Stahlbau-Kalender 2022. Ulrike Kuhlmann

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Stahlbau-Kalender 2022 - Ulrike Kuhlmann


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      (1) Es werden vier Querschnittsklassen definiert:

       – Querschnitte der Klasse 1 können plastische Gelenke oder Fließzonen mit ausreichender plastischer Momententragfähigkeit und Rotationskapazität für die plastischen Berechnung ausbilden;

       – Querschnitte der Klasse 2 können die plastische Momententragfähigkeit entwickeln, haben aber aufgrund örtlichen Beulens nur eine begrenzte Rotationskapazität;

       – Querschnitte der Klasse 3 erreichen für eine elastische Spannungsverteilung die Streckgrenze in der ungünstigsten Querschnittsfaser, können aber wegen örtlichen Beulens die plastische Momententragfähigkeit nicht entwickeln;

       – Querschnitte der Klasse 4 sind solche, bei denen örtliches Beulen vor Erreichen der Streckgrenze in einem oder mehreren Teilen des Querschnitts auftritt.

       Zu 5.4.3

      Anders als in DIN 18800-1 [K1] werden einerseits neben den Bauteilen auch jeweils das Trag- und Verformungsverhalten der Knoten mit in die Betrachtung einbezogen und werden andererseits die plastischen Verfahren stärker differenziert. So werden zwischen einem elastisch-plastischen Verfahren, das Fließgelenke in plastizierten Stabquerschnitten oder Knoten annimmt, einem nichtlinear-plastischen Verfahren, das die Teilplastizierung von Stabquerschnitten in plastischen Zonen verfolgt (Fließzonentheorie), und einem sogenannten starr-plastischen Verfahren, das der üblichen Fließgelenktheorie Theorie I. Ordnung entspricht, aber das elastische Verhalten zwischen den Fließgelenken vernachlässigt, unterschieden. Es besteht also die Möglichkeit nach der Fließzonentheorie unter Einsatz von FE-Modellen genauere Ansätze zu wählen, siehe hierzu z. B. Anhang C in EN 1993-1-5.

      Die Zuordnung der Tragwerksknoten und ihre Modellierung zu den Berechnungsmethoden erfolgen nach EN 1993-1-8, Kap. 5, vgl. auch [K9, K10].

      Beim starr-plastischen Verfahren wird nur betrachtet, ob der gewählte plastische Schnittgrößenzustand im System im Gleichgewicht ist, ohne die plastische Beanspruchbarkeit von Stabquerschnitten und Knoten zu verletzen. Die Steifigkeit auch von verformbaren Knoten interessiert nicht. Dieses Verfahren ist natürlich nur dann anwendbar, wenn Verformungen keine Rolle spielen, d. h. auch kein Nachweis nach Theorie II. Ordnung oder Biegeknicknachweis zu führen ist.

      (2) Bei Querschnitten der Klasse 4 dürfen effektive Breiten verwendet werden, um die Abminderung der Beanspruchbarkeit infolge lokalen Beulens zu berücksichtigen, siehe EN 1993-1-5, 4.4.

      (3) Die Klassifizierung eines Querschnittes ist vom c/t-Verhältnis seiner druckbeanspruchten Teile abhängig.

      (4) Druckbeanspruchte Querschnittsteile können entweder vollständig oder teilweise unter der zu untersuchenden Einwirkungskombination Druckspannungen aufweisen.

      (5) Die verschiedenen druckbeanspruchten Querschnittsteile (wie z. B. Steg oder Flansch) können im Allgemeinen verschiedenen Querschnittsklassen zugeordnet werden.

      (6) Ein Querschnitt wird durch die höchste (ungünstigste) Klasse seiner druckbeanspruchten Querschnittsteile klassifiziert. Ausnahmen sind in 6.2.1(10) und 6.2.2.4(1) angegeben.

      (7) Alternativ ist es zulässig, die Klasse eines Querschnitts durch Klassifizierung der Flansche sowie des Steges festzulegen.

      (9) Mit Ausnahme der Fälle in (10) ist es möglich, Querschnitte der Klasse 4 wie Querschnitte der Klasse 3 zu behandeln, falls das c/t-Verhältnis, das nach Tabelle 5.2 mit einer Erhöhung von ε um image ermittelt wird, kleiner als die Grenze für Klasse 3 ist. Dabei ist σcom,Ed der größte Bemessungswert der einwirkenden Druckspannung im Querschnittsteil, die nach Theorie I. Ordnung oder, falls notwendig, nach Theorie II. Ordnung ermittelt wird.

