Montag oder Die Reise nach innen. Peter Schmidt

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Montag oder Die Reise nach innen - Peter Schmidt


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sich durch Meditation entwickelt, wird auf leichte, natürliche Weise eine Trennung, eine Absonderung des Selbst vorgenommen.

      Was bedeutet hier Trennung? Es ist kein Verlust, sondern so etwas wie eine Gegenüberstellung, keine Flucht, sondern das Gegenteil von Verdrängung. Wo sonst nur eines war, sind jetzt zwei.

      Da du das Mantra in der Meditation nicht nur einfach wiederholst, sondern ihm auch seine jeweils eigene Form zubilligst, entsteht eine Distanzierung zum Objekt deiner Aufmerksamkeit – so wie sich dann im Alltag ein Heraustreten aus dem Gefühl und Gedanken entwickelt, denn die Struktur ist dieselbe.

      Die winzige Kontrollinstanz, die zulässt, was passiert, schafft eine neue Qualität! Sie organisiert das Bewusstsein um und gelangt in immer feinere Bereiche des Fühlens und Denkens. Du versinkst nicht im Mantra, löst dich nicht in ihm auf, um zu ‘vergessen’. Das wäre ein Missverständnis. Denn versinkst du nur in ihm, wirst du eins mit ihm, kann sich das Selbst als Gegenüber nicht herausbilden.

      Weil dieses Gegenüber von Subjekt, also dem Selbst, und Objekt, dem Mantra – oder auch Gedanken und Gefühlen wie zum Beispiel einer Angst oder einem beliebigen anderen Problem –, angenehm ist, versucht das Bewusstsein nach und nach, den beglückenderen Zustand der Distanzierung und Befreiung in den Alltag zu übertragen, und zwar auf natürliche Weise, ohne Vorsatz und Anstrengung. Genauso, wie wir auch in der Meditation nichts anstreben, außer ein paar einfache mentale Regeln zu praktizieren. Nämlich das Loslassen, das Zulassen, die unkonzentrative Zuwendung zu einem geeigneten Objekt.

      Wir streben also keine bestimmte Verfassung des Bewusstseins an, wie sie durch diese Erklärungen beschrieben wird. Wir wissen von ihr, mag sein, aber wir messen das Ergebnis unseres Meditationsprozesses nicht daran.

      Und das Bewusstsein entdeckt dabei, dass dieser Zustand nicht nur angenehmer, sondern auch intelligenter, erfolgreicher und kreativer ist. Er ist friedlicher, weniger gewalttätig, toleranter, mitfühlender.

      Es ist wichtig, die ungeheure Kraft des Prozesses zu verstehen.

      Wenn wir kein intellektuelles Verständnis dieser Entwicklung oder keine Erinnerung mehr daran besitzen, wird unsere Entdeckung wieder verloren gehen. Desensibilisierung ist nicht nur, wie manche Psychologen glauben, eine Gewöhnung an immer größere Portionen von Angst oder eine Koppelung von Entspannung und Problem, sondern es gelingt uns, dieses Gegenüber von Selbst und Angst, ja von jeder Art negativer Emotion, zuzulassen, wann immer es erforderlich ist – das Kennzeichen eines hochentwickelten Bewusstseins!«

      Ich glaube, ich muss ziemlich überrascht ausgesehen haben nach Montags Erklärung. Schließlich hatte er mir lediglich ein einfaches Wort und ein paar Regeln zu seinem Gebrauch genannt. Und das sollte solche Wirkung haben?

      »Es handelt sich erst um einen winzigen Teil der Wirkungen, über die wir noch reden werden«, erklärte er lächelnd, als könne er meine Gedanken lesen. »Die Spitze des Eisbergs. Desensibilisierung ist dabei eher ein Nebeneffekt.«

      Er ging nach nebenan und kehrte mit einem Tablett zurück, auf dem eine Teekanne und zwei Tassen standen. Im Raum begann sich der feine Geruch von Apfeltee auszubreiten.

