Die Bluthunde von Paris. Christina Geiselhart
Читать онлайн книгу.Flasche gekühlten Cidre und ein kleines Fläschchen. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie den Alten, der wie betäubt im Stuhl hing. Als sie sich vergewissert hatte, dass er sie nicht beobachtete, öffnete sie die Flasche und tröpfelte etwas Flüssigkeit aus dem kleinen Behälter hinein. Oh, nein, sie wollte ihn nicht vergiften. Sie brauchte sein Geld, denn bei aller Brutalität kümmerte er sich doch um die Familie. Niemand hungerte, alle hatten Kleidung, ein Dach über dem Kopf und es gab sogar einige Hennen im Schuppen. Sie wollte ihn nur benebeln, seinen Verstand zersetzen. Es fehlte das Pferd. Ein Pferd für Philippine.Mit schwingenden Hüften und freundlichem Gesicht ging sie zum Tisch, an dem ihr Mann wie benebelt hockte und goss ihm Cidre in den Becher. Karl griff durstig danach. Er leerte einen Becher, dann einen zweiten und einen dritten. „Du bist ein Knicker und manchmal ein ekliger Kerl, aber du bist ein guter Mann, der seine Familie nicht im Stich lässt. Du hast mich geritten wie ein Teufel und kannst das jederzeit wiederholen, aber gib mir nun das Geld für ein Pferd.“
„Lass mich mit deinem Pferd in Ruhe, Alte.“ Er griff nach der nachlässig geknoteten Bluse, die ihre Brustwarzen sehen ließen. Lea streifte sie ab, goss den Rest des Cidres über ihren Busen und setzte sich rittlings auf Karls Schoß.
„Ja, ja, leck es ab, mein Alter. Leck meine Euter, erfreu dich an ihnen, so lange du noch kannst.“
Er gehorchte. Er leckte und labte sich an ihnen, während sie ihr Becken auf seinem Schoß rieb und so tat, als genieße sie seine Begierde. Karl war ganz benommen. Er verschlang ihre Brüste in einem Zustand von Ekstase und Ohnmacht. Das Betäubungsmittel tat allmählich seine Wirkung. Bevor er einschlief, erschlich sie sich von ihm die Summe fürs Pferd. Sein Kopf fiel gegen ihre Brust. Er schnarchte. Erst jetzt richtete sich Lea auf. Wie leblos sackte da sein Körper in sich zusammen und kippte vom Stuhl. Lea gab ihm einen Tritt in den Hintern und spuckte auf ihn.
„Ja, ich bin eine Hure. Du hast Recht! An dem Tag, an dem ich dich geheiratet habe, wurde ich zur Hure, denn sonst hätte ich dich nicht genommen. Wer einen Henker und Folterknecht heiratet, muss am Boden liegen. Und das tat ich. Ganz unten, von einem Trunkenbold in den Dreck getreten, von einer geschundenen Mutter verlassen. Was hätte diese auch tun sollen? Ihre Hände waren entzündet vom täglichen Waschen. Ihr Rücken gekrümmt vom Tragen der Körbe und Wassereimer. Ihr Unterleib klaffend, wund geritten von ihrem Säufer von Mann, der nichts zustande brachte, als sich an ihr zu vergehen und sich zu betrinken. Er wollte, dass ich zusah, wenn er sich über Mutter hermachte. Ich habe mir geschworen, es allen Männern heimzuzahlen, ohne auf Freuden zu verzichten. Denn auch in mir brennt das Verlangen nach einem Mann. Nach einem richtigen Mann, der mir gut tut, der meinem Körper Ehre erweist. Aber das kannst du nicht, du armseliger Wicht!“
*
Am nächsten Tag gingen sie zum Pferdemarkt am südöstlichen Stadtrand. Er hatte seinen Anfang beim Krankenhaus La Salpetrière und zog sich nach Süden an staubigen Wiesen, Feldern und einzeln stehenden Häusern in die Länge. Nahe des Krankenhauses – an dessen Stelle hatte sich einst eine Salpeterfabrik befunden, daher sein Name – warteten stolze Tiere auf reiche Käufer, auf Herzoge, Grafen und Gräfinnen. Dort standen einige Baracken, gab es einen großen Brunnen, Karren mit Hafer, und die Balken, an denen die Pferde angebunden wurden, waren aus blankem Holz. Lea hielt es für überflüssig, soweit vorzudringen, da sie für ihre Tochter keinen Glanzrappen erstehen konnte. Deshalb flanierten Mutter und Tochter im Bereich der erschwinglichen Ware. Hier sahen jedoch die meisten Tiere heruntergekommen aus. Sie waren für den täglichen Gebrauch gedacht. Zum Ziehen der Fuhrwerke, zum Tragen von Lasten und hatten einen dummen, abgestumpften Ausdruck. Enttäuscht musterte Lea die abgemagerten Rücken, die zottigen Schweife und struppigen Mähnen, das glanzlose Fell. Manche hatten verkrüppelte Ohren, verkrustete Augen, manche derbe Fesseln wie Ackergäule, andere wiederum standen auf dünnen Beinen mit kurzen Röhren, dass man fürchtete, sie knickten jeden Augenblick ein. Nein, so stellte sich Lea Philippines künftiges Pferd nicht vor.
