Edgar Wallace - Gesammelte Werke. Edgar Wallace
Читать онлайн книгу.aber der Plan nicht zu gefallen?«
»Lady Lebanon hat mir das auch angedeutet, aber ich möchte mich nicht verheiraten. Das habe ich ihr auch klar gesagt.«
Er lachte.
»Ich glaube aber, sie hat sich aus Ihrer Absage nicht viel gemacht. Lady Lebanon ist eine Natur, die sich überall durchsetzt. Man kann sich ihr kaum entgegenstellen, wenn sie ihren Willen durchführen will.«
Er war enttäuscht, daß sie nicht antwortete, und wurde nervös. »Warum ziehen Sie nur Ihren Mantel nicht aus? Wir beide sollten doch zusammenhalten. Lady Lebanon betrachtet uns wie ein paar bessere Dienstboten. Wir bekommen unser Gehalt und müssen unsere wahren Gefühle verbergen –«
»Haben Sie mir sonst noch etwas zu sagen?« fragte sie eisig. »Wenn nicht, dann gehe ich jetzt.«
Sie wandte sich halb um, aber bevor sie ahnte, was geschehen würde, riß er sie an sich. Er hielt sie so fest, daß sie sich nicht wehren konnte. Sie fühlte seinen Schnurrbart an ihrer Wange, und seine Augen blitzten so unheimlich, daß sie erschrak.
»Isla, niemand in der Welt kann sich mit dir vergleichen«, stieß er atemlos hervor. »Ich möchte dein Freund sein, ich will dir helfen.«
»Lassen Sie mich einen Augenblick los«, sagte sie mit erzwungener Ruhe.
Er ließ sich täuschen. Kaum hatte er den Griff etwas gelockert, als sie sich plötzlich von ihm frei machte, zu der Wand eilte und den Daumen auf einen kleinen Knopf legte, der unauffällig an der Wand angebracht war.
»Machen Sie bitte die Tür auf und gehen Sie dann in das andere Zimmer.«
Amersham atmete schnell. Er sagte nichts; er wußte, daß er im Augenblick geschlagen war. Wütend riß er die Zimmertür auf, trat in den Vorraum und schloß die Wohnungstür auf.
»Sie können gehen. Es war töricht von mir, daß ich Ihnen helfen wollte.«
Sie zeigte auf die andere Tür am Ende des Wohnzimmers.
»Aber machen Sie doch nicht solche Geschichten. Sie sind vollkommen sicher –«
»Ich bin so lange sicher, wie ich den Daumen auf dem Knopf für Feueralarm habe«, entgegnete sie ruhig. »Und Sie wollen sich doch wohl nicht blamieren? Sie würden eine lächerliche Figur machen, wenn die Feuerwehr hierherkommt!«
Auf dem Balkon stand Sergeant Totty im Dunkeln und nickte befriedigt.
Er sah, daß sich die Wohnungstür hinter Isla schloß, und beobachtete dann die Rückkehr des Doktors in das Wohnzimmer.
»Großartig«, murmelte Sergeant Totty beifällig.
Einige Zeit ging Amersham nervös auf und ab. Dann hörte Totty, daß das Telefon klingelte. Amersham ging zum Apparat und nahm den Hörer ab. Gleich darauf runzelte er ärgerlich die Stirn, sagte etwas, was Totty nicht verstehen konnte, drehte das Licht aus und ging ins Schlafzimmer.
Totty schlich sich auf dem Balkon entlang; die Vorhänge waren von innen vorgezogen, aber es gelang ihm doch, durch einen Spalt an der Seite zu sehen. Auf diese Weise konnte er den Bewegungen Amershams folgen, der eine Schublade aufzog, einen Gegenstand herausnahm und in die Tasche steckte. Was es war, konnte Totty nicht erkennen, aber er vermutete, daß es sich um einen Browning handelte.
Im Schlafzimmer befand sich auch ein Telefonapparat. Der Doktor benützte ihn und sprach etwa zwei Minuten lang. Allem Anschein nach war es ein Haustelefon.
Der Arzt nahm seinen Mantel aus dem Kleiderschrank und legte ein weißes Seidentuch um den Hals, während Totty zu der leeren Wohnung zurückschlich. Der Sergeant war schon in der Eingangshalle, als Amersham herunterkam.
»Der Doktor geht aus«, sagte Bould. »Eben hat er mit seinem Chauffeur telefoniert. Der Wagen steht auch schon draußen. Warten Sie einen Augenblick!«
Bould ging hinaus und sprach mit dem Chauffeur.
