Tausend und Ein Gespenst. Александр Дюма

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Tausend und Ein Gespenst - Александр Дюма


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sie nun einen Wink hoher Majestät gab, entfernte Smeranda Jedermann, und sich der Leiche nähernd. setzte sie ein Knie auf den Boden, schlug die Haare zurück, welche ihrem Gesichte als Schleier dienten, und betrachtete sie lange und immer mit trockenen Augen. Indem sie hierauf den moldauischen Rock aufknöpfte, schlug sie das mit Blut befleckte Hemd zurück.

      Die Wunde befand sich an der rechten Seite der Brust. Sie mußte von einer geraden und zweischneidigen Klinge gemacht worden sein.

      Ich erinnerte mich, an demselben Tage an Gregoriskas Seite den langen Hirschfänger gesehen zu haben, der seiner Büchse zum Bajonette diente.

      Ich suchte diese Waffe an seiner Seite; aber sie war verschwunden.

      Smeranda verlangte Wasser, tauchte ihr Taschentuch in dieses Wasser und wusch die Wunde.

      Frisches und reines Blut röthete die Lefzen der Wunde.

      Das Schauspiel, welches ich vor Augen hatte, bot etwas Gräßliches und zugleich Erhabenes. Dieses große, von den Harzfackeln mit Rauch erfüllte Zimmer, diese barbarischen Gesichter, diese von Grausamkeit funkelnden Augen, diese seltsamen Kostüme, diese Mutter, welche bei dem Anblicke des noch warmen Blutes berechnete, seit wie lange der Tod ihr ihren Sohn geraubt hätte, dieses liefe, nur durch das Schluchzen der Räuber, deren Hauptmann Kostaki war, unterbrochene Schweigen, Alles das, ich wiederhole es, war ein gräßlicher und zugleich erhabener Anblick.

      Endlich näherte Smeranda ihre Lippen der Stirn ihres Sohnes, indem sie sich dann wieder aufrichtete, – indem sie dann die langen Flechten ihrer weißen Haare zurückwarf, die sich aufgelöst hatten, sagte sie:

      – Gregoriska!

      Gregoriska erbebte, schüttelte den Kopf, und indem er aus seiner Gefühllosigkeit erwachte, antwortete er:

      – Meine Mutter!

      – Kommen Sie hierher, mein Sohn, und hören Sie mich an.

      Gregoriska gehorchte schaudernd, aber er gehorchte.

      In dem Maße, als er sich der Leiche näherte, floß das Blut weit reicher und weit röther aus der Wunde. Glücklicher Weise sah Smeranda nicht mehr nach dieser Seite, denn bei dem Anblicke dieses anklagenden Blutes hätte sie nicht mehr nöthig gehabt zu suchen, wer der Mörder wäre.

      – Gregoriska, sagte sie, ich weiß wohl, daß Kostaki und Du Euch nicht liebtet. Ich weiß wohl, daß Du ein Waivady durch Deinen Vater bist, und er ein Koproly durch den seinigen; aber durch Eure Mutter waret Ihr beide Brancovans. Ich weiß, daß Du ein Mann der Städte des Abendlandes bist, und er ein Sohn der Berge des Morgenlandes; aber durch den Schooß, der Euch beide getragen hat, seid Ihr am Ende Brüder. Wohlan! Gregoriska, ich will wissen, ob wir meinen Sohn zu seinem Vater tragen werden, ohne daß der Schwur ausgesprochen worden ist, ob ich endlich ruhig wie eine Frau weinen kann, indem ich mich auf Dich, das heißt auf einen Mann, hinsichtlich der Strafe verlasse.

      – Nennen Sie mir den Mörder meines Bruders, Madame, und befehlen Sie, ich schwöre Ihnen, daß er vor Verlauf einer Stunde, wenn Sie es verlangen, aufs gehört haben wird zu leben.

      – Schwöre immerhin, Gregoriska, schwöre, bei Strafe meines Fluches, verstehst Du, mein Sohn? – Schwöre, daß der Mörder sterben wird, – schwöre, daß Du keinen Stein seines Hauses auf dem andern lassen wirst; – schwöre, daß seine Mutter, seine Kinder, seine Brüder, seine Gattin oder seine Verlobte von Deiner Hand umkommen werden. Schwöre, und rufe, indem Du schwörst, den Zorn des Himmels auf Dich herab, wenn Du diesen geheiligten Schwur brichst. – Wenn Du diesen geheiligten Schwur brichst, so unterwirf Dich dem Elende, dem Abscheue Deiner Freunde, dem Fluche Deiner Mutter.

      Gregoriska streckte die Hand über die Leiche aus.

      – Ich schwöre, daß der Mörder sterben wird, sagte er. Bei diesem seltsamen Schwure, dessen wahren Sinn ich und der Todte vielleicht nur allein verstehen konnten, sah ich, oder glaubte ich, ein entsetzliches Wunder zu sehen. Die Augen der Leiche öffneten sich wieder und hefteten sich weit lebendiger auf mich, als ich sie jemals gesehen hatte, und ich fühlte, wie als ob dieser doppelte Strahl fühlbar gewesen wäre, als dringe ein glühendes Eisen in mein Herz.

