Faust in 60 Minuten. Johann Wolfgang von Goethe

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Faust in 60 Minuten - Johann Wolfgang von Goethe


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keiner dich ergründen mag,

      Und alle deine hohen Werke

      Sind herrlich wie am ersten Tag.

      MEPHISTOPHELES:

      Von Sonn' und Welten weiß ich nichts zu sagen,

      Ich sehe nur, wie sich die Menschen plagen.

      Der kleine Gott der Welt* bleibt stets von gleichem Schlag,

      Und ist so wunderlich als wie am ersten Tag.

      * Gemeint ist der Mensch, der laut der Bibel ja nach dem Ebenbild Gottes geschaffen wurde.

      DER HERR:

      Hast du mir weiter nichts zu sagen?

      Kommst du nur immer anzuklagen?

      Ist auf der Erde ewig dir nichts recht?

      MEPHISTOPHELES:

      Nein Herr! ich find es dort, wie immer, herzlich schlecht.

      Die Menschen dauern mich in ihren Jammertagen,

      Ich mag sogar die armen selbst nicht plagen.

      DER HERR:

      Kennst du den Faust?

      MEPHISTOPHELES:

      Den Doktor?

      DER HERR:

      Meinen Knecht!

      Wenn er mir auch nur verworren dient,

      So werd ich ihn bald in die Klarheit führen.

      MEPHISTOPHELES:

      Was wettet Ihr? den sollt Ihr noch verlieren!

      Wenn Ihr mir die Erlaubnis gebt,

      Ihn meine Straße sacht zu führen.

      DER HERR:

      Solang er auf der Erde lebt,

      So lange sei dir's nicht verboten,

      Es irrt der Mensch so lang er strebt.

      MEPHISTOPHELES:

      Da dank ich Euch; denn mit den Toten

      Hab ich mich niemals gern befangen.

      Am meisten lieb ich mir die vollen, frischen Wangen.

      DER HERR:

      Nun gut, es sei dir überlassen!

      Zieh diesen Geist von seinem Urquell ab,

      Und führ ihn, kannst du ihn erfassen,

      Auf deinem Wege mit herab,

      Und steh beschämt, wenn du bekennen mußt:

      Ein guter Mensch, in seinem dunklen Drange,

      Ist sich des rechten Weges wohl bewußt.

      MEPHISTOPHELES:

      Schon gut! nur dauert es nicht lange.

      Mir ist für meine Wette gar nicht bange.

      Wenn ich zu meinem Zweck gelange,

      Erlaubt Ihr mir Triumph aus voller Brust.

      Staub soll er fressen, und mit Lust,

      Wie meine Muhme*, die berühmte Schlange.

      * Altdeutsche, umgangssprachliche Bezeichnung für weibliche Verwandte

      DER HERR:

      Du darfst auch da nur frei erscheinen;

      Ich habe deinesgleichen nie gehaßt.

      Von allen Geistern, die verneinen,

      ist mir der Schalk am wenigsten zur Last.

      Des Menschen Tätigkeit kann allzu leicht erschlaffen,

      er liebt sich bald die unbedingte Ruh;

      Drum geb ich gern ihm den Gesellen zu,

      Der reizt und wirkt und muß als Teufel schaffen.

      Der Himmel schließt, die Erzengel verteilen sich.

      MEPHISTOPHELES allein:

      Von Zeit zu Zeit seh ich den Alten gern,

      Und hüte mich, mit ihm zu brechen.

      Es ist gar hübsch von einem großen Herrn,

      So menschlich mit dem Teufel selbst zu sprechen.

      Nacht.

      In einem hochgewölbten, engen gotischen Zimmer Faust, unruhig auf seinem Sessel am Pulte.

      FAUST:

      Habe nun, ach! Philosophie,

      Juristerei und Medizin,

      Und leider auch Theologie

      Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.

      Da steh ich nun, ich armer Tor!

      Und bin so klug als wie zuvor;

      Heiße Magister, heiße Doktor gar

      Und ziehe schon an die zehen Jahr

      Herauf, herab und quer und krumm

      Meine Schüler an der Nase herum-

      Und sehe, daß wir nichts wissen können!

      Das will mir schier das Herz verbrennen.

      Zwar bin ich gescheiter als all die Laffen,

      Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen;

      Dafür ist mir auch alle Freud entrissen,

      Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen,

      Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,

      Die Menschen zu bessern und zu bekehren.

      Es möchte kein Hund so länger leben!

      Drum hab ich mich der Magie ergeben,

      Ob mir durch Geistes Kraft und Mund

      Nicht manch Geheimnis würde kund;

      Daß ich erkenne, was die Welt

      Im Innersten zusammenhält,

      Und dies geheimnisvolle Buch,

      Von Nostradamus' eigner Hand,

      Ist dir es nicht Geleit genug?

      Er schlägt das Buch auf und erblickt das Zeichen des Erdgeistes.

      Du, Geist der Erde, bist mir näher;

      Schon fühl ich meine Kräfte höher,

      Es wölkt sich über mir-

      Der Mond verbirgt sein Licht-

      Die Lampe schwindet!

      Es dampft! Es zucken rote Strahlen

      Mir um das Haupt- Es weht

      Ein Schauer vom Gewölb herab

      Und faßt mich an!

      Ich fühl's, du schwebst um mich, erflehter Geist

      Enthülle dich!

      Es zuckt eine rötliche Flamme, der Geist erscheint in der Flamme.

      GEIST:

      Wer ruft mir?

      FAUST abgewendet:

      Schreckliches Gesicht!

      Weh! ich ertrag dich nicht!

      GEIST:

      Du flehst, eratmend mich zu schauen,

      Da bin ich!- Welch erbärmlich Grauen

      Faßt Übermenschen dich!

      FAUST:


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