Königin Margot. Александр Дюма
Читать онлайн книгу.und war in ihr Zimmer zurückgekehrt. Als sie aber ganz zitternd eintrat, erblickte sie Gillonne, welche voll Schrecken nach der Thüre des Cabinets geneigt, die auf dem Bette, auf den Meubles und auf dem Teppich verbreiteten Blutspuren betrachtete.
»Oh, Madame,« rief sie, die Königin gewahrend, »oh, Madame! er ist also todt!«
»Stille, Gillonne,« sprach Margarethe mit dem Tone, der die höchste Wichtigkeit des Befehles andeutet.
Gillonne schwieg.
Margarethe zog nun aus ihrer Tasche einen kleinen vergoldeten Schlüssel hervor, öffnete die Thüre des Cabinets und zeigte mit dem Finger Gillonne den jungen Mann.
La Mole war es gelungen, sich zu erheben und dem Fenster zu nähern. Ein kleiner Dolch, wie ihn zu jener Zeit die Frauen trugen, fand sich unter seiner Hand; der junge Edelmann ergriff ihn, als er die Thüre öffnen hörte.
»Fürchtet nichts, mein Herr,« sprach Margarethe, »denn bei meiner Seele, Ihr seid in Sicherheit.«
La Mole sank auf seine Kniee nieder und rief:
»Oh1 Madame, Ihr seid für mich mehr als eine Königin, Ihr seid eine Gottheit.«
»Bewegt Euch nicht so sehr, mein Herr!« rief Margarethe, »Euer Blut fließt noch. Oh! schau, Gillonne, wie bleich er ist! Sprecht, wo seid Ihr verwundet?«
»Madame,« sprach La Mole, indem er auf Hauptpunkten den durch seinen ganzen Körper irrenden Schmerz festzustellen suchte, »ich glaube, ich habe einen Dolchstich in die Schulter und einen andern in die Brust bekommen. Bei den übrigen Wunden ist es nicht der Mühe werth, daß man sich damit beschäftigt.«
»Wir werden es sehen,« sprach Margarethe. »Gillonne, bringe mein Kistchen mit den Balsamen.«
Gillonne gehorchte und kehrte, in einer Hand das Kistchen, in der andern ein Wassergeschirr von Vermeil und feine holländische Leinwand haltend, zurück.
»Hilf mir ihn aufheben, Gillonne,« sagte die Königin Margarethe, »denn sich selbst erhebend, hat der Unglückliche seine Kräfte vollends verloren.«
»Aber, Madame,« sprach La Mole, »ich bin ganz verwirrt, ich kann in der That nicht dulden …«
»Mein Herr, Ihr werdet wohl zugeben, daß ich Euch verbinde,« sagte Margarethe: »wenn wir Euch retten können, wäre es ein Verbrechen, Euch sterben zu lassen.«
»Oh!« rief La Mole, »ich will lieber sterben, als sehen, wie Ihr, die Königin, Euch mit einem unwürdigen Blute, wie das meinige, die Hände befleckt … Oh, nie! Nie!« …
Und er wich ehrfurchtsvoll zurück.
»Euer Blut, Herr,« versetzte lächelnd Gillonne, »ei! Ihr habt nach Belieben bereits das Bett und das Zimmer Ihrer Majestät damit befleckt.«
Margarethe schlug ihren Mantel über ihrem ganz mit rothen Flecken besprengten Battistgewande zusammen. Diese Geberde voll weiblicher Schamhaftigkeit erinnerte La Mole daran, daß er die so beneidete, so schöne, so geliebte Königin, in seinen Armen gehalten, an seine Brust gedrückt hatte, und bei dieser Erinnerung färbte eine flüchtige Röthe seine bleichen Wangen.
»Madame,« stammelte er, »könnt Ihr mich nicht der Sorge eines Wundarztes überlassen?«
»Eines katholischen Wundarztes, nicht wahr?« fragte die Königin mit einem Ausdrucke, den er verstand und der ihn beben machte.
»Wißt Ihr denn nicht,« fuhr die Königin mit einer Stimme und einem Lächeln voll unsäglicher Weichheit fort, »daß wir Töchter von Frankreich bei unserer Erziehung den Werth der Pflanzen kennen und die Balsame bereiten lernen? denn es ist in jeder Zeit unsere Pflicht als Frauen und als Königinnen gewesen, die Schmerzen zu lindern. Wir kommen auch den besten Wundärzten der Welt gleich, wenigstens wie uns unsere Schmeichler sagen. Ist Euch mein Ruf in dieser Hinsicht nicht zu Ohren gekommen? Auf, Gillonne, an das Werk!«
La Mole wollte es noch einmal versuchen, zu widerstehen, er wiederholte, er würde lieber sterben, als der Königin diese Arbeit verursachen, welche mit dem Mitleid anfangen und mit dem Ekel endigen könnte. Dieser Kampf diente nur dazu, seine Kräfte vollends zu erschöpfen. Er wankte, schloß die Augen und ließ seinen Kopf zum zweiten Male ohnmächtig zurückfallen.
