Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма

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Der Graf von Bragelonne - Александр Дюма


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wieder in die Mode kommen, indem man nur seinen Namen in den von Colbert verwandeln würde.«

      »Buh!« erwiederte la Fontaine, »das ist unmöglich; Ihr werdet nie Colbert in Epiktet finden.«

      »Ihr habt Recht, ich finde darin höchstens Coluber.«2

      »Ah! Ihr seid geschlagen, Conrart, Ihr nehmt Eure Zuflucht zum Wortspiel. Herr Arnauld behauptet, ich habe keine Logik . . . ich habe mehr als Herr Nicolle.«

      »Ja,« erwiederte Conrart, »Ihr habt Logik, doch Ihr seid Jansenist.«

      Dieses Wort wurde mit einem ungeheuren Gelächter aufgenommen. Allmälig waren die Spaziergänger durch die Ausrufungen der zwei Haberechte zu dem Gebüsch gelockt worden, unter dem sie stritten. Man hatte die ganze Verhandlung mit frommer Aufmerksamkeit angehört, und selbst Fouquet, der kaum an sich halten konnte, gab das Beispiel der Mäßigung.

      Doch die Entwickelung der Scene warf ihn über jedes Maß hinaus, und er brach los. Alle Welt brach los, und die zwei Philosophen wurden mit einstimmigen Glückwünschen begrüßt.

      Man erklärte jedoch la Fontaine zum Sieger wegen seiner tiefen Gelehrsamkeit und seiner unwidersprechlichen Logik.

      Conrart erhielt die einem unglücklichen Streiter gebührende Entschädigung; man spendete ihm Lob über die Redlichkeit seiner Absichten und die Reinheit seines Gewissens.

      In dem Augenblick, wo sich diese Freude durch die lebhaftesten Kundgebungen äußerte, in dem Augenblick, wo die Damen den zwei Gegnern Vorwürfe machten, daß sie die Frauen nicht in das System des epikuräischen Glücks aufgenommen, sah man Gourville vom andern Ende des Gartens kommen, sich Fouquet, der mit scharfen Blicken nach ihm schaute, nähern und ihn durch seine Gegenwart allein von der Gruppe trennen.

      Der Oberintendant behielt auf seinem Gesicht das Lachen und alle Charaktere der Sorglosigkeit; kaum aber war er aus dem Blick, als er die Maske abwarf und rasch Gourville fragte:

      »Nun! wo ist Pelisson? Was macht Pelisson?«

      »Pelisson kommt so eben von Paris zurück.«

      »Hat er die Gefangenen zurückgebracht?«

      »Er konnte nicht einmal den Aufseher des Gefängnisses sprechen.«

      »Wie! hat er nicht gesagt, er käme auf mein Geheiß?«

      »Er hat es gesagt; doch der Aufseher ließ antworten: »»Kommt man auf das Geheiß des Herrn Fouquet, so muß man einen Brief von Herrn Fouquet haben.««

      »Oh! wenn es sich nur darum handelt, ihm einen Brief, n geben . . . «

      »Nie,« erwiederte Pelisson, der sich an der Ecke des kleines Gehölzes zeigte, »nie, Monseigneur . . . Geht selbst und sprecht in Eurem Namen.«

      »Ja, Ihr habt Recht; ich kehre in mein Cabinet zurück, als ob ich arbeiten wollte; laßt die Pferde angespannt, Pelisson. Haltet meine Freunde auf, Gourville.«

      »Noch einen Rath, Monseigneur,« sagte dieser.

      »Sprecht, Gourville.«

      »Geht nur im letzten Augenblick zum Aufseher; ein solcher Schritt ist zwar muthig, aber nicht geschickt. Entschuldigt mich, Herr Pelisson, wenn ich anderer Ansicht bin, als Ihr; aber glaubt mir, Monseigneur, schickt noch Jemand ab, um mit diesem Aufseher, der ein artiger Mann ist, zu unterhandeln; unterhandelt jedoch nicht selbst.«

      »Ich werde mich besinnen,« erwiederte Fouquet; »übrigens haben wir die ganze Nacht für uns.

      »Rechnet nicht zu sehr auf die Nacht, und hätten wir auch doppelt so viel Zeit, als wir haben,« entgegnete Pelisson, »es ist nie ein Fehler, wenn man zu früh kommt.«

      »Gott befohlen,« sagte der Oberintendant; »kommt mit mir, Pelisson.«

      Und er entfernte sich.

      Die Epikuräer bemerkten nicht, daß das Haupt der Schule verschwunden war; die Musik währte aber die ganze Nacht fort.

       XVII.

