Lügen mit langen Beinen. Prodosh Aich

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Lügen mit langen Beinen - Prodosh Aich


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hat. In seiner veröffentlichten Biographie finden wir keinen Hinweis auf seine Sanskritkenntnisse. Mit diesem Hintergrundwissen erscheinen uns die nächsten drei Sätze in unserem beispielhaften Absatz in einem anderen Licht.

      „Meist folgte man (warum ‚folgte man‘?) in der Datierung der vedischen Texte jedoch dem berühmten deutschen Indologen Max Müller, der im späten 19. Jahrhundert in Cambridge lehrte (War er berühmt, weil er als Deutscher im Cambridge lehrte, oder lehrte er in Cambridge, weil er berühmt war? Wurde er ‚Leithammel‘, weil er berühmt war, oder wurde er berühmt, weil er zum ‚Leithammel‘ aufgestiegen war? Wir hätten stattdessen lieber gewußt, wie dieser Indologe die Datierung der Veden begründet hat. Leider Fehlanzeige. Außerdem hat es nie einen ‚deutschen Indologen Max Müller in Cambridge gegeben.). Von der Lebenszeit des Buddha um 500 v.Chr. ausgehend, datierte er die Entstehung der Upanishaden, deren Philosophie ohne Zweifel der Zeit vor Buddhas Wirken entstammte, in die Jahrhunderte von 800 bis 600 v. Chr.. Ihnen gingen die Brahmana– und Mantra–Texte in den Jahrhunderten von 1000 bis 800 bzw. von 1200 bis 1000 v. Chr. voran (Sind das Begründungen? Uns wird unterschoben, daß der berühmte deutsche Indologe Max Müller diese Texte meisterhaft lesen und beurteilen konnte, und daß aus diesen Texten hervorginge, wann die einzelnen Texte entstanden sind. Dem ist nicht so. Wir werden auf Friedrich Maximilian Müller, so heißt der „Max Müller“, auf seine Sanskritkenntnisse im besonderen und auf die Indologen im allgemeinen noch zurückkommen. Aber lesen wir weiter).

      Heute datiert man (einfach so?) den ältesten vedischen Text, den Rigveda, in die Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. Da die Veden sehr bald nach ihrer Entstehung (was war davor?) als göttliche Offenbarung (Ist eine ‚göttliche Offenbarung‘ nicht immer an die Person gebunden? Wem wurde der Rigveda offenbart und von welchem Gott?) nicht mehr verändert werden durften und in einer für unsere heutige Zeit unfaßbar genauen Weise (welche Meßlatte gibt es hierfür?) in Priesterfamilien (‚Priesterfamilien‘?) mündlich überliefert wurden, können sie nun, nachdem ihre Datierung zumindest in bestimmten Jahrhunderten als gesichert angesehen werden kann (sind das Begründungen?), als historische Quellen ersten Ranges für die Geschichte der vedischen Gesellschaft in Nordindien angesehen werden.“

      Wieso ‚Geschichte der vedischen Gesellschaft?Göttliche Offenbarunghistorische Quellen ersten Ranges‘ und ‚die Geschichte der vedischen Gesellschaft in Nordindien‘ begreifen wir auch nicht. Noch etwas ist uns bei diesem beispielhaften Absatz aufgefallen. Es wird mit positiv und negativ besetzten Adjektiven gearbeitet, wie: ‚lange Zeit‘, ‚westlichen Indologen‘, ‚heftig umstritten‘, ‚der berühmte indische Freheitskämpfer Bal Gangadhar Tilak‘, ‚der deutsche Indologe‘, ‚meist folgte man‘, ‚dem berühmten deutschen Indologen Max Müller. Wir lassen uns durch die Überlegung nicht ablenken, ob die Anwendung von Adjektiven bewußt geschieht. Wir wissen, daß häufig genug solche Scheinüberlegungen eingestreut werden, um uns von wesentlichen Fragen abzuhalten. Beispielsweise kennen wir alle Auseinandersetzungen um Abhörprotokolle und deren oft widerrechtliche Veröffentlichung in vielen Ländern. Meist geht der öffentliche Streit um die Rechtmäßigkeit des Bekanntwerdens. Die wesentliche Frage bleibt ausgeblendet: Was können eigentlich honorige Politiker ihren politischen Freunden, Gegnern und leitenden Beamten denn gesagt haben, was die demokratische Öffentlichkeit nicht erfahren darf? Ablenkung als moderne Manipulationstechnik.

      Wir entschuldigen uns an dieser Stelle für eine kleine Bosheit unserseits. Zu Beginn haben wir „arische Eroberer“ erwähnt. Später haben wir begonnen, „arische Eroberer bzw. Einwanderer“ zu erwähnen. Es sollte die Einstimmung für eine gemeinere Art von Manipulation durch die „Historiker“ sein. Der 2. Abschnitt in dem Buch Geschichte Indiens: von der Induskultur bis heute / Hermann Kulke; Dietmer Rothermund. – 2. Verbreitete und aktualisierte Auflage, Beck, München 1998; erste Auflage 1982“ ist betitelt: „Einwanderung und Seßhaftwerdung der Aryas“. Nun, „Einwanderung der Aryas“ ist ein Vorgang, der noch im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts „Eroberung durch die Arier“ geheißen hat. Durch die Tücke der unterschiedlichen Fachdisziplinen der „modernen Wissenschaft“ sind die „Historiker“ und Indologen mit den Archäologen in mehr als einen Datierungskonflikt geraten. Die archäologischen Funde widerlegen die Eroberungstheorie insofern, als jene kaputten Trophäen als Beleg für die Niederlage der „Draviden“, leider schon kaputt gewesen sind, bevor die „Arier“ in der zentralasiatischen Steppe ihre „Bevölkerungsexplosion“ erleben und sich auf den Weg über den Hindukush, den einzigen Paß durch das Himalaja–Massiv gemacht haben sollen.

