Die Flüchtlinge und wir. Neue Osnabrücker Zeitung

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Die Flüchtlinge und wir - Neue Osnabrücker Zeitung


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Als er nach einigen Jahren zurückkam, „da waren mir Walchum und das Emsland einfach zu klein“.

      1972 führte ihn eine Dienstreise nach Skælskør, einer Kleinstadt auf der dänischen Ostseeinsel Seeland. Er genoss „das freie Leben“, das damals so ganz anders war als in seiner Heimat. Bei einer Strandparty lernte er nicht nur das „besonders leckere Bier“ der örtlichen Brauerei Harboe kennen, sondern auch Anne, die Tochter des Brauereibesitzers.

      Aus der deutsch-dänischen Party-Bekanntschaft entwickelte sich eine Liebe fürs Leben. Die beiden heirateten und bekamen drei Töchter. Bernd Griese stieg in die kleine Dorfbrauerei seines Schwiegervaters ein. „Damals hatte der Betrieb 30 Mitarbeiter und belieferte die Häuser um den Kirchturm von Skælskør“, schmunzelt Griese heute. Das Bier wurde damals noch von Hand in die Flaschen gefüllt. Das sollte sich mit dem Emsländer ändern: Er investierte seine Ersparnisse in die Modernisierung des Unternehmens und packte an: „Wir haben jeden Tag 16 Stunden malocht.“ Der Erfolg ließ nicht auf sich warten: Die Brauerei wuchs von Jahr zu Jahr.

      Harboe konnte es nun sogar mit dem dänischen Giganten Carlsberg aufnehmen, der damals den nationalen Biermarkt unangefochten dominierte. Grieses Leidenschaft für die Jagd und für das Segeln führte zur Begegnung mit dem dänischen Prinzgemahl Henri. Aus dieser Begegnung wurde eine bis heute andauernde Freundschaft zur Königsfamilie. Bernhard Griese sponserte auch den Segelsport Kronprinz Frederiks und belieferte mit seinem Bier den Königshof.

      Nach mehr als 20 Jahren bekam Harboe den offiziellen Titel „königlicher Hoflieferant“. „Das hilft uns besonders im Ausland sehr“, sagt Bernd Griese. Das Ausland ist ein wichtiger Absatzmarkt für Harboe – heute eine der größten Brauereien des Landes. Harboe verkauft unter verschiedenen Bezeichnungen Bier, Limonade, Energydrinks und Mineralwasser in mehr als 90 Länder der Erde. Ganz egal, ob zweiprozentiges Schwachbier für Norwegen oder 16-prozentiges Starkbier für den afrikanischen Kontinent. Mit seinem größten Konkurrenten Carlsberg lieferte sich Griese jahrelang einen harten Wettbewerb. „Immer dann, wenn Carlsberg die Preise anhob, haben wir unsere Preise gesenkt“, lacht der Wahl-Däne. „Das hat uns in Dänemark viel Sympathie eingebracht.“

      Ein wichtiger Baustein seines Erfolgs war Grieses Engagement in Deutschland: Unmittelbar nach dem Mauerfall baute der Unternehmer eine Brauerei in Dargun in Mecklenburg-Vorpommern. Drei Jahre lang musste das Bier mit Tanklastzügen nach Deutschland gefahren werden. Danach war das Brauen auch am neuen ostdeutschen Standort möglich. Der Gerstensaft fand reißenden Absatz, sagt Griese: „Wir haben gutes Bier zu günstigen Preisen angeboten.“

      Sein Bier verkauft er in Deutschland unter anderem in den Netto-Märkten. Mit den Saisonarbeitskräften arbeiten über tausend Menschen in den Firmen von Bernd Griese. Denn er ist nicht nur einer der größten Brauereibesitzer in Dänemark, sondern auch ein großer Landwirt. Auf Hunderten Hektar bauen seine Mitarbeiter Kirschen an.

      Bernhard Griese hat es vom Arbeiterkind zum ausgezeichneten Unternehmer gebracht: Er ist Vorsitzender der deutsch-dänischen Handelskammer und hat den deutschen Bundesverdienstorden Erster Klasse verliehen bekommen. Den Kontakt zu seiner emsländischen Heimat hat er dabei in all den Jahren nie verloren: „Meine Schwester wohnt in Oberlangen.“ Erst vor ein paar Jahren hatte er Verwandtschaft mit dem Bus nach Dänemark geholt und seinen 70. Geburtstag gefeiert: „Die Heimat vergisst man doch nie.“

      Bernd, der Unternehmer: Die ehemals kleine Familienbrauerei „Harboe“ seines Schwiegervaters hat Bernhard Griese zu einer der größten Brauereien Dänemarks gemacht. (Stefan Prinz)

      Bei ihnen steht die Bibel neben dem Koran

      Von Rainer Lahmann-Lammert

      Im Bücherregal steht die Bibel neben dem Koran. Margret Flohr-Bilalic ist Katholikin, ihr Mann Elvir Bilalic Muslim. Beiden ist der Glaube wichtig, aber keiner will den anderen bekehren. Auch nicht die beiden Kinder Malaika und Malik. Sie alle finden, dass Christentum und Islam ganz gut zusammenpassen.

