Der Mann, der seinen Namen änderte. Edgar Wallace

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Der Mann, der seinen Namen änderte - Edgar Wallace


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bitte bleiben Sie«, entgegnete Doktor Fordham und verschwand durch die Tür.

      Aber in der Eile machte er sie nicht ordentlich zu, so daß das Schloß nicht faßte. Sie öffnete sich von selbst langsam immer weiter, und Marjorie konnte deutlich hören, was im Nebenzimmer gesprochen wurde.

      »Ich bin auf jeden Fall ruiniert«, sagte Sir James Tynewood. »Wie furchtbar töricht bin ich doch gewesen!«

      »Du hast nun aber eine Gelegenheit, ein neues Leben zu beginnen«, antwortete eine Stimme, die Marjorie bekannt vorkam. »Ich gebe dir die Möglichkeit dazu, und es wäre wirklich sehr unklug von dir, mein Anerbieten abzulehnen.«

      »Aber wie soll ich denn das machen?« rief Sir James erregt. »Das ist doch ganz ausgeschlossen! Glaubst du denn, ich könnte nach London zurückgehen, wo all die anderen sind? Meinst du, ich könnte ihnen ruhig entgegentreten und ihnen sagen –«

      Ein anderer mischte sich ein, offenbar Doktor Fordham. Ein Briefumschlag wurde aufgerissen – wahrscheinlich war es das Kuvert, das sie selbst gebracht hatte. Papier raschelte, dann folgte tiefes Schweigen, das nur ab und zu durch das Umblättern der Bogen unterbrochen wurde.

      »Du bist ja wahnsinnig gewesen!« sagte dann jemand.

      »Was meinst du denn?« fragte Sir James nach einer kurzen Pause leise.

      Wieder Schweigen. Der Brief war inzwischen wohl weitergegeben worden. Mehrere Minuten lang wurde kein Wort gesprochen.

      »Gut, ich will meine Rechnung mit dir begleichen«, sagte Sir James dann plötzlich.

      Ein Schuss krachte.

      Marjorie sprang totenbleich auf. Wieder folgte eine tödliche Stille, dann hörte das junge Mädchen die verzweifelten Worte: »Mein Gott, ich habe ihn getötet!«

      Sie eilte zur Tür und stieß sie ganz auf. Sir James Tynewood lag auf dem Boden, und aus einer häßlichen Wunde in seiner linken Schläfe sickerte das Blut. Ein Mann beugte sich über ihn, und ein Revolver blitzte in seiner Hand. Als sich die Tür öffnete, erhob er sich langsam.

      Es war Pretoria-Smith!

      5

      Im nächsten Augenblick hatte Doktor Fordham Marjorie aus dem Zimmer gedrängt. Er faßte sie am Arm und zog sie zur Tür.

      »Sie haben doch einen Wagen hier?«

      »Was – was ist – denn geschehen?« fragte sie fassungslos.

      Er antwortete nicht, sondern schob sie in die stürmische Nacht hinaus. Nachdem die große, schwere Eichentür hinter ihm zugefallen war, gab er dem Chauffeur eine Weisung, die sie nicht verstehen konnte.

      »Steigen Sie doch ein«, sagte er dann ungeduldig zu ihr.

      »Was ist passiert?« fragte sie wieder. »Gehen Sie zur Polizei?«

      Er gab ihr auch diesmal keine Auskunft und stieg hinter ihr in den Wagen.

      Schweigend fuhren sie durch das Dorf, und erst als sie am äußersten Ende hielten, begann er zu sprechen.

      »Sie müssen jetzt zu Mr. Vance zurückkehren. Bis dahin dürfen Sie keinem Menschen erzählen, was Sie hier erlebt haben. Verstehen Sie mich?«

      Sie sah ihn entsetzt an. Ihre Lippen zitterten, und sie war den Tränen nahe.

      »Nein, ich werde niemandem etwas sagen«, erwiderte sie leise.

      »Ich rufe Mr. Vance an. Er wartet in seinem Büro auf Sie, das hat er auch schon in seinem Brief erwähnt.«

      »Ist Sir James tot?«

      »Hoffentlich nicht«, entgegnete Doktor Fordham kurz.

      Nach diesen Worten stieg er aus, schlug die Tür zu, und der Chauffeur fuhr weiter.

      Als Marjorie in Paddington ankam, war sie erstaunt, Mr. Vance auf dem Bahnsteig zu finden. Die Rückreise war ihr schneller vergangen als die Hinfahrt. Ihre Gedanken hatten sich unausgesetzt mit den schrecklichen Ereignissen in Schloß Tynewood beschäftigt, und erst bei ihrer Ankunft in London kam ihr wieder zum Bewusstsein, wie hungrig sie war.

