Der kleine Fürst Staffel 8 – Adelsroman. Viola Maybach

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Der kleine Fürst Staffel 8 – Adelsroman - Viola Maybach


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Schwierigkeiten bekommen, Herr Karl.«

      »So schnell geht das bei mir nicht«, erwiderte der Alte gemütlich. »Setzen Sie sich wieder hin, wenn Sie drüben in Ihrer Wohnung sind, grübeln Sie ja doch nur. Da können Sie sich besser mit mir unterhalten. Wenn Sie wollen, reden wir über etwas anderes.«

      Lorenz setzte sich tatsächlich wieder, denn Friedhelm Karl hatte Recht: In dieser Küche hielt er sich bedeutend lieber auf als in der kleinen, gemieteten Wohnung, wo er sich nicht selten vorkam wie ein Gefangener, obwohl er sich frei bewegen und sie jederzeit verlassen konnte.

      Aber was nützte alle Freiheit, wenn der einzige Ort, an dem man sein wollte, unerreichbar war?

      *

      »Mir ist jetzt erst klar geworden, was ich angerichtet habe, Maria«, sagte Moritz zu Hirtenberg. »Wenn ich nur wüsste, wo Lorenz ist, damit ich ihm sagen könnte, wie leid mir alles tut. Wenn er sich wenigstens einmal bei uns melden wür-

      de …«

      »Das wird er nicht tun«, erwiderte seine Frau. »Und du weißt, warum, Moritz.«

      »Ja«, bestätigte er mit grauem Gesicht. »Ich weiß, warum. Ich muss das wieder in Ordnung bringen, diese ganze vertrackte Geschichte.«

      Sie nickte nur, wartete darauf, dass er weitersprach.

      »Gestern habe ich mit dem Arzt gesprochen. Weißt du, was er mir geraten hat?«

      »Nein. Was denn?«

      »Dass ich zur Polizei gehe. Aber damit würde alles öffentlich …« Moritz brach ab, starrte vor sich hin. »Ich weiß nicht, ob ich das ertragen könnte. Es ist so schon schwer genug. Und wir wären ja gar nicht hier, wenn nicht …« Erneut brach er ab.

      »Wenn du es nicht ertragen kannst, hat es wenig Sinn, Moritz«, sagte Maria mit beherrschter Stimme. »Dann wären wir bald wieder an dem Punkt, an dem wir vorher waren. Das wäre nicht in Lorenz’ Sinn, denn dann hätte sein … sein Opfer ja nichts bewirkt.«

      »Wie soll ich dem Jungen jemals wieder in die Augen sehen, kannst du mir das mal sagen?«, murmelte Moritz. »Es ist furchtbar, was ich ihm angetan habe.«

      »Es ist furchtbar, und trotzdem hat er dir geholfen«, stellte sie fest.

      Er schlug beide Hände vors Gesicht. »Ich schäme mich so, Maria.«

      Sie streichelte unbeholfen seinen Arm. Seit Tagen ging das nun schon so: Die Gemütslage ihres Mannes wechselte ständig. Mal war er voller Hoffnung, dann wieder sah er alles grau in grau. Mal erdrückten ihn seine Schuldgefühle förmlich, im nächsten Augenblick konnte er bereits überzeugt davon sein, den richtigen Weg beschritten zu haben und alles wieder gutmachen zu können.

      Für sie selbst bedeutete dieser ständige Wechsel pausenlose Anspannung und Stress, und bereits jetzt, nach wenigen Tagen an diesem Ort, fühlte sie sich erschöpft und ausgelaugt. Die Ärzte hatten ihr das vorhergesagt, aber sie war davon überzeugt gewesen, dass ihre Kräfte reichen würden. Jetzt jedoch zweifelte sie manchmal daran, auch wenn sie sich gegen solche Momente der Schwäche immer heftig zur Wehr setzte.

      Moritz ließ die Hände sinken und sah sie an. »Ich mache das«, sagte er mit heiserer Stimme. »Ich gehe zur Polizei, Maria.«

      »Nur, wenn du ganz sicher bist«, erwiderte sie mit fester Stimme. »Ich glaube auch, dass es das einzig Richtige wäre.«

      »Aber du weißt, was das bedeutet«, murmelte er. »Wir wären ruiniert.«

      »Finanziell, ja. Aber nicht moralisch, Moritz. Wir könnten wieder in den Spiegel sehen, ohne uns zu schämen.«

      Er wandte den Blick ab. »Das konnte ich schon sehr, sehr lange nicht mehr«, sagte er. »In den letzten Jahren habe ich mich bei jedem Blick in den Spiegel geschämt.«

      Sie umarmte ihn. »Wir schaffen das, Moritz«, flüsterte sie. »Irgendwie schaffen wir das.«

      Er nickte, ein kleines Lächeln stahl sich in seine Augen. »Das wäre schön«, sagte er sehnsüchtig.

