Namenlos. Уилки Коллинз

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Namenlos - Уилки Коллинз


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mit Schnee bedeckt hätten: würde sein Antlitz schwerlich ein größeres Staunen ausgedrückt haben, als es aussprach, wie seine Tochter stammelnd jene letzten vier Worte sagte. Er versuchte, sie anzusehen, aber sie wehrte ihm beharrlich den Weg dazu, sie verbarg ihr Gesicht über seiner Schulter. War es ihr Ernst? Seine Wangen, fort und fort von ihren Thränen benetzt, antworteten statt ihrer. Es trat eine lange Pause und Stillschweigen ein; sie wartete – mit ungewöhnlicher Geduld, sie wartete, bis er sprechen werde. Er erhob sich und sprach nun diese Worte:

      – Du überraschest mich, Magdalene; Du überraschest mich mehr, als ich sagen kann.

      Bei dem veränderten Tone seiner Stimme, welcher sich zu ruhigem väterlichen Ernst verdüstert hatte, schlangen sich Magdalenens Arme noch enger als vorher um ihn.

      – Habe ich Dich unangenehm überrascht, Papa? – fragte sie furchtsam. O sage nicht, daß ich Dich so überrascht habe! Wem soll ich denn mein Geheimniß offenbaren, wenn nicht Dir? Laß ihn nicht fortgehen, laß ihn nicht, ja nicht! Du wirst ihm das Herz brechen. Er fürchtet sich, es seinem Vater zu sagen, er, fürchtet sogar, Du möchtest böse auf ihn werden. Es ist Niemand da, der für uns sprechen kann, … außer mir. Ach, laß ihn nicht fort! Thue es nicht um seinetwillen und sie flüsterte die nächsten Worte mit einem Kuß – thu es nicht um meinetwillen!

      Das milde Angesicht ihres Vaters wurde traurig, er seufzte und klopfte ihr zärtlich auf die schönen Wangen.

      – Sei nur stille, mein Kind, sagte er leise, sei stille.

      Sie wußte nicht, wie ihm jedes ihrer Worte, jede ihrer Handlungen mehr Aufklärung geben mußte. Sie hatte ihn von ihrer Kindheit bis auf diesen Tag zu ihrem natürlichen Spielkameraden gemacht. Sie hatte im Kinderröckchen mit ihm herum gespielt, sie hatte sich im Mädchenkleide mit ihm herumgeschäkert. Er war niemals lange genug von ihr getrennt gewesen, daß die Veränderungen im Aeußern seiner Tochter seine Aufmerksamkeit erregt hätten. Seine ungekünstelte väterliche Theilnahme für sie hatte ihn glauben gemacht, daß sie ein höher aufgeschossenes Kind als andere sei, weiter hatte er sich Nichts träumen lassen. Und nun kam auf einmal in einem jähen Athem versetzenden Augenblicke die Ueberzeugung über ihn, daß sie ein Weib geworden. – Er fühlte es an dem Sturme ihres gegen seine Brust gedrückten Busens, an dem nervösen Zittern ihrer Arme, die sie um seinen Hals geschlungen hielt. Die Magdalene seines unschuldigen Umganges – ein Weib mit der Hauptleidenschaft seines Geschlechts, ein Weib, dessen Herz schon vergeben!

      – Hast Du lange darüber nachgedacht, meine Theure? fragte er, sobald er so viel Fassung gewonnen hatte, um wieder sprechen zu können. Bist Du darüber im Reinen …?

      Sie beantwortete die Frage, noch ehe er sie vollendet hatte.

      – Ich …, ob ich ihn liebe? sagte sie. Ach welche Worte könnten mein Ja so ausdrücken, wie ich es sagen möchte! Ich liebe ihn —!

      Ihre Stimme wurde weich und zitterte, und ihre Antwort endigte in einem Seufzer.

      – Ihr seid sehr jung. Du und Frank, meine Liebe, seid Beide sehr jung.

      Da hob sie zum ersten Male ihr Haupt von seiner Schulter empor. Gedanke und Wort kamen ihr in einem und demselben Augenblicke.

      – Sind wir viel junger, als Du und Mamma waret? fragte sie unter Thränen lächelnd.

      Sie versuchte ihr Haupt wieder an die alte Stelle zu legen, aber als sie diese Worte sprach, faßte sie ihr Vater um die Brust, nöthigte sie, bevor sie es verhindern konnte, ihm ins Gesicht zu sehen und küßte sie in einem plötzlichen Zärtlichkeitsausbruche, der ihr aufs Neue die Thränen stromweis in die Augen trieb.

      – Nicht viel junger, mein Kind, sagte er mit tiefer gebrochener Stimme, – nicht viel junger, als Deine, Mutter und ich waren.

      Er hielt sie von sich ab, erhob sich von dem Sitze und wandte den Kopf schnell zur Seite.

      – Warte hier und beruhige Dich; ich will hinein gehen und mit Deiner Mutter sprechen.

      Seine Stimme zitterte bei diesen letzten Worten, und er verließ sie, ohne sich ein einziges Mal umzusehen.