      »Wir haben noch etwas Zeit, bevor wir mit dem ersten Versuch beginnen. Gibt es irgendwelche Fragen?«

      »Sie sagten, Desensibilisierung sei nur ein Nebeneffekt. Worauf zielt die Technik ab?«

      »Auf Entwicklung, auf eine allmähliche Entwicklung des Bewusstseins. Sie betrifft alle Bereiche: Körper, Geist und Seele. Wenn sie genügend weit fortgeschritten ist, kann ein Phasensprung eintreten.

      Aber schon lange vorher wird sich deine Konzentration verbessern, wirst du dich mehr und mehr in deiner Mitte befinden, anstatt zerstreut zu sein. Deine Unterscheidungsfähigkeit für Gedanken und Gefühle, deine Kreativität und Intelligenz, deine Fähigkeit zu Entspannung und tiefer Ruhe nehmen zu. Auf diese Weise vergrößert sich auch deine innere Freiheit. Der bindende Einfluss der Gedanken, die Verhaftung an Gefühle und vermeintlich objektive Bewertungen nehmen ab. Aus dem vorbewussten Gedankenprozess wird bewusste Wahl.«

      Er schwieg wieder und sah mich nachdenklich an.

      »Das ist ziemlich überraschend, nicht wahr? Wir haben große Fertigkeiten entwickelt, die äußere Welt zu beherrschen. Wir fliegen zum Mond, spalten Atome und entschlüsseln die DNS, aber im Innern sind wir immer noch wie unbeholfene Kinder.«

      »Mich überrascht vor allem, dass das alles durch ein einfaches Wort möglich sein soll«, sagte ich. »Obwohl es nicht einmal eine Bedeutung hat?«

      »Es klingt nach Wortmagie, nach Hokuspokus?«

      »Nein, Sie sagen ja, es beruhe nicht auf Einbildung. Aber worauf beruht es dann?«

      »Sobald du die Struktur des Meditationsprozesses verstanden hast, wirst du sehen, dass diese Struktur mit ihren Wirkungen identisch ist. Die Struktur ist identisch, hm?

      Die Regeln des Umgangs mit dem Mantra enthalten fast alles, was für seelische Gesundheit notwendig ist. Die anstrengungslose, zielstrebige innere Ausrichtung auf ein Objekt. Die Flexibilität, von Störungen abzusehen.

      Das Stehenlassen negativer Gefühle, ohne vor ihnen die Augen zu verschließen, die Nichtgebundenheit an positive Gefühle.

      Die Zentrierung auf das Selbst, die Anbindung an das eigene Kraftzentrum. Tiefe Entspannung.

      Die Verfeinerung der inneren Wahrnehmung. Das Bewusstwerden sonst nicht wahrgenommener Gefühle und Gedanken.

      Mach dir das alles klar! Dazu muss man über praktische Erfahrung verfügen. Leider ist nicht jeder intellektuell in der Lage, ohne fremde Hilfe den korrekten Ablauf des Prozesses zu analysieren und sich ein zutreffendes Bild zu machen. Das liegt auch an der Schwierigkeit, solche Vorgänge in Worte zu fassen. Obwohl sich alles vor deinem inneren Auge abspielt, mangelt es uns oft an Begriffen. Der passende Begriff, die Unterscheidung, die sich nicht von Konventionen und Spekulationen, sondern von den Dingen selbst leiten lässt, ist das Kennzeichen eines urteilsfähigen Geistes.

      Deshalb benötigen die meisten Menschen einen Lehrer. Aber auch das ist erst der Anfang. Der Lehrer kann nur Hilfestellung leisten. Meditation ist eine Leiter. Danach wirft man die Leiter weg, auf der man hinaufgestiegen ist, um über sie hinauszugelangen. Der vollständige Prozess ist die Realisierung seelischer Gesundheit und die Entwicklung unserer Möglichkeiten – und das heißt nicht mehr und nicht weniger als Einklang mit den Gesetzen des Lebens

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