Das verschwundene Schiff. Geri Schnell

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Das verschwundene Schiff - Geri Schnell


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lernt einige neue Leute kennen, es bleibt wie schon gestern bei oberflächlichen Gesprächen. Doch langsam gewöhnte er sich an den Smalltalk. Die Stopps in der letzten Nacht und der schöne Sonnenaufgang, welchen er leider verpasst hat, sind die bevorzugten Themen. Man redet sich nur mit Vornamen an, trotzdem ist die Stimmung noch etwas steif. Laut seinem Computer hat er sich ab 10 Uhr am Pool einzufinden.

      Der Arbeitstag beginnt diesmal etwas lockerer. Sie müssen sich als Schaustars bewähren. Playback Show ist angesagt. Scot, der Chefanimateur, ein drahtiger Engländer, hat offensichtlich grosse Erfahrung, mit einem kritischen Blick mustert er die jeweiligen Kandidaten oder Kandidatinnen und schlägt nach kurzem Überlegen zwei bis drei Künstler vor, die sie doubeln könnten, dann kann der Kandidat entscheiden, welcher ihm besser liegt. Ist der Interpret bestimmt kann noch zwischen drei seiner Titeln ausgewählt werden, welche sie dann auf einer Bühne präsentieren dürfen.

      Reto darf zwischen Peter Kraus, Shakin Stevens und Bryan Adams wählen. Er entscheide sich für Sommer of 69 vom Bryan. Es dauert nicht lange und er hat den Song gut drauf. Eigentlich ist er kein Showstar, aber der Rhythmus fährt voll ein, er kann sich gut mit dem Song identifizieren.

      Die Trainingseinheit vergeht schnell, in drei Räumen wird geübt. In seiner Gruppe tritt noch Leslie als Kylie Minogue mit Locomotion und Alfonso als Wolfgang Petri mit Wahnsinn auf. Vor allem Alfonso, ein grosser schlaksiger Deutscher, hat noch einige Probleme mit dem Song, er stolpert etwas hilflos auf der Bühne. Da Alfons immer wieder üben muss, bringt Reto der Song langsam zum Wahnsinn. Leslie ist dagegen eine Augenweide, in ihrem kurzen Mini bringt sie ihre langen Beine gut zur Geltung. Auch sie muss nicht lange üben, sie hat viel Talent und bewegt sich automatisch im Takt. Wenn Alfonso über das Parkett stolpert, schauen Leslie und Reto amüsiert zu. Schliesslich schickt sie der Choreograph in die Kabine, er macht mit Alfonso allein weiter.

      Reto kann sich auf dem Weg in die Kabine noch etwas mit Leslie unterhalten. Sie will im August mit dem Jurastudium in GötteburgGöteborg beginnen. Das Abi hat sie schon zwei Jahre in der Tasche, konnte sich aber nicht für ein Studienfach entscheiden und jobbte ein Jahr lang in Saisonstellen als Kellnerin.

      Am Nachmittag erhält Reto seinen ersten Auftrag, also doch, er ist nicht nur zum Vergnügen hier. Der Job ist einfach, Reto muss Pierre, ein Franzose etwas über fünfzig Jahre alt, am oberen Pool abholen und ins Fitnesscenter bringen. Reto zieht sich die Shorts über die Badehose, streift ein T-Shirt über und durchquerte das Schiff. Am oberen Pool liegen die älteren Semester, welche es gerne ruhig haben. Man braucht einen Ausweis, damit man hier eintreten darf. Den Leuten hier wird ein spezielles Programm geboten. Als Reto vorbeischaut, um den Herrn abzuholen, schwimmt ein Team von Synchronschwimmerinnen im Wasser und zeigt, zu klassischer Musik ihr Programm. Seinen Kunden findet Reto wie vereinbart, an der Bar.

      «Hallo, ich bin Reto, wer ist Pierre», frage er in französischer Sprache.

      «Das bin ich, ich möchte etwas für die Fitness tun, kannst du mich hinbringen?»

      «Ja, es ist nicht weit, man muss nur wissen wo es lang geht, kein Problem.»

      Der Franzose ist der erste der vom Schiff so richtig begeistert ist, er ist vom Stiel angetan und will jetzt noch etwas gegen sein leichtes Bäuchlein unternehmen, welches er dabei liebevoll streichelt. Sicher haben ihn die jungen Damen des Wasserballetts dazu angespornt, er wird sich insgeheim Hoffnungen machen, eine davon zu vernaschen.

      An einer Türe, welche wie eine normale Kabine aussieht bleibe Reto stehen, hier muss es sein. Er gibt auf einer Tastatur den entsprechenden Code ein. Nach einer kurzen Wartezeit öffnet sich die Türe und eine chinesische Dame im seidigen Bademantel öffnet die Türe. Der Bademantel kann ihre aufregende Figur nicht verbergen.

      «Ah, Pierre, - willkommen, bitte tritt ein.»

      Zu Reto gewandnt, bedankt sich die Dame, «danke Reto, das war’s schon, wir kümmern uns jetzt um Pierre, er wird allein zurückfinden.»

