Kowalskis Mörder. Ole R. Börgdahl

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Kowalskis Mörder - Ole R. Börgdahl


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wollen Sie das wissen?«, entgegnete Thomas.

      »Erfahrung, das sähe anders aus. Erstmal ist nicht zu erkennen, dass der Wagen überhaupt aufgebrochen wurde. Und wenn, dann muss es bei den Jungs immer schnell gehen. Die klappen die Rückbank um, die gehen nicht über die Heckklappe nach hinten, wenn die schon im Wagen drin sind. Und dann hätten die die ganze Tasche mitgenommen und den Inhalt später ausgekippt und nur das geklaut, was von Wert ist. Der Wagen ist unberührt. Die Halterin hat nur vergessen abzuschließen ...«

      »Und was ist mit dem Handschuhfach, das stand doch offen?«

      »Das mache ich auch immer so, um zu zeigen, dass bei mir nichts zu holen ist.« Der Uniformierte zuckte mit den Schultern. »Vielleicht ist das auch der Grund, warum sie gar nicht erst abgeschlossen hat, bevor sie der Versicherung noch eine aufgebrochene Autotür melden muss und am Ende vermutlich doch auf dem Schaden sitzenbleibt. Hier in der Gegend ist das ganz clever, wenn man nicht zu viel abschließt und richtige Wertsachen sollte man ja ohnehin nicht im Auto lassen.«

      Thomas überlegte und nickte dann. »Vielleicht haben sie damit recht. Sie hat nämlich bei einer Freundin übernachtet.« Thomas deutete zu dem Wohnhaus. »Sie hatte wahrscheinlich einen kleinen Koffer oder eine Tasche dabei, hat die Wertsachen aus der Handtasche umgepackt und hinterher tatsächlich vergessen ihren Wagen abzuschließen.«

      Der Uniformierte schaute Thomas merkwürdig an. »Ist die Dame denn verschwunden?«

      »So kann man das nicht sagen.« Thomas überlegte und entschied sich Mareks Version zu verwenden, warum sie nach Kerstin und ihrer Freundin Steffanie Hartfeld fahnden ließen. »Frau Dr. Sander ist Ärztin und in einer medizinischen Angelegenheit, die keinen Aufschub bedarf, wünscht man offenbar ihre fachliche Meinung. Leider konnte niemand sie bisher telefonisch oder sonst wie erreichen und so ...«

      »Das haben wir oft, dass wir dringend nach irgendwelchen Personen suchen müssen«, unterbrach der Polizist Thomas kopfschüttelnd. »Und hinterher ist es dann doch nicht so wichtig. Die Leute sind am Wochenende gerne ungestört, warum lässt man sie nicht in Ruhe.«

      »In diesem Fall möchten wir Frau Dr. Sander aber gerne finden.«

      »Schon gut«, sagte der Streifenpolizist schnell. »Wir sind ja an der Sache dran, keine Bange. Was ist denn jetzt mit dem Koffer oder der Tasche. Sie kommen doch von oben, gibt es da keinen Hinweis, wo sich die Dame aufhält? Haben Sie ihr Gepäck denn in der Wohnung nicht gefunden?«

      »Guter Hinweis«, antwortete Thomas. »So wie es aussieht werde ich wohl noch einmal nachsehen müssen.«

      *

      Marek sah sich auf der Zuschauertribüne der Schwimmhalle in der Finckensteinallee um. Hinter der Frühstücksgesellschaft, am anderen Ende der Tribüne gab es einen weiteren Ausgang. Er überlegte kurz, ging dann am Geländer entlang. Er musste ein paar Stufen hochsteigen, um an dem einladend gedeckten Tisch vorbei zu kommen. Es roch herrlich nach frischem Kaffee. Es machte Klack, als jemand ein Marmeladenglas öffnete. Marek sah sich nach dem Geräusch um. Eine Frau mit einem altmodischen Pagenkopf lächelte ihn an.

      »Na, junger Mann, mögen Sie etwas selbstgemachte Quittenkonfitüre. Sie sehen so hungrig aus. Ein oder zwei Brötchen haben wir für solche Fälle immer übrig.«

      Zwei andere Damen lachten und zogen gemeinsam einen der Stühle vor. Marek schüttelte den Kopf.

      »Ich sehe nicht nur hungrig aus, ich bin es auch.« Er überlegte kurz. »Aber leider keine Zeit. Ich bin verabredet. Wo geht es denn dort eigentlich hin?« Er deutete zu der Tür am anderen Ende der Tribüne.

      »Immer haben die jungen Leute keine Zeit.« Die Frau mit dem Pagenkopf und der selbstgemachten Konfitüre schüttelte den Kopf.

      »Da können Sie nur hin, wenn Sie Badehose, Latschen und Handtuch dabei haben«, sagte eine andere Dame. »Da geht es zur Umkleide.«

      »Danke, ich will nur kurz nachsehen, ob mein Bekannter dort ist«, sagte Marek und schob den angebotenen Stuhl wieder an den Frühstückstisch.