      (10) Es sollten jedoch für Stabilitätsnachweise eines Bauteils nach 6.3 immer die Grenzabmessungen der Klasse 3 Tabelle 5.2 ohne Erhöhung von ε verwendet werden.

      (11) Querschnitte mit Klasse-3-Steg und Klasse-1- oder Klasse-2-Gurten dürfen als Klasse-2-Querschnitte mit einem wirksamen Steg nach 6.2.2.4 eingestuft werden.

      (12) Wenn der Steg nur für die Schubkraftübertragung vorgesehen ist und nicht zur Abtragung von Biegemomenten und Normalkräften eingesetzt wird, darf der Querschnitt alleine abhängig von der Einstufung der Gurte den Klassen 2, 3 oder 4 zugeordnet werden.

      Anmerkung: Zu flanschinduziertem Stegbeulen, siehe EN 1993-1-5.

      (1) An Stellen, an denen sich Fließgelenke ausbilden können, müssen die Querschnitte des Bauteils in der Regel eine entsprechende Rotationskapazität aufweisen.

      (2) Die Momenten-Rotationskapazität kann bei Bauteilen mit konstantem Querschnitt als ausreichend angenommen werden, wenn folgende Anforderungen erfüllt sind:

       Zu 5.5.2

      Maßgebend für die Querschnittsklassifizierung sind die druckbeanspruchten Teile eines Querschnitts. Die Dehnung im Zugbereich kann zum Beispiel bei Klasse-3-Querschnitte die Fließdehnung durchaus überschreiten, solange der Druckbereich nur elastisch bis zur um den Teilsicherheitsbeiwert reduzierten Streckgrenze ausgenutzt ist.

      Einschränkungen infolge Beulgefährdung durch Schub sind gesondert zu behandeln, vgl. EN 1993-1-1, 6.2.6 (6). Auch werden jeweils nur einzelne unausgesteifte Blechfelder betrachtet. Es kann also sein, dass, auch wenn die Einzelfelder eines durch Längssteifen ausgesteiften Blechfeldes jedes für sich die Kriterien für Klasse-3-Querschnittsteile erfüllen, also für sich nicht beulgefährdet sind, trotzdem ein Nachweis für das Beulen des Gesamtfeldes nach EN 1993-1-5, Abs. 4.5 erforderlich ist.

      Für beidseitig gestützte druckbeanspruchte Querschnittsteile zeigt [K34], dass um Konsistenz zu den anderen Normenteilen EN 1993-1-5 und EN 1993-1-3 zu erreichen, bei dem vorgegebenen Sicherheitsniveau die Grenzwerte c/t kleiner werden müssen. Die empfohlene Grenze zwischen den Querschnittsklassen 3 und 4 sieht einen Wert von 38 (statt 42) vor und zwischen den Querschnittsklassen 2 und 3 einen Wert von 34 (statt 38).

       Zu 5.5.2(9) und 5.5.2(10)

      Wenn die Spannungsausnutzung im Querschnitt geringer als die Streckgrenze fyd ist, kann es sich lohnen, die Grenzabmessungen nach Tabelle 5.2 mit dem entsprechenden im Verhältnis von fyd zur einwirkenden Druckspannung σcom,Ed modifizierten ε-Wert zu bestimmen. Die Ermittlung von σcom,Ed erfolgt dann ggf. über eine iterative Berechnung für den Gesamtzustand (NEd + My,Ed + Mz,Ed).

      Das Verfahren nach 5.5.2 (9) gilt nicht für Stabilitätsnachweise eines Bauteils nach Abs. 6.3. Hierfür sind die Grenzabmessungen c/t nach Klasse 3 in Tabelle 5.2 ohne Erhöhung von ε zu bestimmen, da für das Ersatzstabverfahren nach EN 1993-1-1, Abs. 5.2.2 (8) u. U. Schnittgrößen nach Theorie I. Ordnung verwendet werden und somit möglicherweise die wahren Spannungen unterschätzt werden. Die Formulierung ist etwas missverständlich, weil auch im Rahmen von Methode b), siehe EN 1993-1-1, Abs. 5.2.2 (7) der Einzelstabnachweis nach EN 1993-1-1,


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