Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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dass er sie dann nie wieder belästigen würde.

      »Vier Tage. Mehr nicht«, traf Wendy schließlich eine Entscheidung und ärgerte sich schon wieder über sich selbst. Aber sie hätte sich auch geärgert, wenn sie auf das Geld verzichtet hätte. Was auch immer sie tat, es konnte nur falsch sein. Wieder einmal hatte Edgar von Platen sie in eine Falle gelockt. Und sie konnte nur hoffen, dass es ihr gelang, sich unversehrt zu befreien. Alexander Gutbrodt war ihr dabei eine große Hilfe. Seine bloße Existenz schien zu genügen, um Edgar einzuschüchtern. Das war das Einzige, das ihr Mut machte.

      *

      Nach einer ersten Untersuchung wurde Manfred Holler zur Kernspintomographie geschickt. Danach sollte er sich wieder bei der Orthopädin Dr. Verena Schreiner einfinden.

      »Herr Dr. Norden, das ist ja eine Überraschung!«, staunte er nicht schlecht, als er ins Zimmer der Ärztin zurückkehrte und den Arzt dort vorfand.

      Daniel hatte seine Patientin bei der Kollegin Kober abgeliefert und war dann auf direktem Weg in die Orthopädie gegangen.

      »Haben Sie kein Wochenende?«, fragte Manfred.

      »Im Normalfall schon. Aber in wichtigen Fällen mache ich durchaus eine Ausnahme.«

      »Was sagt Ihre Frau dazu?« Unwillkürlich musste Manfred an Nataschas enttäuschtes Gesicht denken.

      »Meine Frau stammt auch aus einer Arztfamilie. Sie ist es also gewohnt. Außerdem ist sie selbst Ärztin und teilt meine Leidenschaft für diesen Beruf.«

      »Sie haben es gut«, seufzte Dr. Verena Schreiner, eine aparte Frau in den Vierzigern. »Meine Beziehungen zerbrechen regelmäßig an meinen Arbeitszeiten. Am Anfang sind die Herren der Schöpfung immer voller Bewunderung. Aber irgendwann hat noch jeder Mann angefangen, sich zu beschweren. Doch gegen meinen Beruf hat keiner eine Chance. Entweder der Mann akzeptiert ihn. Oder eben nicht. In diesem Fall ist er der Falsche für mich. Und das war bisher immer so.« Sie hatte die Hände in die Taschen ihres Kittels gesteckt und lauschte dem Nachhall ihrer Worte. Dann nickte sie, als ob sie sie noch einmal bestätigen wollte.

      »Meine zukünftige Frau hat auch denselben Beruf wie ich«, berichtete Manfred versonnen. »Sie unterrichtet Englisch und Biologie. Eigentlich wollen wir bald heiraten. Wenn …« Er sah Dr. Schreiner und Dr. Norden sorgenvoll an und beendete den Satz nicht.

      Entschieden nahm Verena die Hände aus den Taschen und lächelte aufmunternd.

      »Keine Angst. Wir werden schon rausfinden, was Ihnen fehlt, und die Ursache für ihre Ausfälle so schnell wie möglich beheben.«

      »Wenn Ihnen das gelingt, sind Sie Ehrengast auf meiner Hochzeit«, versprach Manfred und setzte sich neben die beiden Ärzte, um die Aufnahmen zu betrachten.

      Verena schob die CD ins Laufwerk des Computers. Zunächst lächelte sie noch. Doch dann gefror nicht nur ihre sondern auch die Miene ihres Kollegen Daniel Norden. Geübt im Interpretieren solcher Bilder wusste er sofort, dass mit diesem Befund nicht zu spaßen war.

      »Kann ich offen mit Ihnen reden?«, war er es denn auch, der das sensible Gespräch übernahm.

      Manfred konnte nur helle und dunkle Schatten auf dem Bildschirm ausmachen. Er schluckte.

      »Was ist es? Ein Bandscheibenvorfall, der nur durch eine Operation behoben werden kann?«, ging er in die Offensive.

      Verena Schreiner und Daniel Norden sahen sich kurz aber vielsagend an.

      »Sehen Sie selbst«, forderte Dr. Schreiner ihren Patienten freundlich auf. »Ich erkläre es Ihnen.«

      Zögernd rollte Manfred mit seinem Stuhl auf den Platz, den Dr. Norden für ihn frei gemacht hatte.

      »Wir haben es hier mit einem Tumor zu tun, der bereits in den Rückenmarkkanal hineinreicht«, redete sie nicht lange um den heißen Brei herum und deutete auf die entsprechenden Bereiche der Aufnahmen. Dann sah sie ihren Patienten fragend an. »Seit wann haben Sie denn Beschwerden?«

      Manfred war blass geworden.

