Nachtschatten. Lea Wintterlin

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Nachtschatten - Lea Wintterlin


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andere Leute dabei waren – ü berhaupt nicht mit mir unterhielt.

      Einmal, es durfte kurz nach zwei Uhr morgens gewesen sein, machten wir uns noch mit dem Auto auf in Richtung Cinque Terre, alle fahruntauglich, aber euphorisiert, wollten wir unbedingt zum Strand, dr ä ngten uns zu siebt ins Auto und dr ü ckten uns in jeder Kurve fremd aneinander, bis wir einen kleinen K ü stenort erreichten, die Promenade noch sp ä rlich beleuchtet. Wir st ü rmten auf den Strand, manche gleich ins Wasser. Irgendwann lagen wir dann im Sand, der nachgab und durch meine Finger rann wie diese ganze Zeit, schauten in die Sterne, diese Nacht, dieses ganze Was-auch-immer. Lennox ging baden und sch ü ttelte seinen Lockenkopf. Ich lief in der Brandung zwischen den anschwappenden Wellen hin und her.

      Wir waren vier Monate zusammen, dann neigte sich mein Stipendium dem Ende zu. Ich besuchte schon l ä ngst keine Uni mehr, hatte kaum noch Kontakt zu den anderen Stipendiaten, meinen Abschlussbericht schrieb ich auf dem Laptop meiner portugiesischen Mitbewohnerin, w ä hrend Lennox in meinem Bett seinen Kater kurierte. Einmal nannte er mich sein » German girlfriend « . Ich h ä tte mein Studium in Deutschland aufgegeben und w ä re mit Haut und Haaren bei ihm geblieben, wenn er das ö fter gesagt h ä tte. An meinem letzten Tag sagte er: » Heute ist dein letzter Tag, am liebsten w ü rde ich mit dir den Blick von meiner Terrasse genie ß en. « Am n ä chsten Morgen h ä tte ich beinahe meinen Bus zum Flughafen verpasst, aber Lennox hielt mich nicht zur ü ck.

      Ich hielt ein paar Wochen aus, dann bin ich noch einmal zu ihm gefahren. Ich konnte mir ein Leben ohne Lennox nicht vorstellen. Wir verbrachten eine ganze Woche zusammen, er kochte, wir streiften durch die Gassen ohne Touristen zu sein, links und rechts vorbei an den Pal ä sten in der Via Garibaldi, am alten Hafen entlang, gr üß ten Leute, die wir kannten ohne Einheimische zu sein, tranken bei jeder Gelegenheit und sahen dem Tag beim Vergehen zu. Wir redeten und Lennox brachte mich zum Lachen. Ich wartete jeden Moment darauf, dass wir dar ü ber sprechen w ü rden, wie es mit uns weitergehen sollte. Ich hoffte, dass wir eher zusammenbleiben w ü rden, wenn sich das Gespr ä ch wie beil ä ufig ergab. Das Gespr ä ch ergab sich aber nicht. Wir tranken bis tief in die Nacht und ich reiste zum zweiten Mal ab.

      Dann verstummte ich und fing an, Zigaretten zu drehen. Ich verbrachte die Tage in der Bibliothek und mein Nacken war verspannt. Teilweise gelang es mir, mich in eine Lekt ü re zu versenken. Aber meistens verbarrikadierte ich mich nur hinter B ü chern und dachte beim Gedanken » Lennox « , dass er nicht gut f ü r mich gewesen w ä re. Er hat mir ein Jahr nach meiner Abreise einen Brief geschrieben. Er schrieb, dass wir nur k ö rperlich auseinander gegangen seien, weil ich mein Leben leben m ü sse und er mir nicht folgen k ö nne. Ich brauchte lange, bis ich Worte hatte. Und antworten konnte.

      Seitdem schreiben wir uns, manchmal. Aber in letzter Zeit merke ich, dass der Tag, an dem ich wieder zu ihm fahren werde, n ä her kommt. Ich weine dann vor Schmerz und vor Vorfreude. Weil ich wei ß , dass er sich nicht ge ä ndert hat, weil ich aber auch wei ß , dass das nicht der wahre Grund ist, warum unsere Geschichte immer noch ausufern will.

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