      Er nickte den Damen noch einmal zu und strebte der Glastür entgegen. Jemand aus der Frühstücksgesellschaft rief ihm noch etwas hinterher, das er erst verstand, als er die Tür erreichte und feststellte, dass sie sich von der Tribünenseite aus nicht öffnen ließ. Es gab bestimmt einen Schlüssel. Marek wollte schon zurück gehen, als er hinter dem Glas der Tür eine Bewegung wahrnahm. Einen Augenblick später trat ihm der Rentner entgegen, der mit Harald Prossmann gesprochen hatte und immer noch seinen weißen Bademantel trug. Er zog die Tür ganz auf, schlüpfte an Marek vorbei und hielt ihm mit einem freundlichen Nicken die Tür geöffnet.

      »Danke!«, sagte Marek.

      Der Mann grinste. »Sie gehören doch bestimmt zu Prossmanns Aufpassern? Ich habe wohl gemerkt, dass Sie mich die ganze Zeit im Auge hatten, genauso wie die Frostbeule, die im Wasser gelauert hat.« Der Rentner lachte jetzt.

      Marek klopfte ihm auf die Schulter. »Gut erkannt. Wir rufen Sie sofort an, wenn mein Kollege und ich mal freinehmen wollen. Sie verstehen sich ja ganz gut mit unserem Boss.«

      Der Rentner lachte noch einmal heftig auf und musste danach seinen Bademantel neu schnüren. »Ja, junger Mann, so machen wir’s.«

      Marek trat durch die Tür und ließ sie hinter sich zufallen. Er sah eine Metalltreppe hinunter, die vor einer weiteren Tür mit Glasausschnitt endete. Unten war nur ein schwacher Lichtschein zu sehen. Marek ging die Treppe zügig nach unten. Zum Glück war die zweite Tür nicht verschlossen und führte auf einen kurzen Gang der am Ende in einen zweiten, querverlaufenden Flur mündete. Es roch wieder stärker nach gechlortem Wasser. An der gefliesten Wand vor ihm deutete ein Schild zu den Umkleidekabinen. Rechts ging es zu den Männern.

      Marek überlegte nicht lange und schlug diesen Weg ein. Die Geräusche aus der Schwimmhalle wurden lauter. Auf der linken Seite des gekachelten Flurs befand sich eine zweiflüglige Glastür, die in den Badebereich führte. Harald Prossmann verschnaufte gerade am Ende seiner Schwimmbahn, wartete allerdings nur auf den Anschlag von Kai, um sich sofort wieder vom Beckenrand abzustoßen. Mareks Blick wanderte durch die Schwimmhalle. Sonst war niemand mehr dort. Der Überstand der Zuschauertribüne verhinderte, dass er die Frühstücksrentner sehen konnte, dafür war ein gedämpftes Stimmengewirr und Lachen zu hören.

      Marek ging den Flur wieder ein paar Meter zurück. Ein Wegweiser neben einer metallbeschlagenen Tür markierte den Zugang zu der Herrenumkleidekabine und zeigte auch noch einmal die Richtung zu der Damenumkleide an und zum Treppenaufgang, der zur Zuschauertribüne führte. Marek schaute auf seine Armbanduhr. Es war fünf nach halb neun. Dann betrat er den Raum, in dem das Licht eingeschaltet war. In der Mitte der Umkleidekabine teilte eine lange Bank den Raum. Rechts und links an den Wänden davor befanden sich die deckenhohen Schließfachschränke. Die Schranktüren im vorderen Bereich waren alle matt weiß lackiert und mit einem einfachen Schloss versehen. In fast allen Türen steckten die Pfandschlüssel mit ihren roten Handgelenkriemen.

      Marek nahm sich zunächst die rechte Seite der Umkleidekabine vor. Er zählte zwei verschlossene Spinde bis die Reihe durch eine von innen mit Wasserdampf beschlagene Glastür unterbrochen wurde. Marek kontrollierte die Reihe zu Ende, kehrte dann zu der Glastür zurück und stieß sie auf. In dem gefliesten Raum dahinter befanden sich die Duschen. Die feuchte Luft roch nach parfümiertem Duschgel. Marek zählte fünfzehn Brausen, die U-förmig an den Wänden des Raumes angeordnet waren. Auf der linken Seite gab es sogar geschlossene Duschkabinen, die nur nach vorne offen waren.

      Marek machte zwei Schritte in den Raum hinein. Der geflieste Boden war feucht. Seine Schuhe hinterließen Abdrücke, so dass er die Duschen mit einem großen Schritt rückwärts wieder verließ. Er sah sich weiter in der Umkleidekabine um. Auf der Bank in der Mitte lagen zwei Fahrradspangen aus Metall. Marek bückte sich und sah auch unter der langen Sitzfläche nach. Außer einem noch gefalteten Papiertaschentuch fand sich hier nichts.

      Dann nahm er sich die linke Seite der Umkleidekabine vor. Er kam an insgesamt vier verschlossenen Schränken vorbei. Am Ende der Reihe und auch nur auf der linken Seite, gab es insgesamt acht breitere Schränke


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