Der kleine Fürst Staffel 8 – Adelsroman. Viola Maybach

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Der kleine Fürst Staffel 8 – Adelsroman - Viola Maybach


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bin Ulrich von Wandel«, bestätigte er. »Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?«

      Sie kam mit leichten, beschwingten Schritten auf ihn zu und reichte ihm die Hand. Ihre Natürlichkeit bezauberte ihn, und zum ersten Mal seit langer Zeit bedauerte er, dass er die zwei, drei Kilos, die er zu viel hatte, noch immer nicht losgeworden war. Außerdem sah er bleich und übernächtigt aus, mit dunklen Ringen unter den Augen, während diese schöne bezaubernde Frau …

      »Lucie von Drewitz«, beantwortete sie seine Frage. »Ich bin mit meiner Freundin Lara hier – Lara von Kessel.«

      »Ach«, murmelte Ulrich, der bei diesem Namen sofort hellhörig geworden war, das jedoch gut zu verbergen verstand. »Ich wusste gar nicht, dass noch mehr Gäste erwartet werden.«

      »Und jetzt möchten Sie am liebsten gleich wieder abreisen?«, fragte Lucie mit spitzbübischem Lächeln.

      »Aber nein, im Gegenteil!«, versicherte er. »Ich bin entzückt, das dürfen Sie mir glauben.«

      »Na, ich weiß nicht«, bemerkte Lucie zweifelnd, aber er bemerkte das vergnügte Blitzen ihrer Augen. »Sie sehen jedenfalls nicht so aus.«

      »Das liegt dann aber nur daran, dass ich müde und überarbeitet bin«, erklärte Ulrich.

      »Und in der Sonne waren Sie in diesem Jahr auch noch nicht«, stellte Lucie fest.

      »Stimmt, auch dazu hat mir die Zeit gefehlt.«

      »Reiten Sie?«

      »Leidenschaftlich gern. Und Sie?«

      Sie lachte. »Leidenschaftlich gern.«

      »Dann sind wir also hiermit zu einem Ausritt verabredet?«

      »Je eher, desto lieber.«

      Er wurde ernst. »Sagen Sie, Ihre Freundin Lara – ich meine, ich weiß natürlich, was passiert ist, die Geschichte stand ja in allen Zeitungen, man konnte ihr gar nicht ausweichen. Sie ist vermutlich am Boden zerstört, so dass wir sehr vorsichtig mit ihr umgehen müssen?«

      Zu seiner Verwunderung schüttelte Lucie lebhaft den Kopf. »Nein, überhaupt nicht. Benehmen Sie sich einfach normal, das ist am besten.«

      »Aber wie ist das denn möglich? Immerhin hat sie gerade eine Erfahrung machen müssen, die wohl für jeden Menschen einem Albtraum gleichkommt.«

      »Das stimmt, aber sie zweifelt nicht an Lorenz’ Liebe. Sie meint, dass etwas anderes dahinterstecken muss, und sie denkt, sie wird es irgendwie herausfinden.«

      Ulrich dachte an das Foto von Lara von Kessel und Michael von Angern, das er morgens in der Zeitung gesehen hatte, und er wusste bereits jetzt, dass aus dem völlig freien Wochenende, an dem die Arbeit einmal überhaupt keine Rolle spielte, nichts werden würde. Aber so lange ihm dennoch ausreichend Zeit blieb, Lucie von Drewitz näher kennenzulernen, war das vielleicht nicht so schlimm …

      Eberhard Hagedorn erschien, um ihn willkommen zu heißen, und damit war sein Gespräch mit Lucie erst einmal beendet. Er bedauerte das, aber das Wochenende war ja noch lang – es würde reichlich Gelegenheit zu weiteren Gesprächen geben. Und dann waren sie ja auch noch zu einem Ausritt verabre-

      det …

      *

      »Was soll das heißen: Sie ist weg?«, schrie Michael von Angern.

      Sein Assistent zog unwillkürlich den Kopf ein. »Sie ist nicht in ihrer Wohnung, Boss. Und in ihrer Firma hat sie jetzt doch Urlaub genommen …«

      »Und wohin ist sie gefahren?«, herrschte Michael von Angern den bereits vor Angst schlotternden Mann an.

      »Das weiß niemand, sie hat es offenbar keinem gesagt.«

      »Dann findet es heraus, verdammt noch mal. Sie kann sich ja schließlich nicht in Luft aufgelöst haben! Wieso fährt sie überhaupt weg – jetzt, wo wir uns gerade näherkommen?« Wie ein gefangenes Raubtier lief Michael von Angern durch sein riesiges Büro: von einer Wand zu anderen, dann wieder zurück.

