Zeit der Drachen. Josef Hahn

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Zeit der Drachen - Josef Hahn


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Scheiss-Perser“, meldete der Befehlshaber der israelischen Grenztruppen am Golan seinem Oberkommando. „Es wurden mehrere unserer Stützpunkte entlang der Grenze angegriffen. Insgesamt waren es etwa 20 Geschosse. Die meisten davon konnten wir mit Iron Dome6 abfangen. Keine der Raketen hat ihr Ziel erreicht. Wir hatten keine Verluste.“

      „Dafür sollten wir Gott danken“, reagierte ein General im Oberkommando. „Wir vermuten die Al-Quds7 dahinter und ihren irren Kommandeur Soleimani. Trotzdem müssen wir diesen erneuten Angriff als sehr schwerwiegend ansehen. Bleiben Sie wachsam auf ihrem verantwortungsvollen Posten, Herr Major!“ Damit legte er auf. Es wäre allerhöchste Zeit, dachte sich der General, diesen fanatischen Kommandanten der Iraner durch den Mossad entsprechend „behandeln“ zu lassen. Er nahm sich vor, dies bei der nächsten Sitzung des Generalstabs vorzuschlagen. Inzwischen würde er wohl einen Gegenschlag befehlen müssen.

      Wenige Stunden später wurden Dutzende iranische Militärziele in Syrien angegriffen. Einrichtungen des Geheimdienstes, der Logistik, Militärposten, Lagerräume und Spähposten wurden getroffen. Auch das Gefährt, von dem aus die Raketen auf die Golanhöhen abgefeuert wurden. "Wir sind nicht an einer Eskalation interessiert, aber weitere Versuche, Israel zu attackieren, werden eine schwerwiegende Reaktion zur Folge haben." So die offizielle Verlautbarung der israelischen Regierung zu dem iranischen Angriff. Man ahnte immer noch nichts vom Alleinflug Goldbergs. Erst als dem Oberbefehlshaber der Air Force dies gemeldet wurde, wurde Goldbergs Aktion zur Staatsaffäre.

      Unabhängig davon protestierten der Iran, Russland, Rumpf-Syrien, China und Nordkorea gegen die, wie sie es nannten „zionistische Attacke gegen harmlose Zivilisten„ und präsentierten Fotos von angeblich getöteten Frauen und Kindern. Diese Fotos waren zwar ein Fake, aber ein Teil der araberfreundlichen Presse nahm sie um Anlass um die negative Stimmung gegen Israel zu verstärken. Die staatlichen Medien der protestierenden Länder taten dies ohnehin laufend. Der iranische Minister für das Nachrichtenwesen und die Staatssicherheit, ein Geistlicher, drohte in einer im Fernsehen übertragenen Rede mit massiver Vergeltung im Falle eines weiteren israelischen Angriffs. In so einem Fall würde sein Land zehnmal massiver zurückschlagen. Der Iran habe auch nicht die Absicht, seinen Einfluss im Nahen Osten zurückzunehmen und werde auch weiterhin die schiitischen Brüder im Jemen, in Syrien und weltweit unterstützen. Die Zionisten, das Krebsgeschwür Israel und auch die USA wären eben die Erzfeinde, die es zu bekämpfen und letztendlich zu vernichten gelte.

      Mittlerweile war Oberst Goldberg nur mehr wenige Kilometer von seinem gewählten Zielort entfernt. Jetzt erst informierte der Oberbefehlshaber der Luftwaffe den Verteidigungsminister. Ob dies Absicht oder bloße Nachlässigkeit gewesen war, wurde nie untersucht. Man darf aber davon ausgehen, dass Goldbergs Vorgesetzter, auch ein ausgewiesener Hardliner, seinem Vize die Möglichkeit verschafft hat, seine Mission auszuführen. Der Luftwaffenboss ahnte wohl, was Goldberg vorhatte.

      Der Verteidigungsminister wurde angesichts dieser Information blass und rannte zum Premierminister. „Ehud! Was Fürchterliches steht uns bevor. Oberst Goldberg hat eine F-16 gekapert, voll munitioniert und ist damit mit unbekanntem Ziel aufgestiegen.“

      „Wohin?“

      „Wir wissen es nicht. Vermutlich aber in den Iran. Wenn er irgendwo dort ein Blutbad anrichtet, hat das unabsehbare Konsequenzen! Ehud, was sollen wir tun?“

      Der Premier, nicht gerade als Mann schneller Entschlüsse bekannt, starrte ratlos vor sich hin. „Wie ist dieser Mann durch die Kontrollen gekommen? Warum hat ihn die Flugaufsicht nicht gemeldet? Ein schweres Versäumnis!“

      Der Minister zuckte hilflos mit den Achseln. „Ich habe keine Ahnung. Aber irgendwas muss doch jetzt unternommen werden, möglichst sofort!“

      Natürlich hätte der Premier die Iraner vorwarnen können, nur: es gab keine Verbindung zwischen den beiden Staaten. Direkt hatte man schon jahrelang nicht mehr kommuniziert. „Ich informiere die Russen und die Amerikaner“, entschied er. „Die können das an die Iraner weiterleiten. Wenn es ihnen genehm erscheint. Wenn nicht? Na ja, dann kommt der ohnehin absehbare Konflikt eben früher auf uns zu, als erwartet. Sicherheitshalber solltest du die Mobilmachung der Streitkräfte anordnen“.

