Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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      Als Danny Norden im OP ankam, lief der Betrieb bereits auf Hochtouren.

      In Windeseile zog er sich um und stieß dann zum OP-Team rund um seinen Freund Dr. Matthias Weigand.

      »Was ist passiert?«, fragte er, nachdem der Assistenzarzt den Platz für ihn geräumt hatte.

      »Zuerst klagte Titus über Atembeschwerden. Daraus wurde akute Atemnot, dann folgte blutiger Husten. Ich musste ihn intubieren«, erklärte Matthias, ohne vom Operationsfeld aufzusehen. »Gut, dass du so schnell kommen konntest.«

      Als Danny lächelte, kräuselte sich die Haut um seine Augen.

      »Stell dir vor, in einer 30er-Zone ist einer mit 70 hinter mir hergefahren. Mit Blaulicht. Auffälliger geht’s ja wohl nicht«, scherzte er augenzwinkernd und beugte sich über den schlafenden Titus.

      Matthias lachte.

      »Hör auf mit dem Unsinn, sonst wackel ich noch«, warnte er. »Gib mir lieber mal eine Klemme. Und dann die Schere.«

      Danny griff nacheinander nach den gewünschten Instrumenten und reichte sie ihm.

      Eine Weile war nichts zu hören außer dem Piepen der Überwachungsgeräte. Endlich atmete Dr. Weigand auf.

      »Na bitte. Da haben wir den Übeltäter. Bringen Sie das sofort in die Pathologie«, forderte er eine Schwester auf, die sich umgehend auf den Weg machte.

      »Wahnsinn, wie schnell diese Dinger nach innen wachsen. Das war höchste Zeit«, murmelte Danny.

      »Im Grunde kann Titus froh sein, dass er diesen Allergieanfall hatte«, gab Matthias zurück. »Sonst hätten wir den Tumor nie entdeckt. Früher oder später wäre der Junge einfach erstickt.« Er stöhnte leise, als er sich aufrichtete und die Hände in den schmerzenden Rücken presste. »Ich glaub, ich werde alt!«, stellte er unwillig fest. »Das war’s. Machst du zu?«

      »Klar«, erklärte sich Danny Norden sofort bereit. »Sonst bin ich ja ganz umsonst gekommen.« Er zwinkerte seinem Freund und Kollegen zu und machte sich an die Arbeit.

      *

      Fee Norden saß an ihrem Schreibtisch und diktierte Befunde, als es klopfte.

      »Die Tür ist doch offen«, antwortete sie, ohne aufzusehen.

      »Ich will Sie auf keinen Fall inflagranti erwischen.«

      Nun hob Felicitas doch den Kopf. »Lammers, wer sonst.« Seufzend legte sie das Gerät beiseite und lehnte sich zurück. »Mein Mann ist schon weg. Sie können also unbesorgt reinkommen.« Sie deutete auf den Stuhl vor dem Tisch. »Bitte, setzen Sie sich.«

      »Danke. Ich hab nicht vor, Ihre Gesellschaft länger als nötig zu genießen.«

      »Da sind wir ja zufällig mal einer Meinung. Was kann ich für Sie tun?«

      Auf diese Frage schien Dr. Lammers nur gewartet zu haben.

      »Ich war vorhin im Labor. Dort hat man mir gesagt, dass Sie die Platz auf Herpes Simplex untersuchen lassen.« Seine Miene verhieß nichts Gutes.

      »Stimmt auffallend. Ich warte jeden Moment auf die Ergebnisse.«

      »Das ist doch lächerlich!« Er stand vor dem Schreibtisch und starrte auf Felicitas hinunter. »Das Labor mit solchen blödsinnigen Ideen zu beschäftigen.«

      »Ich tue nur meine Pflicht als Ärztin«, erwiderte sie ungerührt.

      »Und ich möchte mal wissen, bei welcher Lotterie Sie Ihren Doktor-Titel gewonnen haben«, schimpfte Volker Lammers ungehalten.

      Felicitas wusste, dass er nur auf einen Angriff von ihr wartete. Auf eine Schwäche, auf die er sich gnadenlos stürzen konnte. Diesen Gefallen wollte sie ihm unter keinen Umständen tun.

      »Im Spiel des Lebens«, konterte sie, als in diesem Moment Johanna Reber aus dem Labor hereinkam.

      Bei Lammers‘ Anblick zuckte sie zurück.

      Schnell wandte sie sich an Felicitas Norden.