      Reto geht zurück an den hinteren Pool, die meisten Mädchen tanzen oben ohne und gehen bei den Jungs auf Tuchfühlung. Eine Gruppe von Mädchen bildet einen Kreis und versucht Reto und andere Jungs ins Wasser zu werfen. Alle wehren sich so gut sie können, doch die Mädchen setzten alle Tricks ein, die eine wackelt mit ihren schönen Brüsten direkt vor Retos Nase rum. Es ist Zeit, dass er sich ergibt. Gemeinsam fallen sie, unter Applaus des Publikums, ins Wasser.

      Den Rest des Nachmittags verbringt Reto bei einer Gruppe von jungen Frauen. Wie Reto in Erfahrung bringen konnte, haben alle diese Traumreise in einer Disco bei einem Tanzwettbewerb gewonnen. Eine Gratiskreuzfahrt, das hebt die Stimmung. Dazu bekommen sie noch einen Ausweis, welcher ihnen gestattet, die Bar kostenlos zu plündern. Als Gegenleistung werden sie die Animateure bei gewissen Aufgaben unterstützen. Nun geniessen sie die Fahrt in vollen Zügen. Vier der Mädchen stammen aus Köln, ebenso viele aus Frankfurt und unverkennbar an der grossen Oberweite und den dem urchigen Dialekt, aus München.

      Am späteren Nachmittag gibt es am mittleren Pool die Begrüssungsshow. Die Animateure verkleiden sich in die Showstars. Inzwischen ist die Begrüssungsshow angelaufen, die meisten Auftritte gelingen perfekt. Der Auftritt von Alfonso wird zur Lachnummer erster Klasse, das Publikum krümmt sich vor Llachen. Retos Auftritt gelingt gut, das Publikum geht voll mit und ist begeistert. Die Stimmung am Pool ist ausgezeichnet.

      So langsam kommt auch unter den Gästen Ferienstimmung auf. Nach den Auftritten spielt eine Band zum Tanz auf. Auch die Bars und das Spielkasino sind jetzt geöffnet.

      Vor dem Nachtessen gibt es nochmals Arbeit. Reto muss eine Frau zur Massage zu bringen. Bei der Bar vom Oberdeck findet er Clementine sofort. Sie spricht ihn an: «Du bist sicher Reto», fragt sie und setzt ein charmantes Lächeln auf, «willst du noch einen Drink?»

      «Ja gerne, aber nur eine Cola, bei der Hitze lieber ohne Alkohol.»

      «Oh, einer aus der seriösen Fraktion», stellt sie in kaum verständlichem Dialekt fest.

      Es dauert einige Zeit bis er den Dialekt einordnen kann, aber es ist klar, sie muss aus Österreich stammen, vermutlich neeine echte Wienerin. Doch getreu dem Motto, die Privatsphäre zu wahren, behält er diese Erkenntnis für sich. Für seinen Job braucht er keine genaueren Angaben.

      Reto steigt auf den Barhocker. Nun ist es ihm etwas wohler, die schlanke Frau ist sicher grösser als ein Meter achtzig und er ist sich etwas klein vorgekommen. Nun ist der Unterschied ausgeglichen und es bleibt nur noch der Altersunterschied, sie ist mit Sicherheit über fünfzig.

      Sie schwärmt etwas über die frische Meeresluft und wie gut ihr die tut. An ihrer Hand vermisse Reto einen Ehering, doch sie trägt dafür einen sündhaft teuren Diamantring. Nebenan unterhalten sich zwei beleibte Herren über Geld. Sie tragen, was die genannten Beträge angeht, recht dick auf. Der schlanken Lady können sie damit nicht imponieren, sie interessiert sich mehr für die Schönheiten der Natur.

      Nach einer halben Stunde macht Reto sie diskret darauf aufmerksam, dass sie den Termin beim Masseur einhalten muss, sonst ist er anderweitig vergeben. Sie entschuldigt sich, «ach, hätte ich beinahe vergessen, war nett mit dir zu plaudern.»

      Der asiatische Masseur lässt sich nicht anmerken, dass sie mit gut zehn Minuten Verspätung erscheint. Mit einem Lächeln bittet er sie einzutreten.

      «Vorsicht, die Türen im Schiff sind nicht für uns gebaut, bitte Kopf einziehen.»

      Das Uns, bezieht sich nur auf die Körpergrösse, nicht auf das Gewicht, er wiegt sicher hundert Kilo mit schön geformten Muskeln, ein richtiger Adonis. Ich bin sicher, die Lady wird Reto schnell vergessen und sich genussvoll vom Muskelprotz durchkneten lassen. Ähnlich wie seine Kollegin im Fitnesscenter trägt er einen seidigen Bademantel, welcher allerdings vorne nicht geschlossen ist. Darunter trägt er nur noch eine sehr enge Badehose.

      Als Reto endlich wieder beim Pool eintrifft, ist die Party mehr oder weniger gelaufen. Die Discoqueens sind bereits in ihren Kabinen und bereiten sich aufs Nachtessen und eine lange Nacht vor. Reto zieht sich ebenfalls in seine Kabine zurück. Ein Nickerchen vor den Abendveranstaltungen, wird sicher gut tun. Unweigerlich macht er sich Gedanken über die verschiedenen Leute auf dem Schiff.


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