      Eine Viertelstunde Verzug

      Zum zweiten Mal an diesem Tage außerhalb seines Hauses, fühlte sich Fouquet minder schwer und minder unruhig, als man hätte glauben sollen.

      Er wandte sich gegen Pelisson, der mit ernster Miene in seinem Winkel im Wagen über eine gute Beweisführung gegen die Hitze von Colbert nachdachte.

      »Mein lieber Pelisson,« sagte Fouquet, »es ist sehr Schade, daß Ihr kein Weib seid.«

      »Ich glaube im Gegentheil, es ist ein Glück,« erwiederte Pelisson, »denn, Monseigneur, ich bin ungemein häßlich.«

      »Pelisson! Pelisson!« rief der Oberintendant, »Ihr wiederholt zu oft, daß Ihr häßlich seid, um nicht glauben zu machen, es bereite Euch dies viel Kummer.«

      »In der That, viel, Monseigneur; es gibt keinen Menschen, der unglücklicher ist, als ich; ich war schon, die Blattern haben mich häßlich gemacht; ich bin eines großen Mittels der Verführung beraubt; als Euer erster, oder beinahe erster Commis habe ich Eure Interessen zu wahren, und wenn ich in diesem Augenblick hübsch wäre, würde ich Euch einen wichtigen Dienst leisten.«

      »Welchen?«

      »Ich würde zum Aufseher des Palastes gehen und ihn verführen, denn er ist ein galanter Mann von verliebter Natur; dann würde ich unsere zwei Gefangenen wegbringen.«

      »Ich hoffe dies wohl selbst noch thun zu können, obschon ich keine hübsche Frau bin,« sagte Fouquet.

      »Einverstanden, Monseigneur; doch Ihr werdet Euch bedeutend gefährden.«

      »Oh!« rief plötzlich Fouquet mit einer jener geheimen Aufwallungen, wie sie im Herzen das edle Blut der Jugend oder die Erinnerung an eine süße Gemüthsbewegung besitzen, »oh! ich kenne eine Frau, welche bei dem Gouverneur der Conciergerie die Person spielen wird, der wir bedürfen.«

      »Ich kenne fünfzig, Monseigneur, fünfzig Trompeter, welche das Weltall von Eurer Großmuth, von Eurer Aufopferung für Eure Freunde unterrichten und Euch folglich früher oder später in’s Verderben stürzen werden.«

      »Ich spreche nicht von diesen Frauen, Pelisson, ich spreche von einem edlen und schönen Geschöpf, das mit dem Geiste seines Geschlechts den Werth und die Kaltblütigkeit des unsern verbindet; ich spreche von einer Frau, welche schön genug ist, daß sich die Mauern des Gefängnisses verbeugen, um sie zu begrüßen, von einer Frau, welche verschwiegen genug ist, daß Niemand ahnen kann, wer sie abgeschickt hat.«

      »Ein Schatz,« sagte Pelisson; »Ihr würdet da dem Herrn Gouverneur der Conciergerie ein herrliches Geschenk machen. Teufel! Monseigneur, es könnte geschehen, daß man ihm den Kopf abschlüge, doch er hätte dann vor seinem Tod ein Liebesglück gehabt, wie es vor ihm nie ein Mann gefunden haben würde.«

      »Und ich füge bei,« sprach Fouquet, »daß man dem Concierge des Palastes nicht den Kopf abschlagen würde, denn er bekäme von mir meine Pferde, um sich zu flüchten, und fünfmal hundert tausend Livres, um anständig und ehrenhaft in England zu leben; ich füge bei, daß die Frau, meine Freundin, ihm nur die Pferde und das Geld geben würde. Suchen wir diese Frau’ auf, Pelisson.«

      Der Oberintendant streckte die Hand nach der Schnur von Seide und Gold aus, welche im Innern seines Wagens angebracht war. Pelisson hielt ihn zurück.

      »Monseigneur,« sagte er, »Ihr werdet mit Aufsuchung dieser Frau ebenso viel Zeit verlieren, als Columbus brauchte, um die neue Welt zu finden. Wir haben nur zwei Stunden, um unsern Zweck zu erreichen; ist aber einmal der Concierge zu Bette gegangen, wie zu ihm dringen, ohne ein gewaltiges Geräusch? ist es einmal Tag geworden, wie unsere Schritte verbergen? Geht, geht, Monseigneur, geht selbst und sucht weder Engel noch Frau.«

      »Mein lieber Pelisson, wir sind vor ihrer Thüre.«

      »Vor der Thüre des Engels?«

      »Ja wohl!«

      »Das ist das Hotel von Frau von Bellière.«

      »Stille!«

      »Ah!


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<p>2</p>

Natter.