Handbuch des Aktienrechts. Hans-Peter Schwintowski
Читать онлайн книгу.werden, die Kapitalerhöhung blieb trotz Eintragung unwirksam und die an die Aktionäre ausgegebenen Aktien waren nichtig.[418] Die Aktienurkunden gewährten in diesem Fall keine Mitgliedschaftsrechte und waren aus dem Verkehr zu ziehen.[419] Auch ein gutgläubiger Erwerb war in diesem Fall nicht möglich.[420] Die Zeichner konnten jedoch entsprechend § 277 Abs. 3 AktG jedenfalls dann zur Erbringung der Einlage verpflichtet sein, wenn dies zur Erfüllung der eingegangenen Verbindlichkeiten erforderlich war.[421] Die Ausgeber waren den vermeintlichen Aktionären gegenüber schadensersatzpflichtig (§ 191 AktG).[422] Nach heute herrschender Auffassung werden fehlerhafte Kapitalerhöhungen nunmehr nach den Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft abgewickelt.[423] Dies bedeutet, dass die nach Ausgabe der unwirksamen Aktien und unter Beteiligung der vermeintlichen Aktionäre erfolgten Dividendenzahlungen, Jahresabschlüsse etc. Bestand haben.[424] Die fehlerhafte Kapitalerhöhung ist dann zwischen der AG und den Zeichnern der fehlerhaften Aktien nach den Regeln über die Einziehung der Aktien mit Wirkung für die Zukunft rückabzuwickeln.[425] Als Abfindung kann die Gesellschaft nach ihrer Wahl fehlerfreie Aktien ausgeben oder eine Barabfindung leisten.[426]
5. Kapitel Kapitalmaßnahmen › II. Erhöhung des Grundkapitals › 2. Bedingte Kapitalerhöhung
2.1 Grundfragen/Übersicht
2.1.1 Begriff und Bedeutung
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Die bedingte Kapitalerhöhung ist in den §§ 192 ff. AktG geregelt. Gem. § 192 Abs. 1 AktG kann die HV eine Erhöhung des Grundkapitals beschließen, die nur insoweit durchgeführt werden soll, wie von einem Umtausch- oder Bezugsrecht Gebrauch gemacht wird, dass die Gesellschaft auf die neuen Bezugsaktien einräumt. Die bedingte Kapitalerhöhung ist eine Satzungsänderung, für die ausschließlich die HV der AG zuständig ist. Nicht möglich ist es, bedingtes Kapital bereits mit der Gründungssatzung zu schaffen.[427]
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Charakteristisch für die bedingte Kapitalerhöhung ist, dass die AG für einen bestimmten Zeitraum nach dem Beschluss der bedingten Erhöhung des Grundkapitals keinen Einfluss mehr auf den Ablauf und den Umfang der Kapitalerhöhung hat. Vielmehr haben es die Bezugsberechtigten selbst in der Hand, zu welchem Zeitpunkt und ob sie überhaupt Aktien der Gesellschaft erwerben wollen.
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Die Erhöhung des Grundkapitals der Gesellschaft erfolgt bei der bedingten Kapitalerhöhung daher nicht bereits durch die Eintragung des von der HV gefassten Beschlusses zur Schaffung des bedingten Kapitals. Durch den Beschluss wird vielmehr eine Bandbreite geschaffen, innerhalb der später das Grundkapital – abhängig von der Anzahl der Zeichnungen – erhöht wird. Der Wortlaut des Beschlusses, welcher den möglichen Erhöhungsbetrag festlegt, wird in der Satzung der AG niedergelegt. Anders als bei der ordentlichen Kapitalerhöhung ist es nicht erforderlich, dass alle Einzahlungen auf die bisherigen Einlagen bereits erbracht sind, da § 182 Abs. 4 AktG bei der bedingten Kapitalerhöhung nicht anzuwenden ist.[428]