      Sie wartete, wartete peinlich lange, und er kam nicht zurück. Zuletzt trieb sie die wachsende Angst ihm ins Haus nachzufolgen. Eine neue Bangigkeit machte ihr Herz erbeben, als sie zaghaft der Thür näher und näher kam. Niemals hatte sie so die Tiefen des einfachen Charakters ihres Vaters geschaut, aufgeregt, wie sie jetzt durch ihr Bekenntniß waren. Sie fürchtete sich vor der nächsten Begegnung mit ihm. Sie wanderte leise in der Flur hin und her mit einer ihr an sich selbst ganz neuen Schüchternheit, mit einer Angst vor der Begegnung und Ansprache ihrer Schwester oder Miss Garths, welche sie nervös aufgeregt auf das leichteste Geräusch im Hause achten ließ. Die Thür des Morgenzimmers öffnete sich, als sie gerade den Rücken gewendet hatte. Sie hielt jählings ihre Schritte an, als sie sich umsah und ihren Vater in der Halle erblickte: ihr Herz schlug schneller und schneller, und sie fühlte, wie sie erbleichte Ein zweiter Blick auf ihn, wie er näher zu ihr kam, beruhigte sie wieder. Er war ja wieder ruhig, obgleich nicht so heiter als gewöhnlich. Sie bemerkte, daß er ihr mit einer zuvorkommenden Milde in Wesen und Sprache begegnete, welche mehr seiner Art und Weise gegenüber ihrer Mutter, als seinem gewöhnlichen Verhalten gegen sie selbst, ähnlich war.

      – Geh hinein, meine Liebe, sagte er, indem er die Thür, die er eben hinter sich zugemacht, vor ihr öffnete. Erzähle Deiner Mutter Alles, was Du mir erzählt hast und noch mehr, wenn Du noch mehr zu sagen hast. Sie ist darauf mehr vorbereitet, als ich es war. Wir wollen Dies heute in Ueberlegung ziehen, Magdalene, und morgen sollst Du, soll Frank erfahren, was wir beschließen.

      Ihre Augen leuchteten auf, als sie in sein Gesicht schauten und darin bereits die Entscheidung lasen, und strahlten in der doppelten Innigkeit ihrer Weiblichkeit und ihrer Liebe. Glücklich und schön in ihrer überströmenden Seligkeit, führte sie seine Hand an ihre Lippen und ging ohne Zagen in das Morgenzimmer. Dort hatten die Worte ihres Vaters ihr bereits den Weg bereitet, dort war der erste jähe Eindruck der Ueberraschung bereits vorüber und überwunden, und nur die angenehme Seite derselben war geblieben. Ihre Mutter war auch einmal in ihrem Alter gewesen und konnte also wissen, wie heiß sie Frank liebte. So dachte sie in ihren Gedanken über die ihrer harrende Unterredung, und sie hatte, außer daß ein gewisser ungewöhnlicher Zug von Zurückhaltung in Mrs. Vanstones erstem Empfange lag, richtig geahnt. Nach einer kleinen Weile wurden der Mutter Fragen immer zutraulicher und ungezwungener, wie sie die süßen, unvergessenen Erinnerungen des Mutterherzens ihr eingaben, sie lebte in den Antworten der Tochter noch einmal ihre eigenen jungen Tage voll Hoffnung und Liebe durch!

      Den andern Morgen wurde die hochwichtige Entscheidung in Worten kund gethan. Mr. Vanstone nahm seine Tochter in das Zimmer der Mutter mit hinauf und legte ihr das Ergebniß der gestrigen Berathung und der über Nacht hinterdrein gekommenen Ueberlegung vor. Er sprach mit Voller Herzlichkeit und Fassung, aber mit weniger und ernsteren Worten als sonst. Dabei hielt er während der ganzen Unterredung die Hand seiner Gattin zärtlich in der seinigen.

      Er zeigte Magdalenen an, daß weder er noch ihre Mutter sich berechtigt hielten, ihre Neigung für Frank zu tadeln.

      Sie war zum Theil vielleicht eine natürliche Folge ihrer kindlichen Vertraulichkeit mit ihm gewesen, zum Theil aber auch die Wirkung des engern Zusammenseins Beider, welches die Theateraufführung nothwendig herbeigeführt hatte. Zugleich war es nun die Pflicht ihrer Aeltern, diese Neigung nach beiden Seiten, ernstlich um ihrer, der Tochter, selber willen ernst zu prüfen, da ja ihr künftiges Glück ihre eigene höchste Sorge war, dann auch um Franks willen, da sie verpflichtet waren, ihm Gelegenheit zu bieten, sich des auf ihn gesetzten Vertrauens würdig zu zeigen. Sie waren sich Beide bewußt, daß sie für Frank ein starkes Vorurtheil hatten. Das wunderliche Wesen seines Vaters hatte den jungen Mann zum Gegenstand ihres Mitleids und ihrer Fürsorge gemacht, schon von seinen frühesten Jahren an. Er und seine jüngeren Brüder hatten ja bei ihnen die Stellen derjenigen ihrer eigenen Kinder eingenommen, welche sie durch den Tod verloren hatten. Obgleich sie der festen Ueberzeugung waren, daß ihre gute Meinung von Frank wohlbegründet sei, so war es doch im Interesse des Glückes ihrer Tochter nothwendig geboten, die Richtigkeit dieser Meinung durch Feststellung gewisser Bedingungen und Anberaumung eines Jahres Aufschub zwischen der beabsichtigten Verheirathung und dem gegenwärtigen Zeitpunkte


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