      »Es könnte ja sein«, hob sein Assistent zaghaft an, »dass sie nur kurz weg ist, übers Wochenende. Dann wäre es doch normal, dass sie das nicht erwähnt hat, oder?«

      Er wartete mit angehaltenem Atem auf eine Reaktion, die auch nicht lange auf sich warten ließ. Offenbar hatte er die richtigen Worte gefunden, denn sein Chef blieb wie angewurzelt stehen, starrte ihn an und rief schließlich: »Warum sagen Sie das nicht gleich?«

      »Ich war nicht sicher«, erklärte der Assistent.

      »Aber so muss es sein. Wir kennen uns ja noch nicht so gut, dass sie mich in all ihre Pläne einweiht. Natürlich wird sie am Sonntag zurück sein …« Er wandte sich ab, stellte sich ans Fenster und blickte eine Weile auf die unter ihm liegende Straße. »Schicken Sie ihr am Sonntag einen Rosenstrauß – rote Rosen. Blutrote Rosen.«

      »In Ordnung, wird gemacht.« Verstohlen wischte sich der Assis-tent ein paar Schweißtropfen von der Stirn.

      »Verschwinden Sie«, brummte Michael von Angern, und mit einem nur mühsam unterdrückten Seufzer der Erleichterung befolgte der Assistent diese Aufforderung.

      Das war gerade noch einmal gut gegangen. Aber er wusste schon jetzt, was ihm blühte, wenn seine Vermutung sich am Sonntagabend als falsch erwiesen hatte. Sollte Lara von Kessel dann nicht in ihre Wohnung zurückkehren, konnte er sich vermutlich einen neuen Job suchen – falls jemand bereit war, ihm einen zu geben. Wer bei Mi-chael von Angern rausflog, so hieß es hinter vorgehaltener Hand, mit dem wollte niemand mehr zusammenarbeiten.

      Aber vielleicht hatte er ja Glück, und es kam gar nicht so weit.

      *

      »Was ist das für ein Kerl?«, fragte Friedhelm Karl und tippte mit seinem schwieligen Zeigefinger auf das Bild von Lara und Michael von Angern.

      Lorenz’ Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: »Ein Verbrecher, Herr Karl.«

      Der alte Bauer kniff die Augen zusammen. »Ein Verbrecher?«, wiederholte er in seiner bedächtigen Art.

      »Ja«, bestätigte Lorenz mit harter Stimme.

      »Hat er etwas mit Ihrem Verhalten in der Kirche zu tun?«

      »Ja. Fragen Sie mich bitte nicht weiter, ich habe versprechen müssen, über diesen Vorfall Stillschweigen zu bewahren. Tue ich das nicht, kommt jemand zu Schaden.«

      Friedhelm Karl dachte eine Weile über diese Worte nach. »So aber auch«, sagte er dann.

      »Was meinen Sie damit?«

      »Wenn Sie Stillschweigen bewahren, kommt auch jemand zu Schaden – mindestens zwei Menschen, wenn nicht noch mehr, würde ich mal sagen.«

      »Wen meinen Sie?«

      »Ihre Braut und Sie selbst meine ich. Sie sind unglücklich, Ihre Braut ist es sicher auch. Ist es das wert?«

      »Diese Frage stellt sich nicht, Herr Karl. Ich konnte nicht anders handeln.«

      »Ich glaube, heute brauchen wir einen Schnaps zum Bier«, brummte der alte Bauer, stemmte sich mühsam in die Höhe und ging zu einem alten Eichenschrank, hinter dessen Glastüren er seinen ›Selbstgebrannten‹ aufbewahrte. »Mirabelle«, sagte er, als er an den Tisch zurückkehrte. »So was Gutes kriegen Sie nirgends zu kaufen.«

      Er hatte nicht übertrieben, stellte Lorenz fest, als ihm die klare Flüssigkeit sanft die Kehle hinunterlief. Nachdem sie jeder ein Glas getrunken hatten, stellte Friedhelm Karl die Flasche zurück in den Schrank. Er trank abends sein Bier, manchmal auch zwei, und nur zu besonderen Gelegenheiten seinen Selbstgebrannten – mehr nicht. Lorenz hatte bereits festgestellt, dass er ein sehr genügsamer Mann war.

      »Man kann immer anders handeln«, sagte er nun in die entstandene Stille hinein. »Wenn dieser Mann ein Verbrecher ist, wie Sie sagen, und wenn er sich jetzt an Ihre Braut heranmacht, dann können Sie nicht einfach tatenlos zusehen, Herr zu Hirtenberg.«

      »Sie wird


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