      Damit müßten eigentlich nicht nur die Theorie der „arischen Eroberung“, sondern auch jene Theorie über Indien als ein Land von zwei Rassen zusammengefallen sein. Wenn nicht: ‚meist folgte man der‘ Wendefähigkeit der „Historiker“ und Indologen. Wenn nicht Eroberung, dann doch Einwanderung! Denn nur so kann der Fall der Theorie der überlegenen „arischen Rasse“ abgewendet werden. Sie sind nicht nur im Bauch schon immer von der eigenen Überlegenheit überzeugt. Es ist nicht auszudenken, was mit dem Fall der „arischen Rasse“ alles noch hinfällig werden könnte. Schöne Märchen! Aber wissenschaftlich verbrämt!

      Außerdem wissen diese Meinungsmacher genau, wie tief das rassische Bewußtsein in dieser blond-blauäugig-weiß-christlichen Kultur verwurzelt ist, die immer noch auf der Suche nach einem unschuldigen Namen ist. Sie sind sich dessen sicher, daß auch wenn sie wiederholt von „Einwanderung“ sprechen, sich diese in den Köpfen der Angehörigen dieser Kultur doch als „Eroberung“ abbildet. Ihre Selbstsicherheit kennt keine Grenze. Sie brauchen nicht einmal beim Schreiben besonders darauf zu achten, daß ihre innerste Überzeugung von der Überlegenheit der „Arier“, deren Nachfahren sie ja sind, sich nicht durch Fahrlässigkeit nach außen kehrt. So können wir bereits auf Seite 50 des 2. Abschnitts lesen: „Der Sieg der Indo–Aryas über die einheimische Bevölkerung scheint, wie im Falle anderer erobernder Völkerschaften im Vorderen Orient, wesentlich auf ihrem hochentwickelten, zweirädrigen Pferdestreitwagen (ratha) beruht zu haben. Ihre Speichenräder waren so wertvoll und empfindlich, daß die Wagen bisweilen auf Ochsenkarren verladen wurden, um sie bis zum Beginn der Schlacht zu schonen. Die Landnahme der Aryas scheint sich dennoch nur schrittweise und langsam vollzogen zu haben. Der Grund hierfür dürfte zwar auch in der Weite des Landes und in der großen Zahl seiner schwer passierbaren Flüsse gelegen haben.

      Schwerwiegender aber scheint der Widerstand der einheimischen Bevölkerung gewesen zu sein. Als dunkelhäutige Dasa oder Dasyu werden sie in den Texten immer wieder als die eigentlichen Widersacher der Eroberer genannt. Sie verteidigten sich auf befestigten Plätzen (purah, später = Stadt), die vornehmlich von mehreren Palisadenringen oder Wällen umgeben waren, oder sie zogen sich in die Berge in ihre Fliehburgen zurück. Zahlreiche Hymnen besingen den Gott Indra als den «Burgenbrecher» (purandara) und vom Somatrank berauschten Götterkönig der Aryas, der die Burgen stürmte und die Dasyu tötete.

      Abgesehen davon, daß sich die „Historiker“ und Indologen den archäologischen Befunden zum Trotz an der Rassenüberlegenheit der „Arier“ orientieren, fallen uns zwei andere, nicht weniger schwerwiegende Tatbestände auf. Es wird durch den Einwurf einfacher Sanskritwörter, der Eindruck erweckt, daß diese Wissenschaftler des vedischen Sanskrits mächtig seien. Ob dem so sein kann, werden wir noch untersuchen. Wir werden systematisch nachspüren, wie Sanskrit und das vedische Sanskrit oder das, was dafür ausgegeben wird, nach Europa gekommen ist.

      Der zweite Aspekt ist noch deprimierender. ‚Schwerwiegender aber scheint der Widerstand der einheimischen Bevölkerung gewesen zu sein. Als dunkelhäutige Dasa oder Dasyu werden sie in den Texten immer wieder als die eigentlichen Widersacher der Eroberer genannt.‘ Wir haben schon erwähnt, daß nach der Darstellung dieser Historiker und Indologen die „Arier“ groß, stark, hellhäutig, hellhaarig, blau– bzw. grauäugig gewesen sein sollen. Weil auch heute die äußeren Körpermerkmale positiv bewertet werden und diese Bewertung den Angehörigen dieser Kultur in Fleisch und Blut eingedrungen ist, werden wir ebenfalls nachspüren, seit wann Körpermerkmale für die Unterscheidung von Menschen überhaupt herangezogen werden und wo diese Unterscheidung


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