      Das war mehr, als ich zu ertragen vermochte; ich sank in Ohnmacht.

      XV.

      Das Kloster Hango

      Als ich wieder erwachte, befand ich mich in meinem Zimmer auf meinem Bette liegend; eine der beiden Frauen wachte bei mir.

      Ich fragte, wo Smeranda wäre, man antwortete mir, daß sie bei der Leiche ihres Sohnes wachte.

      Ich fragte, wo Gregoriska wäre; man antwortete mir, daß er in dem Kloster Hango wäre.

      Es war keine Rede mehr von Flucht. War Kostaki nicht todt? Es war keine Rede mehr von Heirath. Konnte ich den Brudermörder heirathen?

      Drei Tage und drei Nächte verflossen so unter seltsamen Träumen. Im Nachen oder im Schlafe sah ich immer diese beiden lebendigen Augen in diesem todten Gesichte; es war eine gräßliche Erscheinung.

      Am dritten Tage sollte die Beerdigung Kostakis stattfinden. Am Morgen dieses Tages brachte man mir im Namen von Smeranda ein vollständiges Wittwenkostüm. Ich kleidete mich an und ging hinab.

      Das Haus war öde; Jedermann befand sich in der Kapelle.

      Ich ging nach dem Versammlungsorte. In dem Augenblicke, wo ich über die Schwelle trat, trat Smeranda, welche ich seit drei Tagen nicht gesehen hatte, über die Schwelle und kam zu mir.

      Sie schien eine Statue des Schmerzes. Mit einer langsamen Bewegung gleich der einer Statue drückte sie ihre eisigen Lippen auf meine Stirn, und sprach mit einer Stimme, welche bereits aus dem Grabe zu kommen schien, ihre gewöhnlichen Worte aus:

      – Kostaki liebt Sie.

      Sie vermögen sich keinen Begriff von dem Eindrucke zu machen, welche diese Worte auf mich hervorbrachten. Diese im Präsens, statt im Imperfectum gemachte Liebeserklärung: dieses liebt Sie, statt liebte Sie, diese Liebe jenseits des Grabes, welche mich in dem Leben aufsuchte, brachte auf mich einen schrecklichen Eindruck hervor.

      Zu gleicher Zeit bemächtigte sich meiner ein seltsames Gefühl, wie als ob ich in der That die Frau dessen gewesen wäre, der todt war, und nicht die Verlobte dessen, welcher lebte. Dieser Sarg zog mich unwillkürlich, schmerzlicher Weise an, wie man sagt, daß die Schlange den Vogel anzieht, den sie bezaubert. Ich suchte Gregoriska mit den Augen, ich erblickte ihn bleich und an einen Pfeiler gelehnt; seine Augen waren gen Himmel gerichtet, – ich vermag nicht zu sagen, ob er mich sah.

      Die Mönche des Klosters von Hango umgaben die Leiche, indem sie die Psalmen des griechischen Ritus sangen, die zuweilen so harmonisch, weit öfter noch sehr eintönig sind. Ich wollte gleichfalls beten, aber das Gebet erstarb auf meinen Lippen, mein Kopf war dermaßen verwirrt, daß es mir weit eher schien einer Versammlung von Teufeln beizuwohnen, als einer Versammlung von Priestern.

      In dem Augenblicke, wo man die Leiche forttrug, wollte ich ihr folgen, aber meine Kräfte versagten mir den Dienst. Ich fühlte meine Beine unter mir krachen, und ich lehnte mich an die Thür.

      Nun kam Smeranda zu mir und gab Gregoriska einen Wink.

      Gregoriska gehorchte und näherte sich.

      Nun redete Smeranda mich in moldauischer Sprache an.

      – Meine Mutter befiehlt mir, Ihnen Wort vor Wort das zu wiederholen, was Sie sagen wird, äußerte Gregoriska.

      Nun sprach Smeranda von Neuem; als sie geendigt hatte, sagte er:

      – Hier sind die Worte meiner Mutter:

      »Sie beweinen meinen Sohn, Hedwig, Sie liebten ihn, nicht wahr? Ich danke Ihnen für Ihre Thränen und für Ihre Liebe; von nun an sind Sie eben so sehr meine Tochter, als wenn Kostaki Ihr Gatte gewesen wäre; Sie haben von nun an ein Vaterland, eine Mutter, eine Familie. Vergießen wir die Thränen, welche man den Todten schuldig ist, und werden wir nachher wieder Beide dessen würdig, der nicht mehr ist. . . ich, seine Mutter, Sie, seine Gattin! Leben Sie wohl, kehren Sie in Ihr Zimmer zurück; ich will meinem Sohne bis zu seiner letzten Wohnung


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