Seemannserinnerungen – Seefahrt damals. Jürgen Ruszkowski

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Seemannserinnerungen – Seefahrt damals - Jürgen Ruszkowski


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Obwohl es seit 1888 international vertragliches Recht war, dass es jeder Nation freistehe, egal ob in Friedens- oder Kriegszeiten, unter welcher Flagge auch immer, den Suezkanal zur freien Durchfahrt zu nutzen, der Kanal weder bei Kriegs- noch Handelsschiffen zu einer Blockade genutzt werden darf, wurde Schiffen unter israelischer Flagge die Suez-Passage verwehrt.

      Unter Verzicht der internationalen Rechte zur Durchfahrt eigener Schiffe sollte jetzt ein Schiff unter dänischer Flagge mit nicht-israelischer Fracht durch den Suez geschickt werden. Dies geschah – nach Absprache mit der UNO – nach achtjährigem Boykott israelischer Schiffe.

      Im Mai 1959 wurde der INGE TOFT von der ägyptischen Regierung die Durchfahrt des Suez verweigert, das Schiff an die Kette gelegt und die Ladung beschlagnahmt. Ähnliches passierte auch noch anderen Schiffen.

      Am härtesten traf es aber das dänische Schiff und die Besatzung der INGE TOFT. Sie wurden für 262 Tage (!) in Port Said festgesetzt.

      Alle Proteste, des Schiffseigners, des Kapitäns, der Befrachter und anderer Betroffener bei der ägyptischen Regierung blieben wirkungslos. Auch sämtliche Gespräche seitens der Vereinten Nationen mit der Regierung Ägyptens blieben fruchtlos. Am Ende, nach 262 Tagen, gab der Kapitän die Ladung frei, und sie wurde von den ägyptischen Behörden konfisziert. Mit leeren Laderäumen kehrte die INGE TOFT nach Haifa zurück.

      1959 – INGE TOFT an der Kette

      Das war kein erfolgreicher Einstieg für das neue Schiff in diesem Fahrtgebiet.

      Auf den Zustand des Schiffes wird sich diese lange Liegezeit sicherlich nicht positiv ausgewirkt haben.

      Unbestätigten Berichten zufolge soll die INGE TOFT dann in anderen Fahrtgebieten eingesetzt worden sein. Angeblich sind sogar längere Routen von England nach Australien dabei gewesen. Hier soll es aber Probleme mit der Bevorratung von Trinkwasser auf Grund des geringen Volumens der Frischwassertanks gegeben haben.

      Bei einem erneuten Einsatz in den angedachten Fahrtgebieten, u. a. auch im Mittelmeer, gab es dann wohl Schwierigkeiten, resultierend aus den Vorkommnissen mit der Suezpassage 1959.

      Einige arabische Länder hatten das Schiff auf der „Schwarzen Liste“ (black list), die von Boykott bis zu Repressalien gegen Schiff und Besatzung zur Anwendung kam.

      Vielleicht war das mit ein Grund für die dänische Reederei, das Schiff 1964 zu verkaufen.

      Tatsache ist aber, dass Anfang der siebziger Jahre in arabischen Häfen, die Erinnerung an INGE TOFT noch lebendig war und man die ALTMARK – ohne Nachteile – damit in Verbindung brachte.

      Jedes Besatzungsmitglied der DSR, dass nicht direkt auf den Lehr- und Ausbildungsschiffen seine seemännische Praxis erlangt hatte, musste bevor es das erste Mal an Bord eingesetzt wurde, einen so genannten schiffsspezifischen Sicherheitslehrgang absolvieren. Das bedeutete, jeder Neueingestellte zur Flotte der DSR aus den Landbereichen, musste einen 14-tägigen theoretischen Lehrgang besuchen. Dieser Lehrgang vermittelte allgemeine Kenntnisse zur Betriebsstruktur und Verkehrsökonomie der DSR, im Speziellen theoretische Kenntnisse zur Bootsmannschaft, Brand- und Arbeitsschutz. Man bekam Kenntnisse über die individuellen Rettungsmittel und ihre Handhabung vermittelt. Rettungsfunkstationen, Aussetzen der Boote und Handhabung der Rettungsflöße. In Verbindung mit diesen theoretischen Kenntnissen wurden dann später in der Praxis an Bord die Prüfungen zur Erlangung des benötigten Rettungsbootsmannsscheins penibel durchgeführt.

