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morscher antiker Stuhl mit einer hohen Lehne und ein Waschbecken mit schmutzigem Wasser auf dem Sitze. Über dem Kamine befand sich ein unbedeutender Strohstuhl nach dem Bienenkorbmuster mit Rosshaarkissen darauf, über einen Luxusstuhl gekippt. Vor dem größten der beiden Bilder und dicht neben einer tragbaren Treppe stand ein wackliger Comptoirstuhl. Auf der Plattform für die Sitzende lud ein moderner Lehnstuhl mit zerlumptem Überzug alle Modelle zu romantischer Ruhe ein. Dicht neben dem Tisch von Rosenholz war ein Schaukelstuhl hingestellt und zwischen den Füßen des Tannenholztisches war ein Feldstuhl und eine Matte übereinander geworfen. Mit einem Worte, jede merkwürdige Klasse der berühmten Familie Stuhl war in einer oder der andern Ecke im Atelier des Herrn Blyth dargestellt.

      Alle übrigen kleinen Gegenstände, die auf den Regalen, Tischen und Stühlen nicht untergebracht werden konnten, ruheten in bequemer Verwirrung auf dem Fußboden.

      Gerade am Eingange des Zimmers hatte er auf dem nackten Fußbodeu eine neue Schreibfeder und einen sehr kostspielig aussehenden Zobelabtreter hingemalt, damit die Ankommenden darauf treten möchten. Neue Besucher ließen sich beständig durch diese Nachahmungen so täuschen, dass sie sich unwillkürlich nach diesen Gegenständen bückten, und Herr Blyth freute sich stets über die Täuschung und die Verwunderung eines jeden neuen Opfers so übermäßig, als wenn der alte Scherz bei jeder darauf folgenden Gelegenheit ein neuer gewesen wäre.

      So sah das Innere des Ateliers aus, nachdem der Eigentümer zwei Monate darin gehaust hatte.

      Die Kirchenglocke der Vorstadt hat soeben zehn Uhr geschlagen, als sich schnelle leichte Tritte der Tür des Ateliers nähern. Ein Herr tritt ein, hüpft heiter über die nachgemachte Feder und den Abtreter und fängt dann, ans Feuer tretend, sich den Rücken zu wärmen und in Gedanken um sich sehend, das Lied »Tropfen Branntwein« im Mollton zu pfeifen an. Dieser Herr ist Herr Valentin Blyth.

      Er sieht noch nicht ganz vierzig Jahre alt aus, ist in der Tat aber schon über fünfzig. Sein Gesicht ist rund und rosig und nirgends zeigt sich eine Runzel darin. Er hat große, funkelnde, schwarze Augen, trägt weder Backen-, Kinn- noch Schnurrbart und hat einen lebhaften Ausdruck von Gutmütigkeit in seinem Gesicht, welches man zum ersten Male nicht gut ohne Lachen betrachten kann. Er ist groß und stark, trägt immer sehr enge Beinkleider und schlägt seine Manschetten gewöhnlich über die Aufschläge seines Rockes zurück. Alle seine Bewegungen sind schnell und rastlos. Er scheint meistens auf seinen Zehen zu gehen und immer im Begriff zu sein, als wenn er zu tanzen oder zu springen oder zu laufen anfangen wollte, sobald er sich nur zu Hause oder auswärts von der Stelle bewegt. Wenn er spricht, hat er die sonderbare Gewohnheit, plötzlich seinen Kopf niederzubeugen und die Person, mit welcher er spricht, über die Schulter anzusehen. Diese und andere kleine persönliche Eigentümlichkeiten von ähnlicher Natur scheinen dazu beizutragen, ihn zu einem Manne zu machen, dem jedermann bei der ersten Vorstellung die Hand drückt.

      Die Männer glauben, dass er einen Spatz versteht, die Mädchen wählen ihn zum männlichen Vertrauten aller ihrer Liebeleien, von welchen sie so gern sprechen, Kinder für ihren Fürsprecher, wenn sie einen Fehler begangen haben oder einen halben Feiertag erlangen wollen. In anderer Hinsicht ist er entschieden unpopulär unter jener großen Klasse von Engländern, deren einziges Thema bei der Unterhaltung öffentliche Übelstände und politische Missbräuche sind, denn er sieht alles von der besten Seite an und versteht nicht einmal den Unterschied zwischen einem liberalen Tory und einem müßigen Whig. Geschäftsleute halten ihn für einen Narren; geistreiche Frauen mit unabhängigen Ansichten zitieren ihn triumphierend als ein köstliches Muster des untergeordneten männlichen Geschlechtes. Von seiner Kunst abgesehen, in welcher er sich nicht gerade auszeichnet, scheint er wirklich keinen besondern Ruf im Leben zu haben – ausgenommen in Subskriptionslisten für arme Maler zu figurieren, hartnäckig von Straßenbettlern gesegnet zu werden und des Nachts immer von jedem herrenlosen Hunde, dem er zufällig begegnet, das Geleit zu erhalten.

      Drittes Kapitel – Herr Valentin Blyth

      Herrn Blyths Geschichte, obgleich sie als ein Ganzes nicht viel Außerordentliches darbietet, ist dennoch in einigen Zügen eine merkwürdige.

