Rechtslexikon BGB. Sybille Neumann

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Rechtslexikon BGB - Sybille Neumann


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Frau Keller im April 2019 einen gebrauchten Audi A3 für 3.000 €. Bei den Vertragsverhandlungen verschwieg Herr Vollmer bewusst, dass das Fahrzeug vor einigen Jahren einen schweren Unfall hatte. Im Juni 2019 erfuhr Frau Keller von ihrer Werkstatt, dass sie einen Unfallwagen gekauft hat und verweigert die bisher noch nicht erfolgte Zahlung des Kaufpreises. Kann Herr Vollmer von Frau Keller die Zahlung von 3.000 € verlangen?

      31

      

      

      Lösung

      Herr Vollmer könnte gegen Frau Keller einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 3.000 EUR gem. § 433 Abs. 2 BGB haben. Voraussetzung hierfür ist, dass zwischen V und K ein wirksamer Kaufvertrag gem. § 433 BGB zustande gekommen ist. Dies ist hier der Fall. Jedoch könnte im vorliegenden Fall der Kaufvertrag gem. § 142 Abs. 1 BGB nichtig sein.

      Voraussetzung hierfür wäre, dass der Vertrag wirksam angefochten werden könnte. Hierzu müsste zunächst ein Anfechtungsgrund gegeben sein. Dieser könnte hier in der arglistigen Täuschung gem. § 123 Abs. 1 1. Alt. BGB liegen. Das heißt, es müsste zunächst eine Täuschungshandlung auf Seiten des Herrn Vollmer vorliegen. Durch positives Tun hat er Frau Keller nicht getäuscht. Er hat auch keine wahre Tatsache entstellt oder unterdrückt. Hier könnte jedoch ein Verschweigen trotz Aufklärungspflicht in Frage kommen. Das Auto hat einen schweren Unfall erlitten. Einen solchen schweren Unfall hat der Verkäufer auch ohne besondere Aufforderung des Käufers zu erwähnen. Dies hat Herr Vollmer nicht getan. Folglich hat er Frau Keller getäuscht. Dies war auch widerrechtlich, da es hierfür keinen Rechtfertigungsgrund gab. Fraglich ist, ob Herr Vollmer auch arglistig, d. h. vorsätzlich mit Wissen und Wollen gehandelt hat. Herr Vollmer wusste, dass der Wagen einen Unfall erlitten hat. Durch sein Schweigen trotz Aufklärungspflicht wollte er Frau Keller gerade dazu bewegen, das Auto zu kaufen, sie also zur Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung bestimmen. Bei Frau Keller wurde durch das Verschweigen ein Irrtum herbeigeführt. Sie ging nämlich davon aus, dass der Wagen unfallfrei sei. Dieser Irrtum war auch kausal für die Annahme des Antrags von Herrn Vollmer. Hätte sie von dem Unfall gewusst, hätte sie den Kaufvertrag mit ihm nicht abgeschlossen; zumindest nicht zu den Bedingungen.

      Somit liegt eine arglistige Täuschung gem. § 123 Abs. 1 1. Alt. BGB vor.

      Des Weiteren ist erforderlich, dass eine Anfechtungserklärung gem. § 143 Abs. 1 BGB erfolgte. Ausdrücklich hat Frau Keller den Kaufvertrag nicht angefochten, jedoch konkludent durch ihre Weigerung den Kaufpreis zu zahlen.

      Zudem ist die Anfechtungsfrist gem. § 124 BGB einzuhalten. Diese beträgt ein Jahr beginnend mit der Entdeckung der arglistigen Täuschung. Da Frau Keller die Anfechtung sofort nach Entdeckung der Täuschung erklärt, ist diese Voraussetzung ebenfalls erfüllt. Die Willenserklärung von Frau Keller ist wirksam angefochten worden; der Kaufvertrag zwischen Herrn Vollmer und Frau Keller hat somit keinen Bestand. Somit kann Herr Vollmer von Frau Keller nicht die Zahlung von 3.000 € gem. § 433 Abs. 2 BGB verlangen.

      Weiterführende Literatur

      Stefan Arnold, Die arglistige Täuschung im BGB, JuS 2013, S. 865-870. Kai Büchler, Die Anfechtungsgründe des § 123 BGB, JuS 2009, S. 976-980. Stephan Lorenz, Grundwissen – Zivilrecht: Willensmängel, JuS 2012, S. 490-493. Hans-Joachim Musielak, Die Anfechtung einer Willenserklärung wegen Irrtums, JuS 2014, S. 491-495; S. 583-589

      Anmerkungen

       [1]

      RG, Urt. v. 8.6.1920, RGZ 99, S. 147-149.

      A › Annahme §§ 147 ff. BGB

      32

      Die Annahme ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung (Willenserklärung), durch die der Antragsempfänger sich mit dem Antrag (Antrag) uneingeschränkt einverstanden erklärt.

      AAnnahme §§ 147 ff. BGB › Erläuterungen

      Erläuterungen

      33

      Die Annahme kann ausdrücklich, aber auch konkludent (schlüssig; durch das Verhalten) erfolgen. Das bloße Schweigen stellt keine Willenserklärung und damit auch keine Annahme dar. Eine gewohnheitsrechtliche Besonderheit ist allerdings das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben: Dieses Schreiben hält unter Kaufleuten mündlich geschlossene Verhandlungsergebnisse schriftlich fest; hierbei darf das Schreiben vom mündlich Vereinbarten durch Ergänzungen und Modifizierungen nicht gravierend abweichen. Widerspricht der Adressat und Vertragspartner dem Schreiben nicht unverzüglich, so gilt der Inhalt des Schreibens als vereinbart.

      Weiterführende Literatur

      Tobias Lettl, Das kaufmännische Bestätigungsschreiben, JuS 2008, S. 849-854.

      A › Anspruch § 194 Abs. 1 BGB

      34

      Ein Anspruch ist gem. § 194 Abs. 1 BGB „das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen.“

      AAnspruch § 194 Abs. 1 BGB › Erläuterungen

      Erläuterungen

      35

      Nach der vom Gesetzgeber vorgenommenen Definition kann ein Anspruch entweder in einem Recht auf ein Tun oder Unterlassen bestehen. Unter Tun versteht man hierbei jede mögliche Handlung; beispielsweise die Lieferung einer Sache zur Erfüllung eines Kaufvertrages. Unter dem Begriff Unterlassen ist das genaue Gegenteil zu verstehen, nämlich eine Handlung nicht vorzunehmen; z. B. nicht weiter den geschützten Namen Haribo zu verwenden.

      Im zweiten Buch des BGB, also im Teil „Recht der Schuldverhältnisse“, spricht der Gesetzgeber nicht von Ansprüchen, sondern von Forderungen; gemeint ist das Gleiche.

      Weiterführende Literatur

      Jens Petersen, Die Anspruchsgrundlagen des Allgemeinen Teils, JURA 2002, S. 743-748.

      A › Antrag/Angebot §§ 145 ff. BGB

      36

      Der Antrag ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung (Willenserklärung), die inhaltlich so bestimmt oder bestimmbar ist, dass die Annahme (Annahme) mit einem einfachen „Ja“ erfolgen kann und es somit zum Vertragsschluss (Скачать книгу