Kowalskis Mörder. Ole R. Börgdahl
Читать онлайн книгу.uns, sondern an mich, es ist ja schließlich meine Freundin«, sagte Marek eindringlich.
»Gut, aber du hast mich da reingezogen. Du hast mich schließlich angerufen.« Thomas stutzte. »Durftest du das überhaupt?«
»Wenn nicht, ist es nicht meine Schuld«, sagte Marek. »Die haben nämlich den üblichen Satz vergessen, dass ich die Polizei nicht einschalten und zu niemandem über die Sache reden darf.«
»Gut, dann werden die es dir sagen, wenn es doch ein Fehler war, mich einzuschalten«, entgegnete Thomas.
»Aber was soll ich denn jetzt unternehmen«, sagte Marek fast flehentlich. »Soll ich diesen Harald Prossmann in meine Gewalt bringen und ihn gegen Kerstin austauschen?«
Thomas seufzte, dann erstarrten beide, als der Festnetzapparat zu klingeln begann. Marek griff nach dem Telefon und nahm das Gespräch an. Es dauerte keine Minute. Er nickte mehrmals und bedankte sich schließlich.
»Was ist, waren sie das?«, fragte Thomas sofort.
Marek antwortete nicht gleich, sondern lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
»Es war das Revier in Köpenick. Die haben nicht viel gemacht. Die haben unten geklingelt, aber es hat niemand geöffnet. Sie konnten nicht ins Haus rein. Außen haben sie sich dann nur noch die Fenster angesehen. Die Gardinen waren zugezogen, alles ganz normal ...«
»Und haben die auch durch die Fenster geschaut?«, warf Thomas ein.
»Ging nicht, Steffanie Hartfeld wohnt im vierten Stock.«
»Kein Licht nichts?«, fragte Thomas.
Marek zuckte mit den Schultern.
»Hausdurchsuchung, die sollen sich vom Hausmeister oder so die Wohnungstür öffnen lassen.«
»Das geht doch nicht«, sagte Marek. »Die haben geklingelt, die haben geschaut. Es war niemand da, fertig.«
»Und das heißt was?« Thomas schüttelte den Kopf.
»Das heißt noch gar nichts«, antwortete Marek.
»Das glaubst du doch selbst nicht. Ruf noch mal auf dem Revier an, die sollen das volle Programm fahren. Sag einfach, Gefahr in Verzug.«
»Gefahr in Verzug«, wiederholte Marek und ihm wurde jetzt wieder bewusst, dass hinter den ominösen Nachrichten mehr stecken konnte.
Thomas nahm ihm das Telefon aus der Hand und begann eine Nummer einzutippen. Er ließ es klingeln, stellte den Lautsprecher ein. Das Freizeichen ertönte dreimal.
»LKA Fahndung, Sie sind mit der Zentrale verbunden«, meldete sich eine Beamtin.
Thomas autorisierte sich kurz. »Ich möchte bitte einen roten Opel Astra Kombi Typ K zur Fahndung ausschreiben. Die Halterin ist Frau Dr. med. Kerstin Sander. Es geht nur darum, festzustellen, wo sich das Fahrzeug derzeit befindet. Falls die Kollegen Frau Dr. Sander an ihrem KFZ antreffen, bitte ich um Kontaktaufnahme.«
»Sander, Kerstin, Dr. med.«, wiederholte die Beamtin. »Haben Sie auch das Kennzeichen des Fahrzeugs?«
Marek nannte ihm das Kennzeichen von Kerstins Opel, das Thomas an die Beamtin weitergab.
»Könnten Sie bitte auch gleich feststellen, ob auf eine Frau Steffanie Hartfeld ebenfalls ein KFZ zugelassen ist?«
»Einen Moment bitte.« Ein leises Tastaturtippen war zu hören. »Hartfeld, Steffanie, wohnhaft im Bezirk Köpenick, Kladden Straße 27.« Die Beamtin nannte auch noch das Geburtsdatum von Steffanie Hartfeld. Marek nickte.
»Kladden Straße, ja, das ist sie«, bestätigte Thomas der Kollegin. »Um was für ein Fahrzeug handelt es sich?«
»Ebenfalls ein Opel Astra, Typ K, aber in weiß. Und dieser Wagen soll auch zur Fahndung ausgeschrieben werden?«
»Ja, bitte. Es geht mir wie gesagt nur um den derzeitigen Standort der Fahrzeuge.« Bevor Thomas auflegte, gab er noch seine Handynummer an die Beamtin des Fahndungsdezernats weiter.