»Amersham fährt nach Marks Priory«, flüsterte der Portier dem Sergeanten zu, als er zurückkam. »Sie sollten einmal mit dem Chauffeur sprechen – was der nicht alles von seinem Herrn erzählt! Dabei hat er den Posten noch nicht lange. Er ist in diesem Monat schon der zweite.«
Die Klingel vom Fahrstuhl unterbrach ihn. Er eilte hin und kam bald darauf mit Dr. Amersham zurück, der schnell auf die Straße trat.
Erst als das Auto abfuhr, kam Sergeant Totty aus seinem Versteck heraus.
»Ein merkwürdiger Kerl.«
»Haben Sie etwas gesehen?« fragte Bould neugierig.
»Ja, allerhand«, entgegnete Totty geheimnisvoll.
Er ging zur nächsten Telefonzelle, um seinem Chef zu berichten.
»Ich möchte nur wissen, warum er nach Marks Priory gefahren ist«, sagte Tanner nachdenklich. »Allem Anschein nach hatte er vorher nicht diese Absicht. Wo wohnt die junge Dame?«
Totty seufzte.
»Ich kann doch nicht alles wissen«, erwiderte er dann vorwurfsvoll.
»Ein trauriges Eingeständnis«, sagte Tanner und hängte ein.
Die Telefonzelle war kaum hundert Meter von Ferrington Court entfernt. Als Totty hinaustrat, sah er einen Mann, der ihn aufmerksam beobachtete. Zuerst dachte er an einen Geheimpolizisten, aber dann erkannte er ihn plötzlich. Der Mann schien mit ihm sprechen zu wollen, denn er kam auf ihn zu.
»Sie sind doch Tilling?« fragte Totty.
»Ja, so heiße ich«, entgegnete der Parkwächter mit tiefer Stimme. »Sind Sie nicht eben aus dem Haus dort gekommen?« Er zeigte auf Ferrington Court. »Haben Sie Dr. Amersham besucht?«
»Hören Sie mal«, erwiderte der Sergeant mit ausgesuchter Höflichkeit, »Sie wissen doch, daß ich ein Beamter der Geheimpolizei bin. Was soll das heißen, daß Sie derartige Fragen an mich richten?«
»Wer war denn die junge Dame, die ins Haus ging? Haben Sie sie gesehen?«
»Ja.«
»Und erkannt? Haben Sie sie auch in Marks Priory bemerkt? Sie ist doch nicht mit ihm fortgegangen? Ich habe nicht gesehen, wie sie das Haus verließ. Ich wollte vor allem auf den Doktor aufpassen.«
»Wer sollte denn Ihrer Meinung nach die Dame gewesen sein?« fragte Totty diplomatisch.
»Sie kann es auf keinen Fall gewesen sein, sie ist nicht so groß, und außerdem kleidet sie sich anders. Wer war es denn?«
»Meine Tante«, entgegnete Totty kurz. »Wer soll es sonst gewesen sein?«
Plötzlich wurde Totty klar, warum Tilling all diese Fragen an ihn richtete.
»Ich werde Ihnen sagen, wer es nicht war, wenn Sie es durchaus wissen wollen – es war nicht Ihre Frau.«
»Wer hat behauptet, daß sie es gewesen sein soll? Meine Frau ist in Marks Thornton. Wohin ist er denn gefahren?«
»Meinen Sie Dr. Amersham? Nach Marks Thornton. – Jetzt erklären Sie mir aber, mein Freund, was das alles zu bedeuten hat. Warum spionieren Sie Dr. Amersham nach?«
»Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten«, fuhr ihn Tilling an.
Als er sich abwandte, packte ihn Totty am Arm und drehte ihn um.
»Höflich können Sie wenigstens zu mir sein, das kostet nichts.«
Tilling war allem Anschein nach erstaunt über die Stärke des Sergeanten, der einen Kopf kleiner war als er selbst.
»Ich bitte um Verzeihung«, lenkte er ein, »aber ich habe häusliche Sorgen und Ärger.«
»Wer hätte das nicht«, sagte Totty großzügig und ließ ihn gehen.
Er beobachtete den Parkwächter, bis er außer Sicht kam, dann ging er zu seinem Freund Bould zurück.
»Haben Sie eigentlich eine Ahnung, wohin die junge Dame gefahren