Robert Louis Stevenson - Gesammelte Werke. Robert Louis Stevenson

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Robert Louis Stevenson - Gesammelte Werke - Robert Louis Stevenson


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werdet mich also wiedersehen, sobald meine Obliegenheiten es mir gestatten«, sagte ich; und da mit diesen Worten die Erinnerung an Alan mich von neuem befiel, beeilte ich mich, ihr Lebewohl zu sagen. Noch im gleichen Augenblick und mir selbst zum Trotz mußte ich denken, daß wir in Anbetracht der Kürze unserer Bekanntschaft doch recht weit miteinander gekommen wären, und daß eine wirklich vorsichtige junge Dame etwas mehr Zurückhaltung gezeigt hätte. Ich glaube, es war der Bankbediente, der mir diese ungalanten Gedanken vertrieb.

      »Ich dachte, Ihr wäret ein Bursche von einiger Vernunft«, begann er und schob die Unterlippe vor. »Auf diese Art werdet Ihr's wohl nicht weit bringen. Ein Narr und sein Geld sind bald geschieden. Ihr seid mir ein grüner Junge«, rief er, »und obendrein noch liederlich! So um die Menscher zu scharwenzeln!« »Wenn Ihr es wagt, auch nur ein Wort gegen die junge Dame – – « hub ich an. »Dame!« rief er. »Gott schütz und bewahr uns, welche Dame? Nennt Ihr die eine Dame? Die Stadt wimmelt ja von denen. Damen! Mann, man sieht, daß Ihr Euch in Edinburg nicht auskennt!«

      Eine Zorneswelle packte mich. »Hier«, sagte ich, »führt mich, wohin ich Euch geheißen, und haltet Euer dreckiges Maul!«

      Er gehorchte mir nicht ganz, denn wenn er mich auch nicht direkt anredete, sang er mir doch im Gehen in einer überaus zweideutigen und unverschämten Weise und mit ungemein falscher und krächzender Stimme vor:

      Als Molly unsern Weg gekreuzt, da flog im Wind ihr Band,Da flog ihr Blick zu mir zurück und über ihr Bettelgewand.Jetzt ziehen wir nach Ost und West, jetzt geht durch's ganze LandNach West und Ost auf Freiersfuß die Fahrt um Molly s Hand.

      Mr. Charles Stuart, der Anwalt, wohnte am Ende der längsten Treppenflucht, die Maurer je gebaut; fünfzehn verschiedene Stiegen, nicht eine weniger; und als ich seine Tür erreichte, die ein Schreiber mir öffnete, um mir zu sagen, daß sein Herr zu Hause sei, besaß ich kaum noch Atem genug, meinen Dienstmann zum Teufel zu schicken.

      »Fort mit Euch nach Ost und West!« sagte ich, nahm ihm den Geldsack ab und folgte dem Schreiber.

      Der äußere Raum war ein Bureau mit einem Tisch voller Papiere, vor dem des Schreibers Stuhl stand. Im inneren Zimmer, das in das äußere mündete, saß ein energischer kleiner Mann brütend über einem Schriftsatz, von dem er bei meinem Eintritt kaum aufsah: ja, sein Finger blieb an der richtigen Stelle liegen, als habe der Mann die Absicht, mich sofort wieder hinauszuwerfen und zu seinen Studien zurückzukehren. Das behagte mir schon wenig genug; aber schlimmer noch war, daß der Schreiber, meiner Ansicht nach, alles, was zwischen uns vorging, deutlich hören konnte. Ich fragte den kleinen Mann, ob er Mr. Charles Stuart, der Anwalt, sei. »Der nämliche,« sagte er, »und wer seid Ihr, falls die Frage ebenso angebracht erscheint?«

      »Ihr werdet weder meinen Namen kennen von mir selber gehört haben,« sagte ich, »aber ich bringe Euch einen Ausweis von einem Freunde, der Euch wohl bekannt ist. Der Euch wohl bekannt ist,« wiederholte ich und senkte die Stimme, »von dem zu hören Ihr aber gegenwärtig vielleicht nicht gerade erbaut sein werdet. Das kleine Geschäft, das ich Euch heute vorzuschlagen habe, ist mehr privater Natur. Kurz, mir wäre lieb, zu wissen, daß wir ganz unter uns sind.« Er erhob sich ohne weitere Worte, warf seine Papiere mit der Miene eines Mannes hin, der sehr schlechter Laune ist, und schickte den Schreiber auf einen Botengang, indem er hinter ihm die Tür schloß.

      »Jetzt, Sir,« sagte er zurückkehrend, »sprecht frei von der Leber weg und fürchtet nichts mehr«; und plötzlich fuhr er fort – »obwohl mir Schlimmes schwant, noch ehe Ihr angefangen habt! Ich erkläre Euch von vorneherein, Ihr seid entweder ein Stuart oder von einem Stuart geschickt. 'S ist ein guter Name und obendrein einer, den zu schmähen meines Vaters Sohn schlecht ansteht. Doch mich gruselt's schon, wenn ich ihn nennen höre.«

      »Mein Name ist Balfour,« sagte ich, »David Balfour von Shaw. Und was den, der mich sandte, betrifft, so will ich seinen Ausweis für mich reden lassen.« Und ich zeigte ihm den silbernen Knopf.

