Erfahrung Neu Delhi-Neustrelitz.., Pakistan.., Iran..,Himalaja. Andreas Goeschel

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Erfahrung Neu Delhi-Neustrelitz.., Pakistan.., Iran..,Himalaja - Andreas Goeschel


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es wollten.

      Abendfüllende Gespräche hatte es tatsächlich nur über diese Thematik gegeben. Nun war es soweit, das Examen lief.

      Erst mal fanden lange Diskussionen mit verschiedenen Leuten statt. Dann mit den Effendis, uniformierte Hauptleute.

      Man will uns sogar nach Delhi zurückschicken.

      Da protestieren wir lauthals, daß wir nie wieder nach Indien zurückgehen werden und wie froh wir seien, endlich Pakistan erreicht zu haben.

      Wir schimpfen lautstark auf die schlechte Luft in Indien und daß wir dort so krank geworden seien. Und wie wir uns nach Pakistan gesehnt hätten. Hier sei es doch tatsächlich ein ganz anderes Niveau.

      Das alles kommt bei denen recht gut an. Die beiden Länder können sich ja nicht riechen. Und wir wiederum konnten es augenblicklich riechen, daß wir sicherlich nicht zurück geschickt werden würden.

      Immerhin wäre es ja auch eine Blamage für die ersten Posten.

      Wer weiß schon was so hinter diesen undurchsichtigen Beduinen - Larven vor sich geht!?

      Als mir einer der Typen diskret zublinzelt und zischelnd verkündet, er hilft uns und wir helfen ihm, da wissen wir, es wird weitergehen.

      Wir werden schon ins Geschäft kommen.

      Immerhin ist erst mal soviel klar, daß wir nicht sofort zurück müssen.

      Und wenn wir nicht zurückmüssen, dann müssen wir hierbleiben.

      Und da wir nicht ewig hierbleiben können, werden wir irgendwann weiterziehen. Die Zeit spielt für uns, denn die Schichten der Zöllner und Soldaten wechseln ja auch und es ist unwahrscheinlich, daß das Geschäft mit uns anderen überlassen wird.

      Der große Chef, der, wie fast alle, recht viel kleiner ist, als wir, schlägt dann die einzige Lösung vor, die er vor seinem pflichtschuldigen Gewissen verantworten will:

      Wir sollen in Begleitung eines Zollbeamten zur Bahnstation nach Lahore fahren. Das ist die nächste große Stadt und etwa 30 Kilometer von der Grenze entfernt. Dort werden dann Fahrscheine für uns und die beiden Maschinen gekauft und dann sollen wir mit der Bahn, zusammen mit den Maschinen, welche unter Zollverschluß stehen, weiter nach Quetta fahren. Für die dortige Zollstation würde er einen Brief schreiben und wir müßten uns da melden, um unsere Fahrzeuge wieder frei zu bekommen.

      Heute ist es jedoch für alles zu spät. Wir sind aber seine Gäste und dürfen im Aufenthaltsraum der Zöllner bleiben. Somit dürfen wir hier in der Zollstation übernachten. Wir könnten auch ins Land hinein. Doch die Idee kommt uns gar nicht erst.

      Es ist, ja, man muß es so sagen, es ist schön hier. Wunderschön.

      Ruhe, Vogelgezwitscher in den riesigen Bäumen, die Luft ist sehr gut und warm, die Männer sind freundlich und witzig, wir können uns frei bewegen.

      So lassen wir es alles auf uns zukommen. Es ist 18.00 Uhr pakistanischer Zeit und ich stelle die Uhr um 30 Minuten zurück.

      Wie schon erwähnt, weit über 2000 Kilometer Grenze zwischen diesen beiden Staaten und es gibt nur diesen einen Übergang!

      Zu allem Überfluß wird der auch noch jeden Tag um halb vier nachmittags geschlossen.

      Bis zum nächsten Vormittag halb neun geht dann zwischen diesen beiden Ländern an dieser Stelle nichts mehr. Somit wohl sonst auch nicht.

      Wie unter diesen Umständen geschmuggelt wird, ist schwer vorstellbar, denn die Grenze ist ähnlich der ehemaligen innerdeutschen Bastion.

      Die haben hier aus der täglichen Schließung einen regelrechten Kult gemacht und zelebrieren das jeden Tag wie eine Art Zirkusvorstellung.

      Sogar Tribünen wurden dafür errichtet. Touristen scheinen gern gesehen zu sein, denn als wir filmen, wird nicht etwa gemurrt oder gedroht, wir werden an die dafür besten Plätze geführt. Es wird dafür gesorgt, daß wir Platz genug für unsere Arbeit als Dokumentaristen haben, und bereitwillig wird auch überall Platz gemacht. So kann Lutz gut filmen. Man muß sich vorstellen, daß in dem sonst verödeten Übergangsgelände so etwa Tausend Menschen dem Spektakel zusehen und auch daran teilhaben.

