Das Steckenpferd des alten Derrick. Edgar Wallace

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Das Steckenpferd des alten Derrick - Edgar Wallace


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verrückt, Staines«, brachte er endlich mühsam heraus, »daß ich so unsäglich dumm war, die Erbschaft anzutreten, ohne mich nach Einzelheiten zu erkundigen. Erzählen Sie mir, was Sie von der Sache wissen, und wenn sich durch Ihre Mitteilungen noch größere Vermögensteile finden sollten, werden Sie mich nicht undankbar finden. Ihnen habe ich es doch nur zu verdanken, daß mir endlich reiner Wein über die Vermögensverhältnisse meines Vaters eingeschenkt wird.«

      Dick überging das verhüllte Angebot mit Stillschweigen, gab aber den erbetenen Rat: »Wir müssen Ihr Haus vom Keller bis zum Dach gründlich durchsuchen«, meinte er. »Sicherlich ist dort irgendwo ein Versteck vorhanden, von dem Sie bisher keine Ahnung hatten. Ihr Vater hat ja das Haus nach eigenen Plänen um- und gleichzeitig wahrscheinlich ein Versteck mit einbauen lassen.«

      Eine Frage, die Derrick auf den Lippen zu schweben schien, blieb unausgesprochen. Er hatte es eilig, den Rat Dicks schnellstens zu befolgen. Die beiden Herren brachen auf, um sich nach dem Lowndes Square zu begeben. Als ihnen Larkin öffnete, begrüßte er sie und wandte sich an Derrick: »Ich habe Ihre Nachricht erhalten, Sir.«

      »Eine Nachricht von mir?« verwunderte sich der andere.

      »Ja, Ihren Anruf, in dem Sie mir mitteilen ließen, daß heute Abend ein Herr vorsprechen werde, um die Zimmer für neue Teppiche auszumessen.«

      Dick blickte Derrick verständnisvoll lächelnd an.

      »Es ist gut, Larkin«, begnügte sich der Hausherr seinem Wächter zu erwidern, und begab sich mit seinem Begleiter ins erste Stockwerk hinauf. »Ich habe keine derartige Botschaft gesandt, Mr. Staines«, wandte er sich an den Inspektor. »Sie wissen ja selbst, daß ich heute nach Godalming fahren wollte und nicht im Traum daran dachte, hierher zurückzukehren. Ein ziemlich abgegriffener Trick das, Mr. Staines, die Leute durch einen fiktiven Anruf aus dem Bau zu locken. Man mußte ja gewärtig sein, daß mich Larkins anrufen würde, um den Befehl bestätigt zu erhalten.«

      »Vielleicht war das sogar beabsichtigt«, gab Dick zurück. »Man wollte Sie wohl bestimmt heute Abend hier haben. Nun, der Wunsch kann den Herrschaften erfüllt werden; ich werde mein Quartier ganz in der Nähe aufschlagen.«

      Derrick schien die Sache ernster zu nehmen.

      »Ich möchte nur wissen, was die Leute von mir wollen«, rief er besorgt aus. »Sie sollen mich in Frieden lassen.« Er schwieg und runzelte nachdenklich die Stirn: »Nein, es ist unmöglich; das kann es nicht sein.«

      Gewaltsam schüttelte er seine Besorgnisse ab und wurde nach wenigen Minuten wieder der Lustige, als den Staines ihn kannte.

      »Kommen Sie, wir wollen die Schatzsuche beginnen«, bat er.

      Sie blieb vergeblich, so sehr die beiden sich auch bemühten, das vermutete Versteck ausfindig zu machen. Nachdem sie alle Schränke, Kästen und Wände abgeklopft, mußten sie sich endlich doch geschlagen geben.

      Die Mauern schienen gebaut zu sein, um schwerstem Geschütz standzuhalten; die Eichenbohlen des Fußbodens waren zu massiv, um Aushöhlungen enthalten zu können. Nur die Planlosigkeit des ganzen Baus fiel den Suchenden auf. Treppen und Winkel tauchten unvermutet auf, Nischen und Balkone waren an den unmöglichsten Stellen angebracht; nur das, was sie suchten, das Schatzversteck, blieb unauffindbar. Endlich betraten die beiden Männer das Zimmer neben der Küche, in der Dick in jener Regennacht die Einbrecherin überrascht hatte. Derrick öffnete einen verschlossenen Schrank.

      »Hier ist etwas, was Sie interessieren dürfte, Mr. Staines«, sagte er und entnahm dem Fach eine rostige Stahlkassette, die er mit dem darin steckenden Schlüssel aufschloß: »Hier in diesem Kasten fand ich die vierhundertzwölftausend Pfund, mein Erbteil.«

      An der Innenseite des Kassettendeckels war eine klammerähnliche Vorrichtung angebracht, die ein Instrument festhielt, das einer medizinischen Spritze ähnelte. Am oberen Ende des Saugers befand sich ein Gummiball, während der untere Teil in einer trompetenartigen Ausbuchtung endigte.

      »Was ist denn das für eine merkwürdige Vorrichtung?« fragte Dick und betrachtete das Instrument mit großem Interesse.

      »Ich habe keine Ahnung«, gab Derrick zurück.

      Den Zylinder krönten zwei parallel laufende, etwa zehn Zentimeter lange Messinghalter. Sie waren es, die Dick endlich auf den Zweck der Vorrichtung brachten. Er preßte den Gummiball auf den Deckel der Stahlkassette und zog an den beiden Messinghaltern. Mit einem »Klick« schnappte eine Feder ein, und so sehr Dick sich auch bemühen mochte, den Saugball vom Deckel loszulösen, wollte es ihm doch nicht gelingen. Der ganze Mechanismus war weiter nichts als eine Vakuumsaugpumpe. Erst als Staines die vorher eingeschnappte Feder entdeckt und sie zurückgeschoben hatte, ließ sich der Sauger wieder von der Kassette lösen.

      »Lag das mit in der Kassette?« erkundigte sich Dick, auf den Sauger zeigend.

      »Ja, beim Geld«, gab Dick Auskunft.

      Da die Suche ergebnislos verlaufen war, brachen sie sie ab. Staines begab sich anschließend zu einem alten Baumeister, der sich in Wandsworth Road nach einem arbeitsreichen Leben zur Ruhe gesetzt hatte. Sein Gedächtnis hatte zwar ziemlich nachgelassen, aber es genügte noch, um sich der Umstände zu entsinnen, unter denen er seinerzeit vom alten Derrick den Bau des Hauses auf dem Lowndes Square übernommen hatte. Vor der Vollendung, so erzählte der Alte, habe man einen großen Geldschrank angeschleppt gebracht, der, ohne daß er wisse wo, eingebaut worden war. Josua Derrick hatte ihn höchst eigenhändig während der arbeitsfreien Sonntage an Ort und Stelle ummauert. Die Schlussarbeiten hätten fremde Maurer verrichtet, die Derrick aus dem Ausland hatte kommen lassen.

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