Hans Fallada: Wer einmal aus dem Blechnapf frisst – Band 185e in der gelben Buchreihe – bei Jürgen Ruszkowski. Ханс Фаллада

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Hans Fallada: Wer einmal aus dem Blechnapf frisst – Band 185e in der gelben Buchreihe – bei Jürgen Ruszkowski - Ханс Фаллада


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du wirklich meinst, Willi?“

       „Natürlich meine ich das. Ich mach' es auch nicht anders, Emil!“

      * * *

       8

      Am Nachmittag wurde Kufalt plötzlich von einem jähen Arbeitseifer ergriffen. Eigentlich hatte er bloß seine Zelle wienern wollen, aber dann sah er, dass ihm am Netz nur noch gegen zweitausend Knoten zu einem vollen Pensum fehlten, und wenn er sich dranhielt, war das zu schaffen und er bekam achtzehn Pfennig mehr ausbezahlt bei der Entlassung.

      So strickte er denn los auf Deubel komm raus. Ein bisschen schluderig wurde es ja, und gerade bei einem Heringsbelli sah es immer infam aus, wenn die Knoten nicht fest waren. Aber die Hauptsache blieben die achtzehn Pfennige, und wenn der Netzekalfaktor das Netz ordentlich reckte, war es noch zehnmal gut für die ollen Fischdampfer.

      Dann ist er mit dem Stricken fertig, setzt sich auf den Fußboden und reibt ihn ein. Auch das muss man weghaben, nur eine Spur Terpentin mit Graphit, sonst bleibt die Erde stumpf und wird nicht blank, soviel man auch mit der Bürste reibt. Zum Schluss macht er ‚Muster’, das ist augenblicklich die große Mode im Zentralgefängnis: aus einem Pappdeckel schneidet man sich eine Schablone und bürstet nun den Boden durch die Schablone ‚gegen den Strich’, dann hat man hell und dunkel glänzende Muster auf der Erde, Blumen und Sterne und kleine, galoppierende Tiere. Es ist das kein Muss, aber es macht Spaß und gefällt dem Auge des Hauptwachtmeisters Rusch und macht sein Herz geneigt für solche Künstler.

      Als er auch das fertig hat, geht er ans Putzen des Metalls. Der schwierigste Fall ist die Innenseite des Kübeldeckels, die direkt mit dem Urin und Kot in Berührung kommt, da bildet sich immer ein weißlicher, schleimiger Schimmel. Nun, er hat den Bogen raus, man scheuert das erst mit einem möglichst hart gebrannten Backstein, dann...

      Zu Anfang hat es ihn gestört, dass unterdes der offene Kübel dicke Gestankwolken in seine Zelle sendet, jetzt weiß er von so was nichts mehr. Der Kübel stinkt eben, da kann man nichts machen, und er stinkt auch noch lange nach, denn die Zellen sind klein und lüften sich schlecht. Dann nimmt man etwas Putzpomade...

      Aber da geht die Tür zu seiner Zelle auf, und der Netzemeister kommt herein, mit seinem Netzekalfaktor. Doch das ist der Rosenthal nicht mehr, das ist schon wieder ein neues Gesicht.

      „Nanu, Meister“, grinst Kufalt und putzt emsig weiter, „haben Sie schon wieder 'nen neuen Kalfaktor? Das geht bei Ihnen ja wie's Brezelbacken!“

      Der Meister antwortet nicht, sondern sagt zu seinem Gehilfen: „Da, das Netz raus und alles Garn und die Eisenstange und – wo haben Sie Ihr Messer, Kufalt?“

      „Liegt im Schrank bei der Bibel. Nee, auf dem Fenster. Habe eben noch das Pensum fertiggestrickt, Meister.“

      „Welches Pensum? Wollen Sie nicht den Kübel solange zumachen? Das stinkt hier wie die Pest.“

       „Ihre riecht wie Veilchen, was? – Welches Pensum? Das letzte Pensum natürlich. Immer, was unten dranhängt!“

      „Sechzehn Pensum haben Sie seit dem Ersten! – Machen Sie jetzt den Kübel zu, ich befehle es Ihnen!“

      „Geht nicht, muss den Deckel wienern. Trampeltier du da hinten, heb das Netz gefälligst auf und verschramm mir nicht meinen Boden! Siehste nich, dass ich frisch gewienert habe?“

      Der Gefangene, ein ‚Studierter’, wie Kufalt gleich gesehen hat, sagt: „Schnauzen Sie mich nicht an, ich verbitte mir das! Und dann sollen Sie den Kübel zumachen, haben Sie ja gehört, das stinkt hier wirklich gemein.“

      „Mit dir red' ich überhaupt nicht, du hast doch sicher 'ne alte Tante um ihre Spargroschen betrogen?! – Wieso sechzehn, Meister? Jetzt sind's siebzehn, und die will ich morgen bezahlt haben, sonst kracht's.“

