Krisheena - Tor zum Abyss. Andreas Nass

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Krisheena - Tor zum Abyss - Andreas Nass


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Ziel ist das gleiche, nur unsere Wege unterscheiden sich.« Seine Stimme war klar, erzeugte in meinem Kopf aber ein Echo, als wären seine Gedanken den Worten vorausgeeilt.

      »Ihr wisst, wohin ich will?«, fragte ich verdutzt.

      »Es ist nicht meine Aufgabe, Euren Willen zu kennen, aber ich spüre, wohin Eure Gedanken wandern. Und Füße folgen meist dem Denken. Laana ist Euer Ziel, und zu ihr will ich auch.«

      »Ihr kennt sie?« Überrascht zog ich eine Augenbraue hoch.

      »So wahr ich hier stehe. Geht vor, ich folge Euch.«

      Vorsichtig drehte ich mich um, setzte meinen Weg fort und hielt auf das Zelt meiner Begierde zu. Immer wieder lugte ich über die Schulter zu meinem düsteren Verfolger. Er schien über den Boden zu schweben. Ich fröstelte, obwohl die Luft sehr lau war.

      Am Zelt angelangt lauschte ich, konnte aber keinen Laut ihres Körpers vernehmen. Ich schob den Stoff am Eingang zur Seite und sah aufmerksam in die Dunkelheit, durchdrang sie mit meinen abgründigen Augen – doch Laana war nicht da.

      Überrascht spürte ich ihre warme Hand über meinen nackten Rücken gleiten und als ich mich umdrehte sah ich die Sterne in ihren Augen funkeln. Sie musste sich angeschlichen haben.

      »Ich habe dich gesucht«, flüsterte ich, machte eine kleine Pause und wies auf meinen düsteren Begleiter. »Wir haben dich gesucht. Er wollte sich mir nicht vorstellen.«

      »Das braucht er auch nicht«, deutete sie geheimnisvoll an. »Auch ich habe auf dich gewartet.«

      »Was hat das Ganze zu bedeuten?«, fragte ich verwirrt.

      »Hier ist nicht der Ort, um darüber zu reden«, sagte sie.

      »Wenn nicht hier, wo sonst?«

      »Bitte, nimm seine Hand. Wir werden uns an einen sicheren Ort begeben. Vertrau mir.«

      »Was …?« Sie legte mir einen Finger auf die fragenden Lippen.

      »Wir haben gleich viel Zeit, darüber zu reden. Komm.« Sie deutete auf den dunklen Boten. Er reichte mir seine in schwarzes Leder gehüllte Hand. Zögerlich, aber doch mit fester Absicht, ergriff ich sie. Kühl und glatt lag sie in meiner Hand. Einen Atemzug lang füllten sich meine Lungen noch mit der trockenen Luft der Narbenlande, dann erfasste mich ein drängender Schwindel. Ich wurde fester gefasst. Mein Kopf schmerzte. Sterne tanzten vor meinen Augen. Dann umgab mich gemauerter Stein, ein niedriger Raum ohne Fenster und Tür.

      Ich war nicht allein, hielt immer noch die fremden Finger und erkannte in den grauen Schattierungen meiner Dunkelsicht das helle Haar meiner geheimnisvollen Gefährtin.

      »Wo sind wir? Ein Gefängnis?« Ich wollte von ihr hören, dass meine Vermutung richtig war. Sie bestätigte meine Gedanken.

      »Wir befinden uns in der Labyrinthstadt. Um genauer zu sein, unterhalb der Stadt.«

      Nach einem sorgfältigen Blick über die Mauern fasste ich meine Folgerungen in Fragen.

      »Die geheimen Räume der Schattenhand, nicht wahr? Ihr braucht keine Türen, keine Fenster, keine Treppen? Dann besitzt ihr andere Möglichkeiten der Fortbewegung?«

      »Du bist sehr neugierig«, amüsierte sie sich. »Es wird Antworten geben. Aber darf ich dir zunächst meinen Gefolgsmann Zohreh vorstellen? Ihm verdanken wir den Wechsel an diesen Ort.«

      Wir nickten einander zu. Sein Gesicht blieb unter der Kapuze verborgen. Ihn umgab etwas, das ich noch nicht deuten konnte, mich aber auf eine Weise berührte, die vertrauensvoll wirkte. Ich empfand auch Ehrfurcht, denn der Unbekannte hatte die Narbenlande durch Teleportation verlassen, was dem Salmagur Landru nicht möglich war, daher musste er entweder sehr mächtig sein – oder über eine besondere Gabe verfügen, die ihm diese Reisen durch die zerrissene Astralwelt ermöglichten.

      Innerlich mischte sich bei mir die Aufregung der unbekannten Gefahr mit dem Hang, neue Geheimnisse zu ergründen. Und das für mich größte Mysterium stand nur eine Armeslänge von mir entfernt. Viel zu weit für meinen Geschmack.