      Weder sein Vater noch seine Mutter noch irgend einer seiner Verwandten hatten jemals die Malerkunst ausgeübt oder jemals ein besonderes Vergnügen an der Betrachtung von Gemälden gefunden. Sie waren alle achtbare Kaufleute von der soliden, auf Kapital sehenden alten Schule, lebten ausschließlich in ihrem eigenen Familienkreise und hatten niemals in ihrem ganzen Leben mit einem Künstler oder Schriftsteller gesprochen. Die City-Welt, in welcher Valentin seine Knabenzeit verlebte, war so gänzlich von jedem Kunsteinflusse entblößt, als wenn sie an der Küste von Grönland gelegen hätte, und dennoch zeichnete und malte der Bursche in jeder müßigen Stunde auf seine eigene rohe Weise zum Erstaunen aller – sehnte sich immer, in die Akademie aufgenommen zu werden – und blieb immer fest bei seinem Entschlusse, ein Maler zu werden, so oft seine Aussichten für die Zukunft am häuslichen Herde besprochen wurden.

      Der alte Herr Blyth war, wie leicht erwartet werden kann, ernstlich betrübt und verlegen über die sonderbare Richtung, welche seines Sohnes Neigung genommen hatte. Niemand, selbst Valentin nicht, konnte den Ursprung dieser Neigung angeben, aber jeder konnte deutlich bemerken, dass dieselbe mit seinem Heranwachsen stärker wurde, und dass keine Hoffnung vorhanden war, ihr durch erlaubte Mittel mit Erfolg Widerstand zu leisten. Als der alte Herr dies sah, machte er wie ein kluger Mann aus der Notwendigkeit eine Tugend, gab seinem Sohne nach und ließ ihn, unter starkem kaufmännischen Protest, in der königlichen Akademie als Student aufnehmen.

      Hier blieb Valentin fleißig arbeitend bis zu seinem einundzwanzigsten Geburtstage. Bei dieser Gelegenheit hatte der alte Herr Blyth eine kurze ernsthafte Unterredung über seine Aussichten im Leben mit ihm. Im Laufe dieser Unterredung wurde dem jungen Manne mitgeteilt, dass ein Onkel, ebenfalls ein Kaufmann, bereit wäre, ihn in sein Geschäft als Teilhaber aufzunehmen, und dass sein Vater ebenfalls einwilligte, ihn schon jetzt mit seinem Erbteile, welches ihm als eines seiner drei Kinder nach seinem Tode zukäme, dazu auszustatten. Wenn sich Valentin dieser Anordnung fügte, war sein Schicksal sicher gestellt, und er konnte mit seinem dreißigsten Jahre seine eigene Equipage halten. Wenn er hingegen noch beharrlich fortfuhr, ein Maler zu werden, würde sein Vater seine Wahl ungemein beklagen, da er überzeugt wäre, dass die Ausübung der Kunst eine sehr unsichere Existenz darbot, aber er wollte derselben nicht geradezu entgegen sein und ihr auch später nicht, was sich auch immer zutragen mochte, hemmend zu nahe treten.

      Nachdem der freigebige alte Herr so viel gesagt hatte, fügte er noch hinzu: wenn sein Sohn wirklich willens wäre, ein solches Glück wegzuwerfen, so sollten ihm die Mittel zur Fortsetzung seiner Studien nicht kärglicher zugemessen werden. Die Zinsen seiner zukünftigen Erbschaft sollten ihm schon bei Lebzeiten seines Vaters vierteljährlich ausgezahlt werden, so dass die dem jungen Maler hierdurch unter allen Umständen sicher gestellte Rente sich auf etwas mehr als vier hundert Pfund jährlich belief.

      Valentin dankte seinem Vater mit Tränen in den Augen, blieb aber bei seinem ersten Entschlusse, indem er die jetzige Gewissheit, ein reicher Mann zu werden, freudig für die Aussicht, einst ein großer Maler zu werden, opferte.

      Wenn er wirklich Talent besessen hätte, so würde so weit nichts Merkwürdiges in diesem Teile seiner Geschichte gewesen sein, da er aber nicht den geringsten Funken des großen schöpferischen Genies in seinem ganzen geistigen Wesen hatte, so liegt gewiss etwas Ungewöhnliches und Unerklärliches darin, trotz aller ungünstigen häuslichen Umstände und verlockenden Versuchungen einen Mann standhaft entschlossen zu sehen, alle jene Lebenspfade zu verlassen, auf welchen er mit seinen Gefährten tüchtig gleichen Schritt hätte halten können, um jenen einen andern einzuschlagen, auf welchem ihm von der Natur vorher bestimmt war, immer zurückzubleiben. Für diese Opfer, welche beim ersten Anblick dem verhängnisvollsten Wahne der Sterblichen geweiht zu sein scheinen, gibt es sogar, wenn auch nur auf kurze Zeit, angenehme Ruheplätze auf ihrem dornigen Wege, ja selbst dann und wann Sonnenstrahlen, um die umwölkte Aussicht zu verschönern. Für den Mann, welcher geistig eines großen intellektuellen Berufs unwürdig ist, ist nicht alles Unglück und Täuschung, so lange er dessen moralisch würdig ist, und so lange er ihn ehrlich, geduldig und liebevoll, um seiner selbst willen ausüben kann. Wenn er auch noch so unbekannt in diesem Geiste sein Werk fördert, wird er in der Arbeit selbst seine größte Belohnung finden. In dieser


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