      Das Ritual des Flaggeneinholens und die dazugehörige Maskerade wurden sicher von den Engländern übernommen und stammen noch aus der Kolonialzeit.

      In dieser Art dürfte es wohl einmalig auf der Welt sein.

      Choralartige, hymnische Parolen werden von Hunderten Menschen auf beiden Seiten des Grenzüberganges gerufen. Es ist immer ein Vorrufer und dann dröhnt der Chor der Massen. Auch von der indischen Seite wogen die inbrünstigen, triumphierenden Rufe der Zuschauer.

      So etwas ist in unseren Breiten unvorstellbar.

      Abendländische Fußballbrüllereien sind möglicherweise mächtiger und lauter aber es ist nicht ein Funke der mentalen Kraft in ihnen, wie sie diese Menschen hier offenbaren. Nicht ein Fünkchen dessen, was diese Leute hier bewegt.

      Alles ist in diesem Choral enthalten: Die Liebe zu Gott, eine tiefe Sehnsucht, sie rufen den Schöpfer selbst, sie zeigen ihr Innerstes. Und sie haben etwas in sich, was ihnen diesen Ruf überhaupt erst möglich macht.

      Der Ruf eint sie, und das Leben in ihren Köpfen ist plötzlich eine Melodie. Sie sind dabei. Und sie singen diese Melodie, sie sind diese Melodie selbst.

      Danach trotten wir mit den zurückflutenden Massen wieder zum Zollgebäude.

      Lungern erst ein bißchen auf dem Hof, dann im Raum. Und alles klingt nach.

      Gegen Abend sind drei untere Chargen für die Nachtschicht da und machen uns recht säuerlich und eindeutig klar, daß wir in ihrem recht bequemen Aufenthaltsraum nichts zu suchen haben. Auf die ausdrückliche Einladung des Superassessors hatten wir es uns dort nämlich schon recht heimisch gemacht. So trollen wir uns in die Zollhalle. Es ist eine kahle, sterile Halle.

      Wie ein toter Bahnhof mit dem Charme eines leeren Schlachthauses.

      So etwa zwölf mal acht Meter und vier Meter hoch.

      Blanke, große Gepäcktische, Bänke an den Wänden. Ölsockel und Beton.

      Wir schlafen auf den Bänken.

      Samstag,10. Februar, 25. Tag

      Billige Alternative: Bahnen und Busse.

      Heute sind wir schon um sieben Uhr aufgestanden.

      Es ist noch richtige ländliche Ruhe. Aber eben richtige Ruhe. Nach Delhi eine berauschende, friedliche, unvorstellbare Ruhe. Eine Ruhe, die sich auf uns überträgt. Eine Toilette und Waschbecken ist auch an der Zollhalle und somit ist es doch durchaus recht komfortabel.

      Ruhig beginnt dieser Morgen und dieser Urwert trägt auch zu ausgeglichener, zuversichtlicher Laune bei. Wir sind allein in dieser großen Halle.

      Noch regt sich außer uns nichts hier. Die Nachtschicht hat es hier wohnlich sicher besser, als es ihnen ihr eigenes Zuhause bietet.

      Im Laufe des Vormittags treffen die Jungs von gestern ein und es ist schon ein bißchen so, als kämen alte Bekannte. Irgendwie wunderlich ist es.

      Der Boß der Station Vagha setzt sich an einen Tisch und schreibt in unserem Beisein langsam und umständlich einen Brief, der an den Chief-Officer des Customs-House in Quetta adressiert ist. Das Original geht per Post nach Quetta und die Durchschrift-Kopie bekommen wir mit.

      Unsere Personalien, die Daten der Motorräder und unsere Ankunft in Quetta sind der Inhalt, verbunden mit der Anregung, in dieser Sache mit uns nach eigenem Ermessen, natürlich im Rahmen der Vorschriften, weiter zu verfahren.

      Sie sind das Problem los. Wir kommen weiter. Die Zöllner sind zwar weiterhin sehr freundlich, geben sich jedoch in ihrer Arbeit ziemlich genau. Immer wenn der Chef uns etwas über den weiteren Verfahrensweg erklärt, und wir es zur Sicherheit noch mal wiederholen, strahlt er demonstrativ, lacht, als würde ihm ein Wonneschauer durch die Glieder fahren, als hätte er im Lotto gewonnen.

      Er


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