      *

      »Er gefällt mir, Lara«, sagte Lucie, als sie von ihrem Ausritt mit Ulrich zurückkehrte. Sie ließ sich der Länge nach auf ein Sofa fallen. »Er gefällt mir sogar sehr.« Die beiden Freundinnen bewohnten gemeinsam eine der großen Gästesuiten von Schloss Sternberg – jede hatte ihr eigenes Schlafzimmer und ein Bad, es fehlte an nichts.

      »Stell dir vor, das ist mir sogar schon aufgefallen«, stellte Lara fest. »Du gefällst ihm übrigens auch.«

      Lucie richtete sich wieder auf und fragte: »Woher willst du das wissen?«

      »Ich habe Augen im Kopf«, erklärte Lara trocken.

      »Und? Wie findest du ihn?«

      »Außerordentlich sympathisch, charmant und klug«, antwortete Lara.

      Lucie sprang auf und umarmte sie stürmisch. »Ich bin verliebt, Lara, ich bin verliebt!«

      »Leider ist der Mann Kriminalbeamter«, versuchte Lara ihre Begeisterung ein wenig zu dämpfen. »Das heißt, er ist praktisch ständig im Dienst – ich habe mich ein biss-chen umgehört. Sofia und Friedrich sind des Lobes voll über ihren Freund, aber sie haben keinen Hehl daraus gemacht, dass er ein Ar-

      beitstier ist und dass seine bisherigen Beziehungen allesamt an diesem Punkt gescheitert sind.«

      »Unsere nicht!«, erklärte Lucie mit fester Stimme. »Ich arbeite selbst sehr gern, das wird also kein Problem sein.«

      »Lern ihn erst einmal ein biss-chen besser kennen«, riet Lara ihr.

      Lucie richtete sich wieder auf. »Das habe ich auch vor«, erklärte sie strahlend. »Stell dir mal vor, ich hätte dich nicht begleitet, Lara. Dann hätte ich diesen Mann vermutlich niemals kennengelernt!«

      Lara setzte sich neben sie und legte ihr einen Arm um die Schultern. »Schön, dass du glücklich bist«, sagte sie leise.

      »Du wirst auch wieder glücklich sein.« Lucie ließ ihren Kopf auf die Schulter ihrer Freundin sinken und stieß einen tiefen Seufzer aus. »Da muss ich erst nach Sternberg reisen, um mich zu verlieben. Ist das nicht verrückt?«

      »Nein, ist es nicht. Sternberg ist ein … wie soll ich das sagen? Ein magischer Ort. Hier verlieben sich die Menschen leichter als anderswo – oder sie klären ihre Missverständnisse und finden wieder zueinander. Ich habe mich schon oft gefragt, woran das liegen mag, aber eine Antwort habe ich bisher nicht gefunden. Frag mal die Sternberger, die werden dir bestätigen, dass hier die Liebe zu Hause ist.«

      »Wie das klingt«, murmelte Lucie und wiederholte: »Hier ist die Liebe zu Hause.« Sie dachte eine Weile darüber nach, dann fragte sie: »Wolltest du deshalb hierher?«

      »Vielleicht auch, aber nicht nur. Ich mag die Sternberger einfach sehr gern, mit ihnen kann ich über alles reden, ich vertraue ihnen. Und du? Du hast doch auch Sternberg vorgeschlagen als Ort, an dem ich mich gut vor Herrn von Angern verstecken könnte.«

      »Den Grund kann ich dir nicht sagen. Die Idee kam mir spontan, und ich fand sie einfach gut.« Lucie richtete sich auf. »Und das war sie doch auch, oder?«

      Lara sah die glänzenden Augen ihrer Freundin, das Lächeln in ihren Mundwinkeln, das sich fest dort eingenistet zu haben schien, und sie nickte. »Ja, es war eine sehr, sehr gute Idee, Lucie.«

      Lucie sprang auf und verschwand in ihrem Bad, während Lara noch sitzen blieb. Sie legte den Kopf zurück und schloss die Augen. Lorenz, dachte sie, wo bist du?

      *

      Während Lucie ihrer Freundin mit leuchtenden Augen von Ulrich vorschwärmte, führte dieser ein Gespräch mit Anna und Christian, in dem die beiden Teenager ihm einiges vortrugen, was ihn gleichermaßen elektrisierte wie verblüffte.

      »Wir müssen mit dir reden, Uli, unter vier Augen« – mit diesem Satz des kleinen Fürsten hatte die Unterhaltung begonnen.

      »Etwas


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