La San Felice Band 11. Александр Дюма
Читать онлайн книгу.sein, gewisse Schulden der persönlichen Rache abzumachen.
Bei dem zweiten Meuchelmord aber, welcher zur Kenntniß des Cardinals kam, ließ dieser die Armee Halt machen, die tausend Sträflinge durch ein Corps Cavallerie und Campieri umzingeln die beiden Mörder aus den Reihen hervorziehen und Angesichts Aller erschießen.
Dieses Beispiel äußerte die beste Wirkung und am nächstfolgenden Tage erklärte Panedigrano dem Cardinal, daß, wenn man seinen Leuten einen billigen Sold bewillige, er dann für jeden mit seinem eigenen Kopfe hafte.
Der Cardinal fand dieses Verlangen nicht mehr als gerecht. Er ordnete an, daß sie täglich fünfundzwanzig Grani, das heißt einen Franc und zwar auch auf die bereits verflossenen Tage bis zu dem zurück, wo sie sich organisiert und ihre Anführer gewählt, erhielten.
Zugleich ward ihnen versprochen, daß dieser Sold auf die ganze Dauer des Feldzuges fortgezahlt werden solle.
Da jedoch die gelben und rothen Sträflingskittel und Mützen diesem privilegierten Corps ein etwas allzu charakteristisches Gepräge ausdrückte, so erhob man von den 13 Patrioten von Cariati eine Contribution, um ihnen eine weniger grelle Uniform zu geben.
Als aber die Leute, welche von der Herkunft dieses Corps nicht unterrichtet waren, es zur Avantgarde, das heißt auf den gefährlichsten Posten abmarschieren sahen, wunderten sie sich, daß alle hinkten, entweder mit dem rechten oder mit dem linken Bein.
Jeder hinkte nämlich mit dem Beine, mit welchem er die Kette gezogen.
Mit dieser seltsamen Avantgarde setzte der Cardinal seinen Marsch gegen Neapel fort, dessen Zugänge für ihn durch die Niederlage Schipanis bei Castelluccio frei geworden waren.
Nach unserer Meinung wäre es übrigens für die Völker sowohl als für die Könige eine große Lehre, diesen Marsch des Cardinals Ruffo mit dem zu vergleichen, welcher sechzig Jahre später durch Garibaldi ausgeführt ward, und dem das göttliche Recht repräsentierenden Prälaten den das volksthümliche Recht vertretenden Mann der Humanität gegenüberzustellen.
Der Eine der mit dem römischen Purpur bekleidet ist, zieht im Rennen Gottes und des Königs unter Plünderung Mord und Brandstiftung einher und läßt überall Thränen, Verödung und Tod zurück. Der Andere wandelt, mit der einfachen Blouse des Volks und der Jacke des Seemanns bekleidet, auf Blumen unter Freude und Segenssprüchen und läßt, wo er vorübergekommen, freie, strahlende Völker zurück.
Die Bundesgenossen des ersten sind ein Panedigrano, ein Sciarpa, ein Fra Diavolo, ein Mammone, ein Pronio, das heißt verurtheilte Missethäter und Straßenräuber. Die Lieutenants des letzteren sind ein Tuckary, ein Flotte, ein Bixio, ein Sirtori, ein Cosenza – das heißt Helden.
Zweites Capitel.
Das Geschenk der Königin
Ein seltsames und für den Philosophen und Historiker schwer zu lösendes Problem ist die Sorgfalt, womit die Vorsehung gewisse Unternehmungen, welche augenscheinlich dem Willen Gottes widerstreiten, ihrem Gelingen entgegenführt.
In der That hat Gott, indem er den- Menschen mit Verstand und freiem Willen begabt, ihn unstreitig mit der großen und heiligen Mission beauftragt, sich unaufhörlich immer mehr zu bessern und aufzuklären und zwar damit er zu dem einzigen Resultat gelange, welches den Nationen das Bewußtsein ihrer Größe verleiht, das heißt zur Freiheit und zur Einsicht. Diese Freiheit und diese Aufklärung aber müssen die Völker durch wiederholte Rückkehr zur Sclaverei und durch Perioden der Nacht und Dunkelheit erkaufen, welche selbst die tapfersten Herzen entmuthigen.
Brutus stirbt mit den Worten: »Tugend, du bist nur ein leeres Wort!« Gregor der Siebente läßt auf sein Grabmal schreiben: »Ich habe die Gerechtigkeit geliebt und die Ungerechtigkeit gehaßt, deshalb sterbe ich in der Verbannung.« Kosciusko murmelt, indem er fällt: »Finis Poloniae!«
Wenn man daher nicht annehmen will, die Vorsehung habe, indem sie die Bourbons wieder auf den Thron von Neapel gesetzt, so viel Beweise von der Falschheit, der Tyrannei und der Unfähigkeit dieser Dynastie geben wollen, daß eine dritte Restauration dadurch unmöglich gemacht wird, so möchte man sich fragen, zu welchem Zwecke sie den Cardinal Ruffo im Jahre 1799 und Garibaldi im Jahre 1860 mit demselben Schilde deckt und wie dieselben Wunder geschehen, um zwei Existenzen zu schützen, von welchen die eine logisch genommen, die andere ausschließen müßte, da sie ja bestimmt sind, zwei sich schnurstracks entgegengesetzte sociale Operationen durchzuführen und von welchen die eine, wenn sie gut ist, die andere natürlich zu einer schlechten macht.