      »Wer bist du?«, hauchte ich Laana entgegen, mehr verlangend als fragend.

      Sie bemerkte meinen sehnsüchtigen Blick, ihr Gewand zu durchdringen versuchend.

      »Willst du wirklich das Risiko auf dich nehmen, mich nackt zu sehen?« Besorgnis und Hoffnung mischten sich in ihre sinnliche Stimme.

      »Das ist mein sehnlichster Wunsch«, beteuerte ich.

      »Komm mit!« Sie hielt mir ihre Hand hin. Voller Vertrauen nahm ich sie in die meine und näherte mich ihr. Sie machte einen Schritt in die Dunkelheit hinein. Ein Sog entstand, als ich ihr folgte, und mir war, als wechselten wir durch den Schatten in ihr Gemach. Ein interessanter, mir völlig unbekannter Vorgang. Ich hatte das Gefühl, durch einen langen Tunnel aus lebendigem Schatten zu wandern. Alles ging sehr schnell.

      Es duftete nach frischen Kräutern. Ein großer Spiegel stand neben einem ausladenden Bett. Weiche Decken und Kissen überzogen die Schlafstätte und vermittelten genusssüchtige Träume. Meine Fußsohlen sanken in den flauschigen Teppich ein. Auf einen Frisiertisch konnte ich zahlreiche, unterschiedlich geformte Gefäße ausmachen, die wohl Öle und Parfums enthielten.

      Immer noch an der Hand haltend zog sie mich mit zum großen Spiegel. Gemeinsam betrachteten wir mein Ebenbild.

      »Du bist wunderschön«, gestand mir Laana mit ihrer katzenhaft schnurrenden Stimme, während ihre Hand meine sanften Rundungen entlang fuhr und ein Kribbeln auf meiner Haut hinterließ.

      »Ich habe etwas für dich«, schwärmte sie, »komm mit.«

      An der Hand nahm mich Laana mit zu ihren Kleiderschränken. Feinste Gewänder und edle Tuche verteilten sich längs der Wand. Sie stöberte und holte einzelne Stücke hervor, hielt sie vor meinem Körper und wir sahen uns die Wirkung im Spiegel an. Dann bot sie mir mit breitem Lächeln einen sanft durchscheinenden, violetten Umhang an, der lediglich mit schmalen Kordeln verschlossen wurde.

      »Zieh ihn an, er wird dir gut passen«, ermunterte sie mich freudig.

      Auch wenn ich ihre Hilfe bei dem wenigen Stoff nicht brauchte, nahm ich ihre warmen Hände dankbar an. Sanft wie eine Feder senkte sich das dünne Gewebe und legte sich wie ein Hauch von Nichts um meine Hüften. Ein zartes Band ermöglichte, die Taille zu betonen, dabei den Ausschnitt zu weiten und einen tiefen Blick bis zum Bauchnabel hinab zu ermöglichen. Geschickt verbarg der Umhang die Stellen, die den Unterschied zwischen nackt und aufreizend gekleidet ausmachten, gab dabei aber viel Haut preis. Die Farbe hob sich deutlich von meiner dunklen Haut ab und ergänzte sich zu einer verführerischen Erscheinung. Mir blieb der Mund offen stehen, während ich mich selbst im Spiegel sah.

      »In dem Stoff ist die Strähne einer Nymphe eingewoben«, erklärte sie lächelnd. »Du siehst phantastisch darin aus!« Ihre Hand ruhte an meinem Bauch, ihre Lippen hauchten meinem Hals einen prickelnden Kuss auf.

      Dann trat sie einige Schritte zurück und öffnete langsam mit bedächtigen Griffen ihr Gewand. Mir stockte der Atem. Befreit sank der schwarze Stoff raschelnd zu Boden und offenbarte mir das nackte Geheimnis ihres Körpers.

      Ihre blendende Schönheit brannte sich in meine Augen, ein Kunstwerk vollendeter, wie in Stein verewigter Weiblichkeit mit bewundernswerten Formen, ein Sinnbild der Erotik und Inbegriff der Fleischeslust. Fesselnd. Hellblondes Haar fing das wenige Licht im Raum auf und schimmerte nun silbern wie ein Wasserfall im Mondlicht, umrahmte sie und brandete in leichten Wellen über ihre weichen Schultern. Kristallblaue Augen spiegelten meinen bewundernden Blick. Ihr herzförmiger Mund versprach mit großen, weichen rosa Lippen sündige Küsse. Eine schmale Nase betonte die breiten, festen Wangenknochen. Schier unmöglich war es, ihren Körper reiner Weiblichkeit in Gänze zu betrachten, ohne stundenlang bei einer ihrer üppigen, perfekten Rundungen an Brust, Bauch, Hüfte, Po und Beinen zu verweilen. Zarte Haut schimmerte wie Marmor, glatt und edel. Dankbar roch ich ihre ewige Jugend.

      Ich bestand die Prüfung und vermied einen körperlichen Schock, der sicherlich das Leben oder die Sicht


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