      „Ja, das tue ich sofort.“ Der Verteidigungsminister eilte zurück in sein Amt und berief den kompletten Generalstab ein. Die Israelis verfügten inklusive der Reservisten über 790.000 Soldatinnen und Soldaten. Dazu die modernste Ausstattung inklusive Atomwaffen!

      Die Mobilmachung blieb den anderen Mächten natürlich nicht verborgen. Man machte sich so seine Gedanken…!

      In den USA hingegen freute man sich.

      ●●●

      Ghom

      Die Islamische Republik Iran, hat rund 75 Millionen Einwohner und eine Fläche von 1.648.195 Quadratkilometer. Die Kontrolle auf religiöse und ideologische Konformität durchdringt das Leben aller Bürger. Es gibt keine Presse- oder Meinungsfreiheit. Eine eigene Religionspolizei wurde direkt nach der Islamischen Revolution ins Leben gerufen.

      Auch arabische - sunnitische Länder sehen den Iran mit Argwohn. Dies liegt unter anderem im proklamierten Revolutionsexport (Schiitischer Islam) und dem allgemeinen Streben nach Einfluss in der Region begründet, welcher sich weltweit in der Finanzierung und militärischer Unterstützung von schiitischen Terrorgruppierungen äußert.

      Die goldene Kuppel ist das Wahrzeichen der ostiranischen Stadt Ghom. Sie gehört zum heiligen Schrein der Fatima, einem großen Komplex inmitten der Stadt. Dieser Schrein ist der zweitwichtigste Wallfahrtsort der Schiiten im Iran und mit seinen Schulen und Universitäten gleichzeitig religiöses Zentrum der Schia, einer der größten Konfessionen des Landes.

      Ghom ist auch die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Iran, hat über 1.300.000 Einwohner und ist eine der heiligsten Städte der Schia. Hier residiert und lehrt auch der schiitische Großajatollah. Das geistliche und weltliche Oberhaupt des Staates. Hier ist auch die bekannte Islamisch-Theologische Hochschule von Ghom ansässig, in der schiitische Geistliche aus dem ganzen Land ausgebildet werden. Einer der prominentesten Schüler der Hochschule war der Revolutionsführer Ayatollah Khomeini. Dass die Stadt Ghom nicht nur ein religiöses, sondern auch ein kulturelles Zentrum des Irans ist, zeigt die Marashi-Najafi-Bibliothek. Das mehrstöckige Gebäude ist seit 1974 öffentlich zugänglich. Auf 21.000 Quadratmetern lagern hier über 35.000 Manuskripte und 800.000 Bücher mit allgemein-islamischen und schiitischen Inhalten. Ein kleinerer Teil der Schriften beschäftigt sich mit naturwissenschaftlichen Themen wie Mathematik, Astronomie oder Medizin. Die Bibliothek verfügt über den größten Bestand an handschriftlichen Aufzeichnungen der Schia. Berühmt weit über die Grenzen des Landes hinaus sind auch die Teppiche. Perserteppiche, deren Muster mittlerweile auch an anderen iranischen Orten nachgeahmt werden. Fantasievolle Garten- und Tiermotive aber auch Medaillons und Figuren sind auf den Teppichen abgebildet. Vorlagen dafür stammen aus den verschiedensten Regionen des Iran. Zumeist werden die Teppiche aus einem Flor aus Wolle und Seide hergestellt und mit sehr feinen Perserknoten geknüpft.

      Das Zentrum dieser Stadt hatte sich Aaron Goldberg als Ziel seines Terrorangriffes gewählt. Er war in unerreichbarer Höhe für die Luftabwehr der Syrer, Jordanier und auch Iraner geflogen. Er wusste, es ist dies der Flug seines Lebens.

      Hunderte Gedanken spukten in seinem Kopf herum. Er sah seine Eltern in Warschau, hörte wie sie sie von der SS ermordet wurden, roch wieder den Gestank des Kanals, in dem er tagelang gehockt hatte und spürte auch wieder den ekligen Geschmack des Rattenblutes im Mund. Die Flucht aus dem Ghetto, immer verbunden mit der Angst, die Deutschen würden sie erwischen. Die Ankunft in Palästina, der Schulbesuch und der Eintritt in die Armee. Der erste Einsatz im Sechstage-Krieg, die brennenden ägyptischen Panzer und Flugzeuge, die verkohlten Leichen der Feinde und auch seiner Landsleute. Der letztendlich triumphale Sieg Mosche Dayans über eine große arabische Übermacht.

      Seine Beförderung wegen großer Tapferkeit, die darauffolgende rasche Karriere in der Luftwaffe. Der geplatzte Traum vom glücklichen Familienleben durch einen arabischen Selbstmordattentäter. Seine Frau und seine Tochter tauchten in seinem Kopf auf. Sie nickten ihm freundlich zu und


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