»Und jetzt müssen wir uns noch um die Wohnungsdurchsuchung kümmern«, sagte Thomas, nachdem er aufgelegt hatte. »Was machen wir also?«
»Du hast es doch selbst vorgeschlagen«, antwortete Marek. »Wir fahren da jetzt sofort hin.«
Marek war schon aufgesprungen, als sein Smartphone mit einem Signalton den Eingang einer neuen Nachricht ankündigte. Er verharrte in der Bewegung. Auf dem Display des Telefons leuchtete das Symbol der HIKE-App auf.
*
»Da hast du deine Antwort«, sagte Thomas und öffnete die PDF-Datei, die an der jüngsten HIKE-Nachricht angehängt war.
»Wenn ich tue, was die wollen ...« Marek atmete tief ein und schüttelte dann den Kopf. »Verdammt, das kann ich doch nicht machen, wie soll ich an diesen Prossmann herankommen. Ich kann doch nicht einfach so zu dem Team der Personenschützer stoßen. Die müssen doch von oben eine offizielle Mitteilung bekommen, sonst geht da gar nichts.«
Thomas scrollte auf Mareks Smartphone. »Die haben Prossmanns Tagesablauf mitgeschickt. Ein ganz schön voller Terminkalender und das auf einem Sonntag. Und hier sind sogar die Namen seiner Bodyguards, eine Sicherungsgruppe des BKA. Das sind Zweierteams. Ach, schau an, den Einsatzleiter kenne ich sogar, das ist doch der Kai, Kriminaloberkommissar Kai Bokel.«
Marek blickte auf.
»Kai Bokel hat die Tagschicht«, fuhr Thomas fort, »zusammen mit KK Lutz Hohenbach. Den kenne ich allerdings nicht.«
»Was soll ich jetzt machen?«, fragte Marek. »Und woher haben die überhaupt diese ganzen Informationen?«
Thomas überlegte. »Entweder ist das immer noch ein riesen Fake, oder die sind wirklich mächtig. Du musst da mitspielen, es sei denn Kerstin meldet sich in den nächsten zehn Minuten, oder die Fahndung findet sie.«
Marek nahm Thomas das Smartphone aus der Hand und wählte Kerstins Nummer aus dem Telefonspeicher. Er wartete einige Sekunden. »Verdammt!«, rief er und schleuderte das Telefon auf den Sitz des Bürostuhls. Marek sah Thomas an. »Wieso zehn Minuten?«
Thomas deutete auf das Smartphone. »Prossmann hat seinen ersten Termin um Viertel nach acht. Wenn du dabei sein willst, musst du dich bei Kai Bokel melden.«
»Und wenn er meine Mitarbeit ablehnt?«
»Du musst es probieren. Sie werden es wissen, wenn du nichts unternommen hast.«
»Und wie komme ich an diesen Kai Bokel heran?«
Thomas erhob sich und nahm Mareks Smartphone von der Sitzfläche des Bürostuhls. »Die wissen alles«, sagte er und scrollte wieder in dem PDF-Dokument aus der letzten HIKE-Nachricht. Er hielt Marek das Telefon schließlich hin. »Ruf ihn einfach an. Die haben seine Nummer ja gleich mitgeliefert. Die haben wirklich an alles gedacht.«
»Moment, und was mache ich, wenn er mich nicht nimmt?«, fragte Marek. »Ich muss in jedem Fall nach Köpenick, egal ob die Fahndung Kerstin findet oder nicht. Und wenn sie nur ihr Auto finden, muss ich erst recht hin.«
»Du hast einen klaren Auftrag«, rief Thomas. »Du musst dich bei Kai Bokel melden und du musst an Prossmann herankommen ...«
»Um dabei zu helfen, ihn zu entführen oder zu ermorden oder was immer die von mir verlangen?« Marek schüttelte den Kopf.
»Nein, du hast es doch selbst in der Hand. Du spielst deren Spiel mit und am Ende sorgst du dafür, dass Prossmann nichts passiert. Das kannst du allerdings erst machen, wenn wir wissen, was mit Kerstin los ist, oder wenn sie eindeutig in Sicherheit ist.« Thomas machte eine Pause. »Pass auf, ich werde mich darum kümmern. Ich fahre nach Köpenick. Ich bringe Kerstin in Sicherheit, wenn das nötig ist. Du spielst das Spiel mit. Nimm jetzt das Telefon und rufe Kai Bokel an.«
Marek setzte sich an den Schreibtisch, nahm Zettel und Bleistift zur Hand und schrieb die Telefonnummer zunächst aus dem PDF-Dokument auf das Papier. Dann tippte er die Nummer