Vergnügen. Andreas Nass

Читать онлайн книгу.

Vergnügen - Andreas Nass


Скачать книгу
die Lande gestreift, und ich war mir sicher, dass sie immer noch eine Waffe zu führen wusste. Nun führte sie das Gasthaus mit strenger Hand.

      Gemütlich setzte ich mich an den Tresen und zog mit einer Geste die Aufmerksamkeit der Wirtin auf mich.

      »Einen süßen Rotwein«, bestellte ich, der auch umgehend vor mir abgestellt wurde. Ich benetzte meine Lippen und sah mich nach Reisenden um, die allein an ihrem Tisch saßen.

      Von seinem großen Met glotzte ein Ork zu mir hinüber und leckte seine dreckigen Zähne. In einer Ecke konnte ich, etwas vom Schatten verdunkelt, einen in weite Lederkleidung gehüllten Mann erkennen, der auf mich den Eindruck eines Schurken machte. Viel interessanter war ein schlanker Elf, dessen Gesichtszüge edel und freundlich wirkten. Auch wenn er sich über sein Abendmahl beugte, konnte ich grüne Augen aufblitzen sehen. Einen Bissen spülte er mit einem Schluck Rotwein hinunter und warf eine lange, blauschwarze Haarsträhne nach hinten. Seine Reisekleidung hatte einen ungewöhnlich eleganten Stil, der mich zur Vermutung führte, seine Reisen dienten ihm als Unterhalt für ein gepflegtes Leben. An einem breiten Gürtel trug er ein Langschwert und ein Kurzschwert. Davon ließ ich mich aber nicht täuschen, denn sein ganzes Wesen strahlte eine innere Kraft aus, die für mich nur ein Magiekundiger besitzen konnte. Ich hatte meine Wahl getroffen.

      Mit dem Weinglas in der Hand näherte ich mich ihm, schnippte im Gehen gegen das Glas und überdeckte mit dem hellen Geräusch das Summen der psionischen Kraft, die ich wirkte, um den Gefühlen eine positivere Wirkung zu geben.

      Er sah zu mir hin und war ganz von meinen schwingenden Hüften eingenommen. Sofort stand er auf und zog einen Stuhl zurück.

      »Bitte, setzt Euch doch zu mir«, bot er mir galant an.

      »Danke, die Einladung nehme ich gerne an.« Geschmeidig setzte ich mich auf den angebotenen Stuhl und wartete, bis er ihn an den Tisch heranrückte. Dann setzte auch er sich.

      »Ich bin überrascht«, lächelte ich ihn an, »hier einen Gast zu treffen, der sich einer Frau gegenüber zu verhalten weiß.«

      Er neigte dankend den Kopf.

      »Mit wem habe ich das Vergnügen?«, zwinkerte ich ihm zu.

      »Mein Name ist Kyriel.«

      »Angenehm, ich bin Crish.« Ich hob mein Weinglas, wir stießen miteinander an und nahmen beide einen kleinen Schluck. Um seinen Blick weiter auf mich zu bannen, schleckte ich bedeutungsvoll einen Tropfen Rotwein von meiner Oberlippe.

      »Wollt Ihr länger im Scharlachroten Tempel verweilen?«, begann ich meine Erkundigungen.

      »Nein, ich bin auf der Durchreise.« Er hatte offenbar keinen Grund, mir Hoffnungen auf ein baldiges Wiedersehen zu machen, und diese Ehrlichkeit gefiel mir.

      »Und woher stammt Ihr?«, setzte ich meine lockere Befragung fort.

      »Ich komme aus dem Flüsterwald.« Wie nahezu alle Elfen heller Haut, dachte ich mir sofort. Aber nur wenige reisten in die Reiche des Ostens.

      »Dann liegt ein weiter Weg hinter Euch.« Wir nickten gemeinsam. »Habt Ihr schon ein weiteres Ziel für Eure Reise?«

      »Nein«, er zuckte mit den Schultern, »ich habe mir noch keine weiteren Gedanken gemacht.«

      »Vielleicht habe ich dann einen interessanten Vorschlag, der auch Eure Reisekasse aufbessern könnte.«

      »Um was geht es denn?« Interesse schwang in seiner Stimme mit.

      »Oh, ich möchte einer Freundin helfen«, erklärte ich in beiläufigem Ton, »die seit einiger Zeit aus dem Tempel verschwunden ist, und dafür bräuchte ich jemanden, der mich auf meinem Weg begleitet.«

      »Sieht sie denn auch so hübsch aus wie Ihr?«, schmeichelte er.