      Bei einem kombinierten Sicherheitslehrgang, der vor der praktischen Tätigkeit an Bord der DSR-Schiffe absolviert werden musste, wurden theoretische Kenntnisse zur Erlangung der Befähigung „Feuerschutzmann“ erworben. Diese Lehrgänge fanden in den Anfangsjahren in Rostock, Krischanweg in der BBS statt. Später führte man diese Lehrgänge in Rerik durch. Man lernte Funktionsweisen von Brandbekämpfungsmitteln kennen und Verhalten bei der Brandbekämpfung. Atemschutzgeräte und CO2-Anlagen. Hier war es leicht verständliche Theorie. Als man später bei einer simulierten Übung, einem Baumwollladungsbrand in den Tropen, einen Verletzten aus der Luke mit Atemgerät bergen musste, sah die Sache anders aus. Trotzdem wusste man immer, wenn es mal zum Ernstfall kommt muss man sich selbst auf See helfen können.

      Zu diesen Grundausbildungen, Rettungsbootsmann und Feuerschutzmann, kam später noch die im zweijährigen Turnus erneuerbare Ausbildung speziell zum Arbeitsschutz in der Seeschifffahrt. Wer über diese abgeschlossenen Ausbildungen verfügte, kam dann ab und an noch mal zum Einsatz im so genannten „Chemietrupp“. Hier war bei Übungen unter tropischer Hitze dann Vollschutz angesagt...

      Alle praktischen Ausbildungen wurden regelmäßig wiederholt und geübt. Für in der Bootsrolle eingeteilte Atemschutzmaskenträger bedeutete das immer: Bart ab!

       Kurs Mittelmeer

      Nun bin ich endlich an Bord eines Schiffes, das mit blau-rot-blauer Schornsteinmarke und Heimathafen Rostock die Meere durchpflügt. Auslaufen Wismar, durch die Ostsee und Erstaunen über die andere Färbung der Nordsee. Später sollte ich feststellen, auch die Wellen der Nordsee sind anders geartet.

      Zuerst vermutete ich einen Scherz mit einem Bordneuling der Besatzung, als mich der Chiefmate Höhe Skagen auf die Brücke beorderte. Mit einem ausgesägten grünen Holzfisch, an einem Besenstiel befestigt, sollte ich aus der Nock dänischen Fischern Signale zukommen lassen. Zu meiner Freude, einem Schabernack entgangen zu sein, gelang es auf Anhieb – zwei dänische Fischlogger kamen, nachdem wir die Maschine runtergefahren hatten, längsseits. Körbe mit Butt, Heringen, Dorsch und anderem Meeresgetier wechselten mit Hilfe der Wurfleinen den Besitzer. An Bord gezogen, in bereit gestellte Behältnisse entleert und im Gegenzug glückliche Augen der winkenden Fischer, die den Körben dann Whisky und Stangen Zigaretten als gewohntes Ritual entnahmen.

      Auch den befahrenen Besatzungsmitgliedern fehlte es nicht an Organisationstalent. Erst stand ich hilflos vor den Mengen Fisch auf dem Achterdeck, dann hatte ich nur noch Messer und Schüsseln zu verteilen. Vom Chief bis zum letzten Lehrling kam jeder in seiner Freizeit vorbei und beteiligte sich unter Anleitung ehemaliger Fischer unter der Crew, beim Putzen der Fische. Rezeptvorschläge machten die Runde. Mit einem Schlag hatte sich die 36 Mann zählende Besatzung für die nächste Zeit mit Fisch aller Varianten, bis einschließlich Räuchern eingedeckt.

      Rotterdam

      Der erste Hafen ist planmäßig Rotterdam. Nicht zu glauben, von See aus kann man das Land und den Hafen riechen. Bevor die Silhouette R`dams am Horizont auftaucht, sind schon Gerüche der Zivilisation in Form von Abgasen der Ölraffinerien wahrzunehmen. Da waren die gestrigen Düfte in meiner Nase doch noch angenehmer. – Nun warteten mindestens sieben Tage (!) Hafenliegezeit, in einem schon damals modernsten Hafen der Welt, auf uns. Der erste Hafen meines beginnenden Seefahrerlebens. Der Ladebetrieb unserer Ladefirma PAKHOED mit Paletten, Netzbrooks und Gabelstapler auf der Pier, in den Luken und einem Wald von quietschenden Ladekränen. Nur die wartende Schlange wartender LKW an der Pier lässt sich mit heutigem Containerumschlag vergleichen.

      Wir nutzten die Zeit zu einer Exkursion nach Amsterdam zur Floriade, der größten Blumenausstellung der Welt im Land der Tulpen und fuhren durch die Grachten. Wir lernten an jeder Ecke Pommesbuden kennen und machten regen Gebrauch davon. Der Seemannspastor organisierte ein Fußballspiel gegen das Hamburg-Süd-Schiff „CAP SAN


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