      »Als Leistungssportler leide ich quasi immer unter irgendwelchen Schmerzen«, erklärte er mit rauer Stimme. »Deshalb habe ich die Rückenschmerzen auch gar nicht sonderlich ernst genommen. Die habe ich seit ungefähr zwei, vielleicht drei Monaten. Ich dachte, das vergeht schon wieder.«

      »Demnach haben Sie die Schmerzen gar nicht mit dem Wegknicken der Beine in Zusammenhang gebracht?«, erkundigte sich Daniel Norden.

      »Nein.« Manfred Holler schüttelte den Kopf. »Auf diese Idee wäre ich niemals gekommen.« Sein völlig verunsicherter Blick wanderte von einem Arzt zum anderen. »Können Sie schon sagen, ob es sich um einen gutartigen Tumor handelt?« Seine Gedanken eilten weiter, und er wagte es kaum, seinen schrecklichen Verdacht auszusprechen. Doch es musste sein. Er konnte die Tatsachen nicht länger verleugnen. »Oder um Krebs?«

      »Eine solche Aussage zu wagen, wäre unseriös«, antwortete Dr. Verena Schneider ohne Zögern. »Sicher ist nur, dass wir um einen Eingriff nicht herumkommen werden.« Sie hatte die Arme vor dem Oberkörper verschränkt und kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe. »Wir sollten schnell handeln, bevor der Tumor die Nerven immer weiter beeinträchtigt und irreversible Schäden verursacht.«

      Manfred starrte auf den Bildschirm, der vor seinen Augen verschwamm.

      »Ich wollte in ein paar Wochen heiraten«, wiederholte er mit einer Stimme, die von weit, weit her kam. »Natascha ist meine große Liebe. Die erste Frau, mit der ich mir vorstellen kann, alt zu werden.« Wieder tauchte ihr enttäuschtes Gesicht vor ihm auf. »Ich kann doch die Hochzeit nicht einfach so absagen.« Er schickte den Ärzten einen hilflosen Blick.

      »Nach allem, was Sie von ihr erzählt haben, bin ich sicher, dass Ihre Verlobte eine großartige Frau ist«, versuchte Daniel Norden, seinen verzweifelten Patienten zu trösten. »Natascha wird nicht nur Verständnis dafür haben sondern darüber hinaus auch noch froh sein, wenn Sie den Eingriff nicht unnötig lange hinauszögern und damit ein unkalkulierbares Risiko eingehen.« Daniel Norden räusperte sich. Er hatte tiefes Mitgefühl mit dem sympathischen Lehrer. Und es tat ihm in die Seele hinein leid, dass das noch nicht alles war, was er ihm sagen musste.

      Doch er war nicht allein. Verena Schreiner war sensibel genug, um die Not des Kollegen zu erkennen. Sie ließ ihn nicht im Stich.

      »Leider muss ich Ihnen sagen, dass eine Operation angesichts der Lage des Tumors einige Gefahren birgt, die wir im Augenblick noch nicht abschätzen können.«

      Wenn möglich, wurde Manfred noch blasser. Er klammerte sich an den Lehnen seines Stuhls fest, dass seine Knöchel weiß wurden.

      »Was heißt das genau?«, versuchte er, die Fassung zu wahren. Wenigstens noch so lange, bis er dieses Zimmer verlassen hatte und allein war.

      Verena antwortete nicht sofort. Es gehörte zu den schwierigsten Aufgaben dieses Berufs, solche Hiobsbotschaften zu übermitteln. Viele Kollegen brachten diese Angelegenheiten mit wenig Empathie – kurz und schmerzvoll – hinter sich und ließen ihre Patienten mit ihren furchteinflößenden Gedanken, der namenlosen Angst und den vielen Fragen allein. Nicht so Daniel Norden, Jenny Behnisch und ihr gesamtes Team. Sie alle hatten sich einem gefühlvollen Umgang mit diesen sensiblen Themen auf die Fahne geschrieben und handelten entsprechend. Trotzdem blieb ihnen allen manchmal nichts anderes übrig als ihren Patienten reinen Wein einzuschenken.

      »Das bedeutet, dass wir nicht genau wissen, ob Sie Ihre Beine nach dem Eingriff noch gebrauchen können.«

      Manfred sah zwar, dass sich Daniel Nordens Hand auf seinen Arm legte. Doch er fühlte es nicht.

      »Ich werde möglicherweise für den Rest meines Lebens behindert sein?«, stammelte er fassungslos und starrte Dr. Verena Schreiner ins Gesicht.

      »Es könnte sein«, musste Daniel Norden gestehen. »Aber es ist nicht sicher. Wir fällen hier kein Urteil über Ihr Schicksal. Wir sind nur verpflichtet, Sie über die möglichen Risiken aufzuklären.«

      Manfred Hollers Gedanken schossen hierhin und dorthin. Er dachte an


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