Anja und das Reitinternat - Himmel und Hölle. Feli Fritsch
Читать онлайн книгу.das Internat gekannt, immerhin bist du die Tochter der Besitzer. Und ein paar Infos über Boreo zu finden, ist auch nicht so schwer“, entgegnete Olli dann.
„Du hast Recht. Ich belass es einfach dabei“, beschloss ich. Dass es diese Maya faustdick hinter den Ohren hatte und es sich zum Plan gemacht hatte, mir das Leben zur Hölle zu machen; das hätte ich wiederum nicht gedacht …
Wer-mit-wem
Am Mittwoch begann das Schuljahr so richtig. Als erstes hatten wir Chemie bei Herrn Holland, ein ziemlich verträumter Lehrer, der es regelmäßig schaffte, unser Naturwissenschaftsgebäude halb in die Luft zu jagen. Dementsprechend vorsichtig waren wir Schüler, während Herr Holland immer ganz locker sagte: „Ja, ja, genau. Nimm ruhig noch ein bisschen mehr. Das funktioniert sonst nicht!“ Manchmal fragte ich mich, wie er es geschafft hatte, Chemielehrer zu werden, so verpeilt wie er war.
Nach Chemie – wir hatten es zum Glück alle überlebt – hatten wir eine Stunde Geschichte. Geschichte war das schlimmste Fach, das es auf diesem Planeten gab. Ich mochte es gar nicht. Bereits zum zweiten Mal diskutierten wir die Französische Revolution und wenn man Cedrics Aussage Glauben schenken mochte, dann kam das in der Oberstufe noch mal dran.
Ich war erleichtert, als es danach endlich zu Boreo ging. Wir hatten heute eine Springstunde und ich war mir sicher, dass er sich freute. Als wir die Halle betraten, war Mama schon da und durchblätterte ihre Unterlagen. Die Hindernisse standen bereits in der Halle und Boreo spitzte neugierig die Ohren.
„Wie geht’s dir?“, wollte Amelie wissen, als sie Starbux neben Boreo lenkte.
„Ganz gut“, das war das erste, das ich wieder zur ihr sagte. Seit gestern hatte ich sie mit Ignoranz bestraft. Anscheinend hatte es auch was gebracht, denn Amelie entschuldigte sich für ihren dummen Kommentar, der ihr so herausgerutscht sei. Sie hatte nicht vor, nur eine Kurzzeitbeziehung mit Julian zu führen; das allerdings glaubte ich ihr weniger.
Nachdem wir unsere Springstunde gehabt hatten, rief Mama alle Schüler zusammen. Boreo war begeistert gewesen, als er endlich springen durfte – fast schon ein wenig zu begeistert. Ich hatte meine liebe Mühe mit dem Fuchspony gehabt, denn er wurde vor den Oxern immer mächtig schnell. Jetzt aber wollte Mama etwas Organisatorisches verkünden.
„Ein neues Schuljahr beginnt und damit eine neue Prüfungsklasse. Und zwar M. Wir werden uns Zeit lassen, da wir bis zur Oberstufe Zeit haben, um diese Klasse zu erlernen. Auf dem Lehrplan für die neunte Klasse steht aber auch, dass von den Schülern – immer in Partnerarbeit – ein Aufsatz zu einem bestimmten Thema erarbeitet und ein Teil davon im Unterricht danach präsentiert wird“, erklärte sie und ein Murmeln ging durch die Klasse. „Bevor jetzt aber das große Wer-mit-wem losgeht: Die Teams wurden von den Lehrern festgelegt. Die Themen dürft ihr euch jedoch selbst aussuchen.“
„Ach, was ein Mist“, beschwerte sich Celina.
„Das erste Team sind Amelie und Hendrik“, rief Mama auf und ich warf Amelie einen frechen Blick zu. Mit Hendrik hatte sie Anfang der siebten Klasse mal eine Beziehung gehabt, aber dann hatte sie sich von ihm getrennt, weil er einfach nicht gut küssen konnte. Seitdem jammerte Hendrik ihr hinterher. Ich konnte mir die Schadenfreude nicht verkneifen. „Das zweite Team besteht aus Celina und Timo“, las Mama dann vor. „Team drei: Anja und Oliver …“
„Och, nee!“ Ich sank in mir zusammen. „Warum?“
„Weil es so sein soll“, sang mir Olli ins Ohr. „Wann akzeptierst du endlich, dass wir beide füreinander bestimmt sind?“
„Nie, Oliver Claassen! Nie werde ich das akzeptieren!“
Olli und ich hatten uns das Thema Leistungsklassen ausgesucht, weil uns der Rest nicht sonderlich interessierte oder schon vergeben war. Am Nachmittag trafen wir uns auf Ollis Drängen hin bei mir, weil er unbedingt schon eine Gliederung aufstellen wollte. Ich bot ihm einen Stuhl neben meinem Schreibtisch an und zeigte ihm dann das, was ich bereits rausgefunden hatte.
