Zwanzig Jahre nachher. Александр Дюма
Читать онлайн книгу.jedes Mittel zur Ausführung entziehen. Herr von Beaufort antwortete, da man ihn der Möglichkeit beraube, sich einen Ruf durch die Waffen zu erwerben, so wolle er sich einen solchen in der Malerei machen; da er kein Bayard oder Trivulce werden könne, so wolle er ein Michel Angelo oder Raphael werden. Als Herr von Beaufort eines Tages im Gefängnißgarten spazieren ging, nahm man ihm sein Feuer, mit seinem Feuer seine Kohle, mit seiner Kohle seine Asche weg, so daß er nicht den geringsten Gegenstand mehr fand, woraus er einen Zeichenstift hätte machen können.
Herr von Beaufort schwor, tobte, heulte und sagte, man wolle ihn vor Kälte und Feuchtigkeit sterben lassen, wie Puylaurens, der Marschall Ornano und der Großprior von Vendome gestorben seien, worauf Herr von Chavigny antwortete, er habe nur sein Wort zu geben, er wolle auf das Zeichnen Verzicht leisten, oder zu versprechen, er wolle keine historischen Gemälde mehr machen, und man werde ihm Holz und Alles zurückschaffen, was er brauche, um es anzuzünden. Herr von Beaufort wollte sein Wort nicht geben und blieb die übrige Zeit des Winters ohne Feuer.
Mehr noch, während der Gefangene einst ausging, kratzte man die Inschriften ab, und das Zimmer war wieder weiß und kahl und ohne irgend eine Spur von einer Freske.
Herr von Beaufort kaufte nun einem von seinen Wächtern einen Hund, Namens Pistache, ab; da nichts entgegenstand, daß die Gefangenen einen Hund hatten, so gab Herr von Chavigny die Erlaubniß, daß das vierfüßige Thier seinen Herrn wechsle. Herr von Beaufort blieb oft Stunden lang mit seinem Hunde eingeschlossen. Man vermuthete wohl, daß sich der Gesangene während dieser Stunden mit der Erziehung von Pistache beschäftigte, aber man wußte nicht, in welcher Richtung er dies that. Als Pistache hinreichend abgerichtet war, lud Herr von Beaufort einen Tages Herrn von Chavigny und die Offiziere von Vincennes zu einer großen Vorstellung ein, die er in seinem Zimmer gab. Die Eingeladenen erschienen, das Zimmer war mit so vielen Kerzen beleuchtet, als Herr von Beaufort sich hatte verschaffen können. Die Uebungen begannen.
Der Gefangene hatte mit einem von der Mauer abgelöstes Stücke Gyps mitten durch das Zimmer eine lange Linie, einen Strick darstellend, gezogen. Pistache setzte sich auf den ersten Befehl seinen Herrn auf diese Linie, stellte sich sodann auf seine Hinterpfoten und fing an, einen Kleiderausklopfstock zwischen seinen Vorderpfoten haltend, der Linie mit allen Windungen zu folgen, die ein Seiltänzer macht. Nachdem er die Länge der Linie zwei- oder dreimal vor- und rückwärts durchlaufen hatte, gab er den Stock Herrn von Beaufort zurück und machte dieselben Evolutionen ohne Balancierstange.
Das gescheite Thier wurde mit Beifallsbezeugungen überhäuft.
Das Schauspiel war in drei Abtheilungen getheilt. Sobald die erste beendigt war, ging man zu der zweiten über. Es handelte sich zuerst darum, anzugeben, wie viel Uhr es war.
Herr von Chavigny zeigte Pistache seine Uhr. Es war halb sieben Uhr.
Pistache hob und senkte die Pfote sechsmal und bei dem siebenten Male blieb dieselbe in der Luft. Man konnte unmöglich klarer sein. Eine Sonnenuhr hätte nicht besser geantwortet. Wie Jedermann weiß, hat die Sonnenuhr den Nachtheil, daß sie die Stunde nur angibt, wenn die Sonne scheint.
Dann handelte es sich darum zu erkennen, wer der beste Kerkermeister aller Gefängnisse von Frankreich wäre.
Der Hund machte dreimal die Runde und legte sich auf die ehrfurchtsvollste Weise Herrn von Chavigny zu Füßen.
Herr von Chavigny stellte sich, als fände er den Scherz vortrefflich und lachte aus vollem Halse. Als er genug gelacht hatte, biß er sich auf die Lippen und fing an die Stirne zu runzeln.
Endlich legte Herr von Beaufort Pistache die so schwer zu lösende Frage vor, wer der grüßte Dieb in der Welt wärt?
Pistache machte die Runde im Zimmer, hielt aber vor Niemand stille, sondern ging an die Thüre und fing an zu kratzen und zu winseln.