      Als in Osnabrück 4500 Menschen im Januar 2015 gegen Rassismus und Ausgrenzung demonstrierten, wagte sich die 15-jährige Malaika aus der Gesamtschule Schinkel ans Mikrofon und sprach einen Satz, der viele beeindruckte: „Meine Mutter ist Christin, mein Vater Muslim, und wenn sich Pegida in diesem Land durchsetzt, könnte ich nicht in Frieden in diesem Land leben!“

      Elvir Bilalic ist stolz auf seine Tochter. Sie hat auf den Punkt gebracht, was auch ihm wichtig ist. In der Sutthauser Familie wird viel über Glaubensdinge gesprochen, über das Zusammenleben verschiedener Kulturen und über das, was Menschen jenseits aller Unterschiede ausmacht. Wenn Malaika erzählt, dass es für sie ein großes Glück sei, in ihrer Schulklasse auf so viel Wohlwollen und Sympathie zu stoßen, dann antwortet ihr Vater: „Deine Klasse kann sich freuen, dass sie dich hat!“

      Malaika und ihr Bruder Malik (11) haben ihren Vater schon oft in die Moschee an der Wasastraße begleitet und ihre Mutter in die katholische Kirche Maria Königin des Friedens. Beiden Eltern ist die Religion wichtig. „Ich bin mit dem Glauben aufgewachsen“, sagt Margret Bilalic-Flohr, die 1988 aus Kenia nach Deutschland gekommen ist. In der Not habe sie immer im Gebet Trost gefunden. Ihr Mann Elvir Bilalic kam 1992 als Kriegsflüchtling aus Bosnien nach Deutschland. Für ihn sei es ein langer, schwieriger Weg gewesen, berichtet er. Der Glaube habe ihm geholfen, die schlimmen Erfahrungen seiner Flucht zu verarbeiten.

      Kennengelernt haben sich die beiden 1993 in einer Diskothek in Herzebrock. „Es war die große Liebe“, erzählt Elvir Bilalic noch immer voller Begeisterung. Damals machte er eine Ausbildung zum Gas-und-Wasser-Installateur, Margret zur Kinderkrankenschwester. Die beiden heirateten, und das schwarz-weiße, christlich-muslimische Paar musste erst einmal die eigenen Familien von dieser Farbkombination überzeugen. „Man kannte das nicht in meiner Verwandtschaft“, sagt der 41-Jährige mit einem Augenzwinkern und erklärt, worauf es ankommt: „Wenn man jemanden liebt, darf so etwas nicht stören.“ Und dann war es für die Angehörigen in Bosnien tatsächlich kein Problem und für die in Kenia genauso wenig: „Wir wurden beide toll aufgenommen!“, erzählen Margret und Elvir freudestrahlend.

      Als sie nach der Geburt ihrer Tochter selber schon eine kleine Familie waren, zogen sie 2001 nach Osnabrück, wo die junge Mutter im Christlichen Kinderhospital eine Arbeit fand und der junge Vater in einem Installateurbetrieb. Für die Eltern und die Kinder ist die Stadt Heimat geworden, wie es die 15-jährige Malaika ausdrückt. Dass ihre Haut dunkler ist und ihre Haare anders aussehen als bei den meisten Ortsansässigen, ist ihr bewusst. Aber deshalb fühlt sie sich nicht als etwas anderes, im Gegenteil, sie ist mittendrin. Abfällige Bemerkungen, darauf legt sie Wert, seien hier immer die Ausnahme gewesen.

      So sieht das auch ihr jüngerer Bruder Malik, der wie sie zur Gesamtschule Schinkel geht. Als aktiver Fußballer und Leichtathlet ist er ebenfalls ein gefragter Teamplayer. Wird er auf seine Stadt Osnabrück angesprochen, gibt er die für einen Elfjährigen vielleicht etwas ungewöhnliche Antwort, dass er die Leute hier „höflich und hilfsbereit“ findet und dass ihm die Natur gefällt.

      Für beide Kinder gehört die Religion zum Alltag, und es scheint sie zu faszinieren, das Muslimische mit dem Christlichen zu verbinden. „Das Coole ist, man hat auch mehr Feiertage“, sagt Malik, während sich die Frage für seine Schwester Malaika ganz anders stellt. Im Glauben an Gott oder Allah fühlt sie sich gestärkt und geschützt. Sie sieht keinen Anlass, sich für eine der beiden Religionen zu entscheiden. Denn für sie ergänzt das eine das andere auf sinnvolle Weise.

      Gerade weil Malaika das Verbindende und nicht das Trennende hervorhebt, reagiert sie sensibel auf Ausgrenzung. Als in der Schule über Islamfeindlichkeit und Rassismus gesprochen wurde, fühlte sie sich besonders herausgefordert. Sie wollte unbedingt verstehen, wie sich die Pegida-Anhänger ein Deutschland ohne Islam vorstellen. Die Überlegung, was das für ihre Familie bedeuten würde, ließ sie erschauern.

      Malaika entschloss sich, das kulturelle Miteinander – und damit ihre Familie – zu verteidigen, mit einer gut vorgetragenen Argumentation im Englischunterricht. Ihre Englischlehrerin Edith Böhne ermutigte


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