Doch mag dem sein, wie ihm wolle, so war bei den Ereignissen, welche wir hier erzählen, nichts offenkundiger als die Einmischung jener höheren Macht, welche man die Vorsehung nennt. Drei Monate lang war Ruffo der Auserwählte des Herrn, drei Monate lang führte Gott ihn an der Hand!
Undurchdringliches Geheimniß!
Wir haben gesehen, wie der Cardinal am 6. April der Gefahr entging, durch sein von einem Blutschlag getroffenes Pferd todtgedrückt zu werden.
Zehn Tage später, das heißt am 16. April, entging er einer zweiten Gefahr auf nicht weniger wunderbare Weise.
Seit dem Tode des ersten Pferdes, mit welchem er den Feldzug begonnen, ritt der Cardinal ein weißes arabisches Pferd ohne Tadel. Am 16. des Morgens, wo er den Fuß in den Bügel setzen wollte, bemerkte man, daß das Pferd ein wenig hinkte. Der Reitknecht untersuchte das betreffende Bein und zog einen kleinen Kiesel aus dem Hufe.
Um seinen Araber an diesem Tage nicht zu ermüden, beschloß der Cardinal ihn führen zu lassen, und ließ sich ein braunes Pferd bringen.
Man setzte sich in Marsch.
Gegen elf Uhr Morgens, als man den Wald von Ritorto Grande, nicht weit von Tarsia, passiere, diente ein Priester, der auf einem weißen Pferde saß und mit der Avantgarde ritt, einer Füsillade zum Zielpunkte, welche das Pferd auf der Stelle todt niederstreckte, ohne den Reiter zu berühren.
Kaum hatte sich das Gerücht verbreitet, daß man auf den Cardinal geschossen, und in der That hatte man den Priester für ihn angesehen, so gerieth die sanfedistische Armee in solche Wuth, daß etwa zwanzig Reiter in den Wald hineinsprengten und die Mörder zu verfolgen begannen. Zwölf davon wurden gefangengenommen und vier von diesen schwer verwundet.
Zwei wurden erschossen und die anderen zu lebenslänglicher Gefangenschaft in der Festung Martina verurtheilt.
Die sanfedistische Armee machte zwei Tage Halt, nachdem sie die Ebene passiert, in welcher das alte Sybaris stand, wo es aber heutzutage nur verpestete und verpestende Sümpfe gibt.
Die Rast ward auf den Besitzungen des Herzogs von Cassano gehalten.
Hier angelangt, hielt der Cardinal Musterung über seine Streitmacht. Dieselbe bestand aus zehn vollständigen Bataillonen, jedes zu fünfhundert Mann, welche früher der Armee Ferdinands angehört hatten. Sie waren mit Musketen und Säbeln bewaffnet, doch fehlten an ungefähr einem Drittel der Gewehre die Bajonnete. Die Cavallerie bestand aus zwölfhundert Pferden; fünfhundert Mann, welche derselben Waffengattung angehörtem folgten zu Fuße, weil man sie nicht hatte beritten machen können.
Überdies hatte der Cardinal zwei Feldescadrons organisiert, welche aus Bargelli, das heißt aus Leuten der Probstei, und Campieri zusammengesetzt waren. Dieses Corps war am besten equipirt, am besten bewaffnet und am besten gekleidet.
Die Artillerie bestand aus elf Geschützen von jedem Caliber und zwei Haubitzen. Die irregulären Truppen, das heißt diejenigen, welches man die Massen nannte, beliefen sich auf zehntausend Mann und bildeten hundert Compagnien, jede zu hundert Mann.
Sie waren nach calabrischer Weise, das heißt mit Musketen, Bajonneten, Pistolen und Dolchen, bewaffnet und jeder Mann trug eine jener ungeheuern Patronentaschen, welche fast eine Elle hoch waren, den ganzen Bauch bedeckten und eine Art Küraß bildeten.
Zuletzt kam noch ein Corps welches mit dem Namen regulärer Truppen beehrt ward, weil es wirklich aus den Resten der früheren Armee bestand. Dieses Corps hatte sich jedoch aus Mangel an Geld nicht equipiren können und diente blos die Zahl zu vermehren.
Alles in Allem gerechnet, stand der Cardinal jetzt an der Spitze von