Da nahm Margarethe den Dolch, den er aus den Händen hatte fallen lassen, und durchschnitt rasch das Schnürband, das sein Wamms schloss, während Gillonne mit einer andern Klinge die Aermel von La Mole auftrennte oder vielmehr aufschnitt.
Gillonne stillte mit einem in frisches Wasser getauchten Stücke Leinwand das aus der Schulter und der Brust des jungen Mannes hervordringende Blut, während Margarethe mit einer goldenen Nadel mit abgerundeter Spitze die Wunden mit aller Zartheit und Geschicklichkeit sondierte, welche Meister Ambroise Paré bei einer solchen Veranlassung hätte entwickeln können.
Die der Schulter war tief; die der Brust war an den Rippen abgeglitten und durchzog nur das Fleisch, keine von beiden drang in die Höhlen der natürlichen Feste, welche das Herz und die Lungen beschützt.
»Schmerzliche, aber nicht tödtliche Wunde,accerimum humeri vulnus, non autem lethale,« murmelte die schöne und gelehrte Chirurgin, »gib mir den Balsam und bereite Charpie, Gillonne.«
Gillonne, der die Königin diesen neuen Befehl ertheilte, hatte bereits die Brust des jungen Mannes getrocknet und gesalbt. Dasselbe that sie auch mit seinen nach einer antiken Zeichnung geformten Arme, mit seinen anmuthig zurückgeworfenen Schultern, mit seinem von dicken Locken beschattetem Halse, der mehr einer Statue von parischem Marmor, als dem verstümmelten Körper eines verscheidenden Menschen anzugehören schien.
»Armer junger Mann!«, murmelte Gillonne, nicht sowohl ihr Werk, als denjenigen betrachtend, welcher Gegenstand desselben gewesen war.
»Nicht wahr, er ist schön?« sagte Margarethe mit einer ganz königlichen Offenherzigkeit.
»Ja, Madame. Aber es scheint mir, daß wir ihm statt ihn so auf dem Boden liegen zu lassen, aufheben und auf das Ruhebett legen sollten, an das er nur angelehnt ist.«
»Ja, Du hast Recht,« sprach Margarethe.
Und die zwei Frauen beugten sich, hoben mit vereinigten Kräften La Mole auf und legten ihn auf einen großen Sopha mit geschnitzter Rücklehne, welcher vor dem Fenster stand, das sie halb öffneten, um ihm Luft zu geben.
Die Bewegung weckte La Mole, er stieß einen Seufzer aus und begann, die Augen wieder öffnend, das unsägliche Wohlbehagen zu fühlen, das alle Empfindungen des Verwundeten begleitet, wenn er bei seiner Rückkehr zum Leben die Frische statt der verzehrenden Flamme und die Balsamdüfte statt des lauen, häßlichen Blutgeruches wiederfindet.
Er murmelte einige Worte ohne Folge, welche Margarethe mit einem Lächeln und den Finger auf den Mund legend beantwortete.
In diesem Augenblicke erscholl das Geräusch mehrerer Schläge an eine Thüre.
»Man klopft an den geheimen Gang,« sagte Margarethe.
»Wer kann denn kommen, Madame?« fragte Gillonne erschrocken.
»Ich will nachsehen,« sagte Margarethe. »Bleibe Du bei ihm und verlaß ihn nicht einen Augenblick.«
Margarethe kehrte in ihr Zimmer zurück, schloß die Thüre des Cabinets und öffnete die des Ganges, der zu dem König und zu der Königin Mutter führte.
»Frau von Sauves!« rief sie, lebhaft zurückweichend und mit einem Ausdrucke, der, wenn nicht dem Schrecken, doch wenigstens dem Hasse glich, so wahr ist es, daß eine Frau nie einer andern Frau vergibt, wenn sie ihr selbst einen Mann, den sie nicht liebt, entführt. »Frau von Sauves!«
»Ja, Eure Majestät,« sprach diese, die Hände faltend.
»Ihr hier!« fuhr Margarethe immer mehr erstaunt, aber auch immer mehr gebieterisch fort.
Charlotte fiel auf die Kniee.
»Madame,« sagte sie, »verzeiht mir; ich erkenne, Madame, in welchem Grade ich schuldig gegen Euch bin, aber wenn Ihr wüßtet, … der Fehler ist nicht ganz allein mir zuzuschreiben… und ein ausdrücklicher Befehl der Königin Mutter …«
»Steht