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Nach § 192 Abs. 2 AktG darf der Nennbetrag des bedingten Kapitals die Hälfte bzw. – bei der Gewährung von Mitarbeiteraktien – 10 % des Grundkapitals der Gesellschaft, das zur Zeit der Beschlussfassung über die bedingte Kapitalerhöhung vorhanden ist, nicht übersteigen. Im Unterschied zur regulären Kapitalerhöhung und zum genehmigten Kapital wird die bedingte Kapitalerhöhung bereits mit der Ausgabe der Bezugsaktien (§ 200 AktG) und nicht erst mit Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung im Handelsregister wirksam. Die Erhöhung des Grundkapitals erfolgt dabei mit jeder wirksamen Ausgabe um den rechnerischen Nennbetrag der ausgegebenen Aktien. Dies hat zur Folge, dass mit jeder weiteren Ausgabe von Aktien aus einer bedingten Kapitalerhöhung der Satzungstext über die Höhe des Grundkapitals falsch wird. Der Satzungstext muss jedoch nicht bei jeder Ausgabe von neuen Aktien korrigiert werden. Es reicht aus, wenn die Satzung nach §§ 179, 181 AktG nach Ablauf der Bezugsfrist korrigiert wird. Hierbei handelt es sich um eine bloße Fassungsänderung der Satzung, welche in der Praxis meist aufgrund einer ausdrücklichen Satzungsbestimmung an den Aufsichtsrat delegiert ist. Fehlt eine solche Satzungsbestimmung, so kann auch der Kapitalerhöhungsbeschluss in Ausnahmefällen in diesem Sinne auszulegen sein.[429]
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Im Überblick stellen sich die Schritte der bedingten Kapitalerhöhung wie folgt dar[430]:
– | Beschlussfassung der HV; |
– | Anmeldung des Kapitalerhöhungsbeschlusses beim zuständigen Handelsregister und Eintragung; |
– | Ausgabe der Bezugs- und Umtauschrechte; |
– | Abgabe der Bezugserklärung; |
– | Volle Leistung des Gegenwertes für die Bezugsaktien; |
– | Ausgabe von Bezugsaktien durch die Verwaltung, Wirksamkeit der Kapitalerhöhung; |
– | Anmeldung und Eintragung der Aktienausgabe; |
– | Berichtigung der Satzung. |
2.1.2 Zwecke der bedingten Kapitalerhöhung
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§ 192 Abs. 2 AktG bestimmt, dass die bedingte Kapitalerhöhung ausschließlich zu den folgenden drei Zwecken beschlossen werden soll:
– | zur Gewährung von Umtausch- oder Bezugsrechten auf Grund von Wandelschuldverschreibungen, |
– | zur Vorbereitung des Zusammenschlusses mehrerer Unternehmen, |
– | zur Gewährung von Bezugsrechten an Arbeitnehmer und Mitglieder der Geschäftsführung der Gesellschaft oder eines verbundenen Unternehmens im Wege des Zustimmungs- oder Ermächtigungsbeschlusses. |
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Die in § 192 Abs. 2 AktG enthaltene Aufzählung der Zwecke der bedingten Kapitalerhöhung wird von der h.M. grds. als abschließend angesehen.[431] Dies wird zumeist damit begründet, dass die Wirkung der bedingten Kapitalerhöhung einem Bezugsrechtsausschluss gleichkomme, ohne dass dabei die gesetzlichen Voraussetzungen für den Bezugsrechtsausschluss (§ 186 Abs. 3 und 4 AktG) eingehalten werden müssten. Weiterhin sei die spezielle Bindungswirkung gegenüber den Bezugsberechtigten eine nicht unerhebliche Belastung für die Gesellschaft.[432] Es sei deshalb notwendig, zu verhindern, dass die eigentlich als Ausnahme gedachte bedingte Kapitalerhöhung sich als praktischer Regelfall gegenüber der ordentlichen Kapitalerhöhung durchsetzt.[433] Dem ist grds. zuzustimmen, jedoch nur mit der Maßgabe, dass die bedingte Kapitalerhöhung für weitere Fälle, wie den in § 192 Abs. 2 AktG beschriebenen, zulässig ist, wenn Inhalt und Auswirkungen den Fallgruppen des § 192 Abs. 1 AktG im Wesentlichen entsprechen. Dies trifft u.a. auf Options-Aktien, Options-Genussrechte, nackte Optionen[434] oder bei der Umwandlung von Komplementäranteilen in Aktien bei einer KGaA zu.[435]
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Wird eine bedingte Kapitalerhöhung zu einem gesetzlich nicht zugelassenen Zweck beschlossen, ist der Beschluss nicht nichtig, aber anfechtbar.[436] Im Zweifel wird der insoweit prüfungspflichtige Richter die Eintragung eines unzulässigen Beschlusses