      „Seien Sie nicht so frech, Kufalt“, bittet der Meister förmlich. „Oder ich muss Herrn Hauptwachtmeister rufen.“

      Kufalt aber ist in Wut und sagt: „Den ruf du man, mit dem erzähle ich mir gerne was. – Guck nicht so, du Dussel, raus mit dem Netz, raus mit dir aus meiner Zelle! – Wollen Sie mich zum Tort um ein Pensum betrügen?“

      Der Netzemeister ist ganz verzweifelt: „Sie sind ja reine wild, Kufalt, Sie spinnen ja. Der Arbeitsinspektor hat doch heute früh schon die Pensumlisten von den Entlassenen verlangt! Da kann ich doch nichts mehr ändern, Kufalt. Nehmen Sie doch Vernunft an!“

      Kufalt schreit: „Dann mussten Sie's mir sagen!“

      „Sie waren doch beim Arzt.“

      „Ganz egal! Denkt ihr, ich schenke euch viertausendfünfhundert Knoten! Bring das Netz rein, du, ich knot's wieder auf.“

      „Kufalt“, fleht der Meister, „seien Sie nur einmal vernünftig. Sie brauchen doch sechs, acht Stunden, die Knoten wieder aufzumachen.“

      „Ganz egal!“ schreit Kufalt wieder. „Das ist Schikane von dir! Das ist deine Rache, dass du mir das Pensum nicht zahlen willst, ich kenn dich doch! Das Netz her, oder ich schmeiß' den Kübel mit dem ganzen Scheißdreck...“

      „Wat denn! Wat denn!“ klingt es von der Tür, und der Herrscher des Zentralgefängnisses, Hauptwachtmeister Rusch, schiebt sich herein. „Mit Scheiße schmeißen? Feste, feste! Aber alles wieder einsammeln, mit den Händen, selbst! Selbst!!“

      „Und der Mann will übermorgen rauskommen“, sagt der Netzemeister, der sich plötzlich sicher fühlt.

       „Das geht Sie gar nichts an“, fährt Kufalt neu auf. „So was haben Sie überhaupt nicht zu sagen! Sie sind hier kein Beamter, verstehen Sie! Beim Direktor werd' ich Sie melden! Sie, Sie haben mich erst so gemacht! Schikaniert haben Sie mich Tag für Tag! Ich hab's Ihnen nicht vergessen, Meister, wie Sie mir immer das schlechteste Garn gegeben haben und immer gesagt haben, die Knoten sind nicht fest genug. Und ich hab' getreckt und getreckt, bis ich mir den Daumen verknackst habe, und Sie haben sich in den Bart gelacht und immer gesagt: immer noch nicht fest genug.“

      „Warum schreien Sie denn so, Kufalt?“ fragt der Hauptwachtmeister. „Sind Sie krank?“

      „Gar nicht bin ich krank, aber siebzehn Pensum hab' ich gestrickt und der Meister will mir nur sechzehn anrechnen. Ist das Gerechtigkeit? Ich denke, wir werden hier nach Gerechtigkeit behandelt?“

      „Wenn der Mann siebzehn gestrickt hat, muss er auch siebzehn bezahlt kriegen“, erklärt Rusch.

      „Aber ich hab' dem Arbeitsinspektor...“

      „Wat! Wat! Aber! Hat er siebzehn gestrickt –?“

      „Ja, aber...“

      „Wat! Wat! Aber? Kriegt er siebzehn bezahlt! Alles klar!“

      „Aber ich hab' die Listen doch schon abgeliefert.“

      „Dann sagen Sie eben, Sie haben einen Fehler gemacht.“

      „Es ist nur, Herr Hauptwachtmeister“, sagt plötzlich grinsend Kufalt, „weil er denkt, ich hab' ihn in die Pfanne gehauen mit seinem Rosenthal. Darum soll ich ein Pensum weniger kriegen. Und darum bin ich so wütend gewesen.“

      Der Hauptwachtmeister guckt und wartet. Dies ist seine Stunde. In solchen Stunden erntet er, in diesen Stunden, wenn sich die Kumpel verfeinden und die Genossen anschwärzen, da sammelt er sein Material gegen Gefangene und Stufenstrafvollzug, da kommt der Stoff her für seine Anzeigen. Alles weiß er, alles erfährt er, und vorne in seinem Büro, der Direktor schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und verzweifelt: ist denn nicht ein Gerechter...?

      Der Netzmeister läuft blaurot an und schluckt: „Herr Rusch, wenn hier einer in die Pfanne gehauen werden muss...“

      „Na, wat denn?“ fragt Rusch breit und gemütlich. „Sie meinen doch nicht unsern Musterknaben, den Willi Kufalt? Gucken Sie sich die Zelle an, wissen Sie sonst noch so 'ne Zelle im ganzen Bau? Gewienert, glänzt wie ein Affenarsch.“

      Und Kufalt ist seiner Sache so sicher, dass auch


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