      »Steckt ihn in die Tasche, Sir!« rief er. »Ihr braucht keinen Namen zu nennen. Der Satanskerl von einem Querkopf, ich kenne seinen Knopf! Der Teufel hol ihn! Wo steckt er jetzt?«

      Ich sagte ihm, ich wüßte nicht, wo Alan sich aufhielte, aber er hätte irgendwo am Nordufer ein Versteck, in dem er sicher wäre (oder sicher zu sein glaube), und wo er bleiben wolle, bis man ihm ein Schiff ausfindig gemacht hätte. Und dann wiederholte ich seine Anweisungen, wo und wie man mit ihm sprechen könnte. »Ich war immer schon überzeugt, daß ich für meine Familie einmal baumeln würde,« rief Mr. Stuart, »und bei Gott, ich glaube, jetzt sind wir so weit! Ihm ein Schiff ausfindig machen, sagt er? Und wer soll dafür bezahlen? Der Bursche ist toll!«

      »Das ist meine Sache, Mr. Stuart«, antwortete ich. »Hier ist ein Beutel Geld, und wenn mehr gebraucht wird, ist dort, wo dieses herkommt, mehr zu haben.«

      »Nach Eurer Partei brauche ich nicht erst zu fragen«, meinte er. »Das braucht Ihr nicht,« sagte ich lächelnd, »denn ich bin ein so guter Whig, wie Ihr nur einen finden könnt.«

      »Sachte, sachte«, versetzte Mr. Stuart. »Was soll das heißen? Ein Whig? Weshalb seid Ihr dann mit Alans Knopf zu mir gekommen? Und was für einen Teufelshandel treibt Ihr hier, Mr. Whig? Da ist ein landflüchtiger Rebell und angeklagter Mörder mit einem Preis von 200 Pfund auf seinen Kopf, und Ihr verlangt von mir, daß ich mich in seine Angelegenheiten mische, und erzählt mir dann, Ihr wäret ein Whig? Ich will nichts wissen von solchen Whigs, obwohl mir schon genug dergleichen über den Weg gelaufen sind.« »Der Mann ist zwar ein landflüchtiger Rebell, – leider –,« sagte ich, »aber er ist mein Freund. Ich wünsche nur, daß er besser beraten wäre. Und auch des Mordes ist er zu seinem Unglück angeklagt; aber zu Unrecht angeklagt.« »Ihr behauptet es wenigstens«, war Stuarts Entgegnung.

      »Ihr werdet mich gleich noch mehr behaupten hören«, rief ich. »Alan Breck ist unschuldig und James gleichfalls.« »Ah!« sagte er, »die beiden Fälle hängen zusammen. Steckt Alan drin, kann James nicht draußen sein.« Hierauf erzählte ich ihm in aller Kürze von meiner Bekanntschaft mit Alan und von dem unglücklichen Zufall, der mich zum Zeugen des Appiner Mordes machte, von den verschiedenen Stationen unserer Flucht durch die Heide und von der Rückgewinnung meines Vermögens. »Und nun, Sir, wißt Ihr die ganze Folge der Ereignisse«, schloß ich, »und könnt selber sehen, wie es kommt, daß ich so tief in Eurer Verwandten und Freunde Angelegenheiten verstrickt bin, von denen ich (zu unser aller Wohl) wünschte, sie wären einfacher und weniger blutig. Ihr seht selbst, daß ich gewisse Dinge zu erledigen habe, die ich kaum dem ersten besten Anwalt vorlegen konnte. Nun bleibt nur noch übrig, Euch zu fragen, ob Ihr Euch meiner Sache annehmen wollt?« »Ich habe nicht sonderlich viel Luft dazu; da Ihr aber mit Alans Knopf zu mir kommt, bleibt mir wohl keine Wahl«, sagte er. »Welches sind Eure Instruktionen?« fügte er, nach der Feder greifend, hinzu. »Das Wichtigste ist, Alan aus dem Lande zu schmuggeln,« sagte ich, »aber das brauche ich wohl nicht zu wiederholen.«

      »Ich werde es schwerlich vergessen«, meinte Stuart. »Das Nächste betrifft das bißchen Geld, das ich Cluny schulde«, fuhr ich fort. »Es würde mir schwerfallen, Mittel und Wege zu finden, es ihm zu übermitteln, doch Euch müßte es ein leichtes sein. Es waren zwei Pfund, fünf Shilling und anderthalb Pence Sterling.« Er notierte sich die Summe. »Dann«, sagte ich, »ist da ein Mr. Henderland, ein konzessionierter Prediger und Missionar in Ardgour, dem ich recht gerne ein wenig Schnupftabak zuwenden würde; und da ich vermute, daß Ihr mit Euren Freunden in Appin in Verbindung steht und Appin doch dicht dabei liegt, ist das ein Geschäft, das Ihr zweifellos mit dem anderen übernehmen könnt.« »Wieviel Tabak soll es sein?« fragte er.

      »So an die zwei Pfund, dachte ich.«

      »Zwei«, wiederholte er. »Dann ist da noch ein Mädel, Alison Hastie zu Limekilnes,« sagte ich, »dieselbe, die mir und Alan den Übergang über den Forth ermöglichte. Ich hatte gedacht, ihr ein gutes Sonntagsgewand zu kaufen, wie sie es in ihrem Stande in Ehren tragen könnte. Das würde mein Gewissen erleichtern, denn, um die Wahrheit zu sagen, schulden wir ihr unser Leben.« »Ich freue mich, zu sehen, daß Ihr sparsam seid, Mr. Balfour«, sagte er, es sich notierend.

      »Ich


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