„Wir sollten in der Bibliothek nach Büchern gucken, die uns weiterhelfen können“, meinte Olli dann und ich nickte. Wir schnappten uns jeder einen Block, zwei Stifte und den Haustürschlüssel. Dann liefen wir hinüber ins Schulgebäude, in dessen Keller sich die Bibliothek befand.
„Mal sehen. Vielleicht ist ja sogar jemand da, der uns behilflich sein kann“, sagte ich, als ich die schwere Holztür zur Bibliothek öffnete. Es quietschte, dann konnten wir eintreten.
„Scheint leer zu sein“, bemerkte Oliver in die Stille hinein.
Ich wartete auf Zeichen menschlichen Lebens, fand aber auch nichts. „Komm, suchen wir uns einen Platz und durchstöbern die Regale.“ Ich gab Olli einen Wink und er folgte mir bis ans Ende des Raumes. Dort legten wir unsere Zettel auf einem der alten Sekretäre ab und jeder nahm sich ein Regal vor.
„Ich hab schon ein Buch gefunden“, freudestrahlend hielt Olli bereits nach einer halben Minute ein Buch hoch.
„Prima. Am besten, du legst es auf den Tisch“, erwiderte ich, den Blick nicht von den Buchrücken nehmend.
„Äh, Anja?“, ertönte es nur wenige Sekunden später.
„Mensch, Olli, was ist denn?“ Genervt unterbrach ich meinen Suchvorgang und richtete mich auf.
„Hast du meinen Block weggelegt?“, wollte er wissen.
„Nein. Warum und vor allem wann hätte ich das tun sollen?“, fragte ich zurück.
„Aber er ist weg“, ärgerte sich Olli.
Mit einem Stöhnen stieg ich die Leiter herunter, mit der ich auch an die oberen Reihen gelangt war, und lief zu dem Sekretär, an dem Olli stand und seinen Block suchte. Tatsächlich lag er nicht mehr auf dem Tisch. Und auch im näheren Umkreis konnte ich ihn nicht entdecken.
„Du hast Recht … Wo kann der denn sein?“ Ich bückte mich, um einen Blick unter den Sekretär zu werfen.
„Weit kann er ja nicht sein, immerhin haben Blöcke keine Beine“, das war typisch Olli. Selbst in den blödesten Situationen hatte er noch einen Spruch parat. Aber genau in dem Moment erklang leise, wirklich ganz leise, kaum hörbar, ein Kichern.
„Psst“, ich gab Olli ein Zeichen und er nickte. Wieder konnte man das Kichern hören. „Ich glaube, dein Block hat eine Stimme bekommen“, sagte ich leise und machte Olli klar, von rechts in die nächste Regalreihe zu gehen. Ich kam von der anderen Seite.
„Hier ist ja der Block“, sagte Olli dann in Zimmerlautstärke, als wir hinter zwei kleinen Mädchen zum Stehen kamen. Erschrocken drehten sie sich um, Olivers Block an sich gedrückt.
„Ach, du schon wieder“, ich stemmte die Hände in die Hüften, als ich Maya erkannte.
„Ja, ich schon wieder“, entgegnete diese schroff.
„Anja, wer ist das?“, wollte Olli neben mir wissen.
„Das, mein Lieber, ist diese besagte Maya Paulsen“, ich nahm die Augen nicht von ihr; wir lieferten uns einen erbitterten Kampf.
„Ach, nee. Und wie kommt sie dann auf die Idee, mir meinen Block zu klauen?“ Olli riss ihr den College-Block aus den Armen und nahm ihn an sich.
„Frag sie mal“, forderte ich meinen Freund auf.
„Los, sprich. Was soll der Unfug?“ Olli packte Maya am Arm und zog sie auf die Beine. Das Mädchen neben Maya sagte keinen Ton, gehorchte dafür sofort.
„Wir wollten euch nur ärgern“, begann diese, bekam dafür jedoch Mayas Ellenbogen in die Rippen gerammt. Sofort verstummte das zweite Mädchen wieder.
„Das war schon mal ein Anfang. Vielleicht will Maya ja weiter erzählen“, ich zog auffordernd die Augenbrauen hoch, doch Maya sagte keinen Ton. Sie schnappte sich ihre Freundin am Arm und lief einfach davon. Olli wollte hinter ihr her und sie zur Rede stellen, doch ich hielt ihn auf.
„Anja, sowas kann man nicht