      »Doktor Fordham hat mir am Telefon gesagt, daß er Ihnen leider nichts anbieten konnte. Sie müssen jetzt sofort etwas essen, und dann habe ich noch mit Ihnen zu sprechen.«

      »Haben Sie schon alles erfahren?«

      Er nickte.

      »Ist – ist – Sir James –«

      »Wir wollen nicht über die Sache sprechen, bis Sie gegessen haben«, sagte Mr. Vance liebenswürdig und anscheinend gut gelaunt, obwohl er in Wirklichkeit sehr verstört war. »Sie kommen jetzt mit mir in meine Wohnung.«

      Erst als sie sich gestärkt und ein Glas Portwein getrunken hatte, erwähnte er Sir James Tynewood und die Tragödie wieder, die sich auf dem Schloß abgespielt hatte.

      »Zunächst muß ich Ihnen eines ausdrücklich sagen«, begann er. »Sir James Tynewood ist nicht tot.«

      »Gott sei Dank!« Sie atmete erleichtert auf. »Ich bin so entsetzlich erschrocken, als ich das Blut sah ...«

      »Es war nur eine Fleischwunde, und er hat sich wieder erholt. Sein Zustand hat sich sogar so weit gebessert«, sagte er mit großem Nachdruck, »daß er morgen England mit einem Schiff verlassen wird.«

      Sie starrte ihn verständnislos an.

      »Will Sir James ins Ausland gehen?«

      Er nickte.

      »Begleitet ihn Lady Tynewood?«

      »Nein, sie bleibt hier.«

      »Aber – ich verstehe das alles nicht.«

      »Sie werden die Sache auch niemals ganz verstehen können. Aber glauben Sie mir nur. Der Baron fährt morgen nachmittag mit dem Schiff ›Carisbrooke Castle‹ nach Kapstadt.«

      Sie schüttelte ratlos den Kopf.

      »Ich kann diese Rätsel nicht lösen. Was macht denn Mr. Smith von Pretoria? Fährt er auch nach Afrika?«

      Er nahm die Zigarre aus dem Mund und betrachtete sie kritisch.

      »Er begleitet Sir James«, erklärte er dann langsam. »Aber jetzt werde ich Sie in meinem Auto nach Hause schicken.«

      Wenn Marjorie schon am Morgen nicht sehr mitteilsam gewesen war, so glich sie einer Sphinx, als sie spät abends nach Hause kam. Mrs. Stedman wollte natürlich zu gerne wissen, warum ihre Tochter so lange ausgeblieben war und was sie so ungewöhnlich erregt hatte. Aber nach einiger Zeit gab sie ihr Fragen verzweifelt auf.

      Die geheimnisvollen Vorgänge auf Schloß Tynewood wurden noch rätselhafter für Marjorie, als sie am Montagmorgen wie gewöhnlich im Büro erschien und Mr. Vance traf. Er sah so aus, als ob er von all den Dingen, die am Sonnabend passiert waren, nichts wüßte. Nach ihren Erlebnissen in Tynewood erschien ihr die alltägliche Arbeit langweilig und uninteressant. Von ihrem Chef sah sie an diesem Tag wenig. Im allgemeinen klingelte er ihr, wenn er sie brauchte, da er nicht gern gestört wurde. Hatte sie eine Frage oder brauchte sie eine Auskunft von ihm, so mußte sie sich von ihrem Zimmer aus telefonisch mit ihm in Verbindung setzen.

      Aber der Rechtsanwalt hatte die Angewohnheit, ab und zu mit der elektrischen Klingel zu spielen, wenn er in Gedanken war, und es kam fast jeden Tag vor, daß sie auf sein Zeichen hin in seinem Büro erschien, ohne daß er die Absicht gehabt hatte, sie zu rufen.

      Spät am Montagnachmittag, als sie sich gerade zum Fortgehen fertigmachte, klingelte es in ihrem Zimmer. Sie legte den Mantel wieder ab, nahm Stenoblock und Bleistift und öffnete die Tür zu dem Arbeitszimmer ihres Chefs.

      Dr. Fordham saß Mr. Vance am Schreibtisch gegenüber. Erschrocken blieb Marjorie stehen, denn sie erkannte sofort, daß der Rechtsanwalt sie nicht brauchte und wieder in einem Augenblick der Zerstreutheit auf den Knopf gedrückt hatte.

      Die


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