»Seht, meine Herren,« sprach der Prinz, »da dieses interessante Thier hier nicht findet, was ich wissen will, so beabsichtigt es außen zu suchen. Aber seid unbesorgt, seine Antwort soll Euch deshalb nicht entzogen sein. Pistache, mein Freund,« fuhr der Herzog fort, »komme hierher.« Der Hund gehorchte. »Ist der grüßte Dieb der bekannten Welt,« sprach der Prinz, »der Herr Secretär des Königs,« Le Camus, der mit zwanzig Livres nach Paris gekommen ist und jetzt sechs Millionen besitzt?«
Der Hund schüttelte den Kopf zum Zeichen der Verneinung.
»Ist es,« fuhr der Prinz fort, »Herr d’Emery, der seinem Sohne, Herrn Thore bei seiner Verheirathung 300,000 Livres Renten und ein Hotel gegeben hat, neben dem die Tuilerien eine Barake und der Louvre ein Rattennest sind?«
Der Hund schüttelte abermals den Kopf.
»Der ist es auch nicht,« sprach der Prinz. »Nun, wir wollen suchen. Sollte eo zufällig der hochwürdigste Facchino Mazarini di Piscina sein?«
Pistache machte die eifrigsten Zeichen der Bejahung, indem er den Kopf acht bis neun mal hob und senkte.
»Meine Herren, Ihr seht,« sprach Herr von Beaufort zu den Anwesenden, die diesmal nicht zu lachen wagten, »der hochwürdigste Facchino Mazarini di Piscina ist der größte Dieb der bekannten Welt. Pistache behauptet es wenigstens.«
»Gehen wir zu einer andern Uebung über.«
»Meine Herren,« fuhr Herr von Beaufort fort, ein großen Stillschweigen benützend und das Programm der dritten Abtheilung der Abendunterhaltung verkündigend, »Ihr wißt, daß der Herr Herzog von Guise alle Hunde von Paris für Fräulein de Pons, die er für die Schönste der Schönen erklärte, springen lehrte. Nun, meine Herren, das war nichts; denn diese Thiere gehorchten maschinenmäßig und wußten keinen Unterschied zwischen denjenigen zu machen, für welche sie nicht springen sollten. Pistache wird Euch, so wie dem Herrn Gouverneur zeigen, daß er hoch über seinen Genossen steht. Herr von Chavigny, habt die Güte, mir Euern Stock zu leihen.«
Herr von Chavigny reichte Herrn von Beaufort seinen Stock.
Herr von Beaufort hielt ihn waagerecht einen Fuß hoch.
»Pistache, mein Freund,« sagte er, »mache mir das Vergnügen und springe für Frau Montbazon.«
Jedermann lachte Man wußte, daß der Herzog von Beaufort im Augenblick seiner Verhaftung der erklärte Liebhaber von Frau von Montbazon gewesen war.
Pistache machte keine Schwierigkeit und sprang lustig über den Stock.
»Aber es scheint mir,« sagte Herr von Chavigny, »Pistache thut gerade das, was seine Genossen thaten, wenn sie für Fräulein de Pons sprangen.«
»Wartet,« sagte der Prinz.
»Pistache, mein Freund,« fuhr er fort, springe für die Königin,« und er hob den Stock sechs Zoll höher.
Der Hund sprang ehrfurchtsvoll über den Stock.«
»Pistache,t mein Freund,« sagte der Herzog und erhöhte den Stock abermals um sechs Zoll, »springe für den König.«
Der Hund nahm einen Ansatz und sprang trotz der Höhe leicht hinüber.
»Und nun, aufgemerkt,« sagte der Herzog und erniedrigte den Stock beinahe bin zum Niveau des Bodens. »Pistache, mein Freund, springe für den hochwürdigsten Facchino Mazarini di Piscina.«
Der Hund wandte dem Stock den Rücken zu.
»Nun, was ist das?« sagte Herr von Beaufort, indem er einen Halbkreis von dem Schweife zum Kopfe des Thieres beschrieb, und ihm abermals den Stock darreichte. »Springe doch, Herr Pistache!«
Aber Pistache machte abermals eine halbe Wendung und bot dem Stock den Rücken.
Herr von Beaufort wiederholte seine Bewegung und seine Worte. Doch diesmal war die Geduld des Thieres zu Ende. Er warf sich wüthend auf den Stock, riß ihn dem Prinzen aus den Händen und zerbrach ihn zwischen seinen Zähnen.
Herr von Beaufort nahm ihm die zwei Stücke aus der Schnauze, überreichte sie Herrn von Chavigny unter tausend Entschuldigungen und sagte, die Abendunterhaltung wäre nun geschlossen; wenn er aber in drei Monaten einer zweiten Vorstellung beiwohnen wollte, so würde Pistache neue Stücke gelernt haben.
Drei Tage nachher war Pistache vergiftet.
Man