      »Frau Dr. Heimerl schickt mich.«

      Fee winkte sie herein.

      »Kommen Sie. Ich beiße nicht.«

      »Sie nicht, aber …« Johannas unsicherer Blick eilte hinüber zu Volker Lammers. Sie hatte ihn schon öfter im Labor erlebt und sich rasch eine eigene Meinung gebildet.

      Felicitas‘ Lachen klang eine Spur schadenfroh. Es gab doch noch Gerechtigkeit auf der Welt.

      »Keine Angst. In diesem Zimmer stehen Sie unter meinem persönlichen Schutz«, versprach sie, ehe sie auf die Unterlagen in ihrer Hand deutete. »Was ist bei der Untersuchung rausgekommen?«

      »Ach so, ja.« Verlegen gab die junge Laborantin die Akte weiter.

      Unter Volker Lammers neugierigen Blicken blätterte Fee einen Moment lang vor und zurück. Ein zufriedenes Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus.

      »Vielen Dank! Wenn ich noch was brauche, rufe ich Frau Heimerl an.«

      Johanna war sichtlich erleichtert, gehen zu dürfen, und war im nächsten Moment verschwunden.

      »Und? Was ist? Spannen Sie mich nicht so auf die Folter!«, verlangte Dr. Lammers, als sie wieder unter sich waren.

      Überlegen lächelnd stand Fee auf und kam um den Schreibtisch herum. Vor dem Kollegen blieb sie stehen und sah ihm in die Augen.

      »Wissen Sie, was ich mich gerade frage?«

      »Bin ich Hellseher?«, ätzte er zurück.

      »In welcher Lotterie Sie Ihren Schein in Diagnostik gewonnen haben.« Sie drückte Lammers die Unterlagen in die Hand und verließ das Zimmer, um umgehend ein antivirales Medikament bei Melanie Platz anzuordnen.

      *

      Als Anneka die Klinik in Begleitung von Josephine erreichte, war die Operation noch in vollem Gang.

      »Ihr könnt drüben im Aufenthaltsraum warten. Wenn es Neuigkeiten gibt, sag ich Bescheid«, erklärte Schwester Nadine und deutete auf eine halb geöffnete Tür schräg gegenüber dem OP-Bereich. »Ich hab gerade frischen Tee und Kaffee nachgefüllt. Und Gebäck ist auch noch da. Das müsst ihr unbedingt mal probieren. Wirklich lecker!«

      »Ich krieg keinen Bissen runter«, prophezeite Josy düster, als sie dem Rat der netten Schwester folgten.

      »Mir geht’s genauso«, stimmte Anneka zu. Jetzt, da es nichts mehr zu tun gab, kroch ihr die Angst in den Nacken. Sie trat ans Fenster und sah hinunter in den schönen Garten, der in voller Pracht grünte und blühte. Patienten und Besucher schlenderten allein, zu zweit oder in kleinen Gruppen über die gekiesten Wege. Zwei Kinder standen sich auf einer Wiese gegenüber und schwangen ein Seil. Ein drittes sprang lachend darüber. Angesichts dieses längst vergessenen Kinderspiels musste auch Anneka lächeln. Doch es sollte ihr gleich wieder vergehen.

      »Warum hast du mich überhaupt geholt?«, fragte Josephine. Mit dieser Frage hatte Anneka längst gerechnet. Langsam drehte sie sich um und sah ihre vermeintliche Konkurrentin an. Josy war zwei, drei Jahre jünger als sie. Ein Mädchen auf dem Weg zur Frau. Mit Sommersprossen auf der Stupsnase und klugen, blauen Augen, die unter dem dunklen Pony geheimnisvoll hervorstachen. Mit einem Mal verstand Anneka, warum sich Titus in sie verliebt hatte. Nun bekam sie die Gelegenheit, sich seiner Gefühle würdig zu erweisen.

      »Weil ich glaube, dass er dich jetzt mehr braucht denn je. Er ist sehr krank und hat eine schwere Zeit vor sich. Eure Liebe kann ihm helfen, das alles zu überstehen. Vorausgesetzt natürlich, du willst das.«

      Josys Augen weiteten sich vor Angst.

      »Was fehlt ihm denn?«

      Anneka schüttelte den Kopf.

      »Das muss er dir schon selbst sagen. Ich hab’s auch nur durch Zufall erfahren.«

      Josephine kaute auf der Unterlippe.


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