„Ich suche ein passables Reitpferd für meine Tochter und nicht einen ausgedienten Klepper!“ Forsch blickte sie den Pferdehändler an. Das sonnenverbrannte Gesicht des Mannes zuckte. Seine lange, dünne Nase kräuselte sich, die hellen, durchscheinenden Augen blitzten und verächtlich antwortete er:
„Womit willst du ein Reitpferd bezahlen, Frau? Mit deinem Hintern, vielleicht? An Geld scheint’s dir zu mangeln, aber sonst hast du was zu bieten.“ Er schnalzte und taxierte sie vom Scheitel bis zu den Hüften, wobei er besonders gierig auf ihre eng geschnürte Bluse starrte. Geringschätzig ließ sie den Händler stehen. Sie kannte diese Blicke, ja sie forderte sie geradezu heraus, denn Lea hatte im großen Spiel des Lebens keinen anderen Einsatz als ihren Körper. Solange ihre Formen fest und lockend waren, das rotbraune Haar üppig, handelte sie damit wie eine Marktfrau mit Gemüse. Spürte sie auf ihrem Hintern die Hand eines Kerls, der ihr nützlich sein konnte, war sie bereit, ihm ihre Schenkel zu öffnen. Lea liebte ihr Hurendasein, besonders wenn sie an aufregende Männer geriet. Da sie aber in ihrem Umkreis sehr selten einen aufregenden Mann traf, der sich für sie interessierte und ihr gleichzeitig nützlich sein konnte, begnügte sie sich hin und wieder mit der Jugend allein. In Anbetracht des derben und ungeschlachten Kerls, der ihr Ehebett entweihte, lief ihr beim Anblick blutjunger Männer das Wasser im Munde zusammen.
So erging es ihr mit dem Pferdeknecht, der gerade ein Tier bürstete, das in Leas Augen recht jämmerlich aussah. Aus seiner Kruppe ragten rechts und links die Knochen, sein weißes Fell war von hellbraunen Flecken übersät, die lange Mähne zerzaust und schmutzig. Der junge Mann hingegen hatte kräftige Arme, einen muskulösen Oberkörper, der durch die Öffnung des Hemdes zu sehen war, einen schönen Hals und ein freundliches Gesicht, in dem braune, lustige Augen leuchteten. Lea spürte ein Ziehen im Bauch.
„Ja, treten Sie nur näher! Sehen Sie sich Vraem genauer an. Sie ist eine gute Stute und ihren Preis wert!“, rief er kühn, als sich Lea näherte. Doch kaum hatte er den Preis genannt, brach ein höhnisches Lachen aus Leas Kehle. Dabei streckte sie ihre Brüste vor und stemmte die Hände in die Hüften.
„Wer sollte das bezahlen? Ein Blinder?“
„Mama! Du tust dem Tier unrecht! Schau seine großen schwarzen Augen. Wie schön und freundlich sie glänzen. Mir gefällt auch sein schmaler, liebenswürdiger Kopf.“
„Ach, Philippine! Man kauft doch ein Pferd nicht seiner schönen Augen und seines lieben Kopfes wegen. Liebes Kind, da sieht man, wie wenig du von Pferden verstehst.“
„Verzeihen Sie meinen Einwand, Madame! Sie täuschen sich. Ihre Tochter hat Recht. In den Augen des Pferdes sehen Sie seinen Charakter. Vraem ist ein liebes und treues Pferd. Es wird Ihnen bis ans Ende der Welt folgen.“
„Aber nicht in diesem Zustand. Der Gaul bricht doch jeden Augenblick zusammen.“
Der Pferdejunge lachte amüsiert. Dann legte er vertraulich seine Hand auf Leas Schulter und sagte:
„Hören Sie mir zu und lassen Sie dabei das Pferd nicht aus den Augen.“
Seine Berührung fühlte sie nicht nur auf der Schulter, sondern auch auf ihren Brüsten und bereitwillig hörte sie zu. Sie stand nun ganz dicht bei ihm und erhaschte durch den offenen Schlitz seines Hemdes die makellose Oberfläche seines Bauches. Nachlässig steckten die Hemdzipfel im Hosenbund, während die Hose eng seine Lenden umspannte. Lea hörte kaum auf seine Worte, sie hatte nur noch einen Gedanken im Kopf. Und der erregte sie so sehr, dass sie heftig atmete.
„Hier!“, er strich dem Tier über seinen Nasenrücken, über Backen, Hals und Maul. „Dies alles ist perfekt, edel gebaut. Markanter Widerrist, harmonische Oberlinie. Ist die Mähne einmal gewaschen und gekämmt, hat die Stute einen prachtvollen Kopf. Und hier!“, er beugte sich, fuhr über Vorarm, Unterschenkel und Fesseln, dann hob er die Hufe an, was das Pferd widerspruchslos geschehen ließ und zeigte Lea deren Innenseiten. „Vraem hat steile Hufe und der Strahl ist durch die Trachten nicht beengt.“ Die Frau hätte ihn auch nicht verstanden, hätte sie zugehört. Ihr Interesse galt seiner Hose und ihrem Inhalt. Sie stellte sich vor, wie sie rittlings auf ihm saß und ihn in sich spürte. Ein tiefer Seufzer und der Ausruf ihrer Tochter holten sie in die Realität zurück.
„Oh, ich will die Stute, Mama! Sie und sonst keinen! Ich werde sie waschen