kerngesund. Jeder denkt an sich und kämpft um sich: Der Kuchen ist das Geld. Die Armen ziehen bei diesem Kampf den Kürzeren.

      Die Konsequenzen zeichnen sich in Rechts- und Ordnungsgefügen ab, die wie Sand durch die Finger der Armen rieseln. Was wichtig für den Bestand des menschlichen Wesens und dessen weiterer Entwicklung ist, schlägt gegen die morschen Wertemauern einer durch Kapitalvermehrung geprägten und gespaltenen Kultur, die durch eine politische Gesellschaftsordnung gestützt wird.

      „Realitäten“, wie sie in den Medien abgebildet und in Filmen vorgespielt werden, mit Menschen, die in unseren Städten nicht wohnen und als Ideal hochstilisiert werden, und unvorstellbar viel Geld im Vergleich zu normalen Bürgern verdienen, weil sie „dicke Muskeln“ haben und „schnell laufen können“ oder einen anderen Gleichgesinnten in Filmen K.O. schlagen. Der Starke siegt über den Schwächeren und wird Ideal in einem Existenzkampf, der irreführender Weise als Wettbewerb deklariert wird. Er, der Starke an Geld und der heilige Wettbewerb, der moderne Werbeslogan kapitalistischer Wirtschaft, rechtfertigen alles: ob Kriege, Entlassungen, Verelendungen. Gerade Krankheiten, gerade Verzicht und Elend, dienen als Ausweis, sich als Eins mit ihm einverstanden erklärt zu haben. Sie sind Symptom eines Lebens in technisierten und diffizil ökonomisierten Welten, wie sie sich in Leibern von Menschen (und auch Tieren und hier insbesondere denjenigen, die aussterben) abbilden.

      Sie fordern ihren Preis. Frauen, die schlank wie Tannen über den Laufsteg stelzen, grundsätzlich immer am Rande von Krankheit oder schon mit einer Anorexie lebend, zählen ebenso zu diesem/diesen „Welten“ (Heideggers erste Wortneuschöpfung anlässlich der Katheder Vorlesung){1}, wie Mord, Totschlag, psychischer und sexueller Missbrauch von Kindern und Frauen oder dem seelischen Erleben, das Kriege und Krisen in Menschen an Spuren und Einschlägen hinterlassen. Jeder weiß, was gefühlt, gemeint und statistisch erfasst ist. Soweit Heidegger die Wahrnehmung des Menschen auf Augenblicke und Situationen lenkte und mikroskopisch genau bestrebt war, überhaupt erst einmal die im Augenblick zu lebenden Elemente und Einflüsse des Menschen mittels Vergrößerung und Ausdehnung des Raumes und damit auch der Gefühle in ihm, gewahr zu werden und als leitend für ein „Wohnen“ aufzuzeigen, so darf nicht vergessen werden, zu welchem Zweck er sich den Fragen der Ontologie akribisch phänomenologisch zuwandte und den Weg auf sich nahm, Philosophiegeschichte im Sinne einer Warnung gegen die Überhöhung der Metaphysik aufzuarbeiten. Er wies auf den Einfluss der Technik hin, der Menschen nicht mehr zentral den Platz als Mittelpunkt des Seins, sondern der Welt offeriere und sich damit die Erde Untertan mache: „Heidegger verwarf die gängige Auffassung, Technik sei ein Mittel zum Erreichen von Zwecken. Stattdessen betonte er, daß mit der Technik eine neue Auffassung der Welt einhergehe. Dies zeigte sich für Heidegger darin, daß durch Technik die Erde vornehmlich unter dem Gesichtspunkt der Nutzbarmachung in den Blick gebracht wird. Der Mensch steht dadurch im Zentrum einer Welt, die ihm zu dienen hat. Wegen der globalen Verbreitung der Technik und der damit verbundenen schonungslosen Vernutzung natürlicher Ressourcen sah Heidegger in ihr eine große Gefahr.“ (wikipedia, 4.3.2009. Stichwort: Martin Heidegger).

