Drei Musketiere - Eine verlorene Jugend im Krieg, Band 20. Frank Hille

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Drei Musketiere - Eine verlorene Jugend im Krieg, Band 20 - Frank Hille


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Haberkorn wusste, dass es keinen Sinn hatte, gegen die Festlegungen des Standortkommandanten zu handeln. Einen oder zwei Tage Reiseverzug musste er also einrechnen und er würde dann in der Schreibstube noch ein Telegramm nach Hamburg absetzen lassen, dass er sich verspäten würde. Wenn er daran dachte, wie lange er schon im Krieg war, kam es auf zwei Tage nicht an. Außerdem war gar nicht klar, ob die Zulieferer der Sektionen für den U-Boot-Bau ihre Aufgaben termingerecht erfüllt hatten und überhaupt montagefähige Schüsse vorhanden wären. Haberkorn beschloss also, sich für zwei Tage in Geduld zu üben und abzuschalten.

      Der Gefreite hatte ihn in das Hotel gebracht und Haberkorn war über den Zustand seines Zimmers nicht überrascht gewesen, der übliche billige und abgewohnte Standard. Nachdem er eine Weile vollkommen gedankenleer auf dem Bett gelegen hatte, hatte er auf seine Uhr gesehen: 15 Uhr. Es war viel zu zeitig, um hinunter ins Restaurant zu gehen. Er beschloss, sich im Ort etwas umzusehen und vielleicht doch irgendwo etwas zu trinken. Das Ritterkreuz ließ er im Zimmer, dann ging er los. Lamballe war ein typischer französischer Ort, mit den typischen Fassaden der Häuser, dem typischen langgezogenen und von Bäumen beschatteten Platz, wo Boule gespielt wurde, dem typischen Bistro mit Tischen und Stühlen auf dem Fußweg, zwei, drei kleinen Geschäften in den Seitenstraßen, den typischen verwaisten Gassen, der typischen Stille. Es war warm, und Haberkorn setzte sich auf einen wackligen Stuhl vor einem Bistro und bestellte Wasser und ein Glas Rotwein. Die Bedienung hatte kurz gestutzt, denn Haberkorn sprach ein perfektes Französisch mit bretonischem Akzent. Er blieb nicht lange sitzen und ging dann mehr zum Zeitvertreib durch den Ort. Wer hier geboren war kannte das Stadtquartier sicher bald in- und auswendig, fand vielleicht später eine Arbeit in der Landwirtschaft oder in den drei, vier Handwerksbetrieben. Das Leben hier bot nichts außer essen, schlafen, arbeiten, sich vermehren, sterben. Am scheinbaren Ende einer Gasse weitete sich der Weg zu einem Halbkreis, der von zwei knorrigen Bäumen mit dürrem Geäst gebildet wurde. Die Gasse indes führte nach links abbiegend weiter. Zwischen den Bäumen stand eine Bank auf der Haberkorn pausierte und eine Zigarette rauchte. Noch einen Tag würde er in diesem trostlosen Nest nicht aushalten, da konnte der Standortkommandant noch so den Teufel an die Wand malen. Haberkorn hatte sich zwar an die Anweisungen des Oberstleutnants halten wollen, aber dieser trostlose Flecken Erde hier trieb ihn weiter. Schließlich hatte er einen kriegswichtigen Auftrag zu erfüllen. Es war unwahrscheinlich, dass es keinen Verkehr von und nach der kleinen Ortschaft geben sollte. Er würde dem Concierge morgen nach dem Frühstück einen Schein in die Hand drücken, damit dieser geflissentlich sein Gepäck übersah und erklären, dass er nun den Ort besichtigen würde.

      Dann würde er an einer Ausfallstraße abwarten, was sich so ergeben würde.

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