      »Das fasse ich als Kompliment auf«, zwinkerte ich ihm zu, »und um die Frage zu beantworten …«, ich machte eine kleine Pause, »… sie braucht sich nicht zu verstecken.«

      »Das hört sich alles sehr gut an. Wann soll es denn losgehen?«

      »Besitzt Ihr ein Reittier?«

      Er lächelte. »Ja, das besitze ich.«

      »Bis wann könnt Ihr denn reisefertig sein?«

      »Wenn ich den Wein auf getrunken habe, bin ich reisefertig.« Bestärkend hob er sein noch zur Hälfte gefülltes Glas.

      »Das ist gut, dann leert Euer Glas, aber gebt mir noch etwas Vorbereitungszeit. Ich muss meine Ausrüstung noch holen. Wartet hier, ich bin bald wieder zurück.«

      Er stand mit mir auf und ich verließ das Gasthaus, um zur Unterkunft zu gehen. Schon nach wenigen Schritten näherte sich eine von vier kräftigen Sklaven getragene Sänfte. Ich wartete, und sie hielten neben mir an. Vorsichtig schob ich den samtenen Vorhang zu Seite. Luzius blaue Augen begrüßten mich.

      »Schon etwas gefunden?«, erkundigte er sich und stieg aus.

      »Ich denke, ich habe einen brauchbaren Begleiter gefunden, einen Elfen mit guten Manieren, der aber auch ein Schwert zu führen weiß und über innere Kräfte verfügt.«

      »Was ist sein Sold?«

      »Oh, wir haben noch nicht über den Preis geredet, zumindest nicht, welche Bezahlung er will«, glitzerte ich mit meinen Augen.

      »Ich will ihn mir ansehen.«

      »Kein Problem, er wartet im Gasthaus. Komm mit.«

      Gemeinsam kehrten wir in den Schankraum ein und hielten auf den Elfen zu.

      »Darf ich dir Kyriel vorstellen?«, sagte ich an Luzius gewandt.

      Der Elf verbeugte sich.

      Luzius sah sich kurz um und erklärte mit lauter Stimme: »Es ist geschlossen!«

      Die Wirtin zuckte nur mit den Achseln, sorgte schnell dafür, dass die Gäste den Raum verließen, und erhielt noch einen klimpernden Beutel aus der Hand meines Bruders und wir waren allein. Luzius hatte offensichtlich seine Zeit im Tempel gut genutzt, um seinen Einfluss geltend zu machen.

      Die Augen des Elfen hatten sich geweitet. Ehrfürchtig richtete er sein Wort an Luzius. »Und wer seid Ihr, wenn ich fragen darf?«

      »Ich bin Luzius, ein Prinz dieser Stadt.«

      »Eure Gefährtin …«, der Elf stockte, »… Schwester … sucht jemanden …« Offensichtlich war Kyriel verwirrt durch unseren Auftritt und die Ähnlichkeit unseres Wesens, aber er erhielt keinen Hinweis, welche Beziehung wir nun zueinander hatten. Genau genommen hatte er mit beiden Vermutungen Recht.

      »Wir suchen nicht, wir wissen wo sich Permeyah aufhält.« Luzius betonte seine Worte nachdrücklich. »Eure Aufgabe wird es sein, Crish sicher dort hin zu geleiten und sicher wieder mit Permeyah zurückzukommen.«

      »Nun, wenn Ihr so viel Einfluss in der Stadt habt«, folgerte Kyriel, »wofür braucht Ihr dann mich?«

      »Wenn einer aus dem Tempel Crish begleitet, könnte das zu politischen Verwicklungen führen, die ich vermeiden möchte«, erklärte Luzius.

      »Die Reise wird nicht zu Eurem Nachteil sein«, warf ich ein.

      »Sprechen wir über Euren Preis«, ergänzte mein Bruder.

      Der Elf spitzte die Lippen, wagte aber nicht, einen Betrag zu nennen.

      »Die Reise«, begann Luzius, »wird hin und zurück etwa zwölf Tage in Anspruch nehmen und vielleicht einen Tag Aufenthalt am Ort, das wären dreizehn.« Er ließ die Worte wirken. »Ich bin bereit, Euch für zwanzig Tage zu bezahlen, falls es zu Komplikationen kommt. Und eine Summe von zweihundert Goldmünzen pro Tag.«

      Der Elf nickte bedächtig. »Ihr habt eine fürstliche Belohnung geboten. Wo befindet sich denn die besagte Person?«

      »Sie befindet sich im Besitz des Paschas.« An den kurzfristig geweiteten Pupillen des Elfen erkannte ich, dass ihm der Banndespot ein Begriff war.

      »Keine


Скачать книгу