      Nimmt man diesen Gedanken Heideggers auf, so muss heute festgestellt werden, dass einige wenige Menschen alles, Erde und Mensch mittels Technik und kapitalistischer Ökonomie und damit dem Streben nach Kapital und Kapitalvermehrung beherrschen und den übrigen Menschen kaum noch existenziell Luft zum Atmen lassen. Ihnen gehört nichts auf dieser Welt. Ihnen erscheint ihr eigenes Leben weder kontrollierbar noch emotional zugehörig, weil selbst Seele und Leib in diesem Prozess ebenso zerstückelt und in abgespaltenen Teilen verhökert werden wie die Erde in Grundbesitz aufgeteilt ist und verkauft wurde und wird. Das dem menschlichen Leben zugehörige Gefühl von Identität, das aus Klarheit darüber entsteht, dass man weiß, wer und was der Mensch ist, und unabdingbar mit Begriffen wie Kontrollfunktion und Grenzziehung verwoben ist, liegt nicht mehr eindeutig in Händen der einzelnen Individuen, sondern in der Hand von ausgeklügelten Systemen, wie, was bezüglich Geld und Kapital ausbeutbar ist und wer dafür in erster Linie in Frage kommt: Das waren immer Menschen, die keinen Besitz und kein Kapital hatten oder aber zu wenig, als dass sie es für andere Interessen hätten einsetzen können. Heute können Menschen froh sein, wenn sie in sich selbst noch ein Stück Heimat emotional erleben, indem sie entdecken, dass sie sich selbst treu geblieben sind, sich also ihre Seele bewahrt haben. Denn die Kontinuität des Lebens wird mit zahllosen Mitteln zerstört. Dafür wird zusätzlich mittels zig technischer und systemischer Möglichkeiten die Kontinuität der Wahrnehmung in jedem einzelnen Menschen unterbrochen.

      Kinder, Jugendliche und Erwachsene die an Aufmerksamkeitsdefiziterkrankungen leiden und ihr Leben nur unter schwierigen Bedingungen geordnet bekommen, sprechen nicht für sich, sondern besser und genauer formuliert, für eine Kultur, der es nur und ausschließlich um eines geht, und Menschen dies an ihrem Leib zwangsläufig ausbaden müssen: Es geht um Geld und ihm muss alles geopfert werden.

      Damit ist der Erhalt des menschlichen Wesens philosophisch hinsichtlich des Seins in seiner ontologischen Dimension abgesetzt und abgewertet und fällt in millionenfacher Form Verwertungsbestrebungen und, folgt man Kapitalisierungsprozessen, der Vernichtung anheim. Kombinationen von Technik und Kapital in ihren millionenfachen Möglichkeiten, wie sie heutzutage von Menschen erlebt werden können und als Symptome und/oder Krankheiten oder existenziell bedrohlicher Lebensbasis in Gefolgschaft mit Not, Angst, Elend, Schmerz und Verzweiflung in Seele und Leib Einfügen: in Erscheinung treten, lösten die Verwirklichung des menschlichen Wesens ab. Der Mensch ist des Platzes verwiesen: er hat nur noch zu überleben. Aber vorher hat er Pfründe zu zahlen, damit es wenigen Menschen unvorstellbar „gut“ geht. Das Maß in diesem System ist Besitz und Kontostand. Es zeigt sich, dass es für Glück und Wohlergehen nicht ausreicht. Da es der einzelne Mensche ist, der Not, Elend, Krankheiten, Angst und Verzweiflung erlebt, glaubt er, er hätte versagt. Dabei wird die Rolle des Kultureinflusses und Einfügen: das, was als normal gilt, plötzlich ungebührlich verkleinert. Diese Haltung schützt davor, gründlich zu reflektieren, was ein menschliches Wesen ist und was es braucht. Genau dies passiert seit Jahren im Gesundheitswesen: Es ist nicht wichtig, ob der Patient gesund wird, sondern ob man an ihm verdienen kann. Krankheit wie Patient sind zur Ware in einem Wirtschaftsbetrieb geworden oder besser gesagt, verkommen. Ärzte und Psychotherapeutenschaft innerhalb des Kassenärztlichen Systems sind nun gleichfalls zur Ware gekürt, die hin und her geschmissen und durch zig Anforderungen und Niederfinanzierungen dazu gezwungen werden sollen, sich in die Pläne kapitalistischer Wirtschaftsplaner einzufügen.

      Psychotherapeuten wissen ganz genau, sozusagen haarfein, wie die Verbindungen zwischen Anforderungen, Leistungserfüllung, Arbeitsplatzverlust, Mobbing, soziale Benachteiligung und deren Folgen im Leben


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