Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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Ecke seines Kopfes Quartier bezogen hatte.

      »Und wenn ich es doch tue?«, fragte er aggressiv zurück.

      Lass die Finger von ihr!

      »Ich will mich doch nur mit ihr unterhalten. Mehr nicht.«

      Denk an die Folgen! Du weißt, was passiert! Immer wieder diese furchtbare, quälende Stimme, die die Vergangenheit beschwor und schließlich, wie so oft, über Dr. Alexander Gutbrodts Wünsche siegte. So stand er schließlich nicht auf, um zu Wendy zu gehen sondern beugte sich wieder über seine Unterlagen und konzentrierte sich auf das, womit er sich auskannte.

      *

      Seit Manfred Holler von dem Tumor an seiner Wirbelsäule wusste, wurden die Schmerzen während des Unterrichts schier unerträglich. Er konnte sich nur noch mit hochdosierten Schmerzmitteln durch die Schulstunden retten. Trotzdem wurde jede Bewegung zur Qual.

      Dass Natascha in der hübschen Wohnung auf ihn wartete, machte die Sache nicht besser.

      »Ich muss mit ihr reden. Es nützt nichts.« Seit Tagen hatte Manfred die mahnenden Worte der Ärzte im Ohr.

      Jeder Tag war wichtig, konnte entscheidend sein für den Erfolg oder Misserfolg der Operation. Er hatte eine große Verantwortung, der er sich endlich stellen musste.

      Schweren Herzens drehte er den Wohnungsschlüssel im Schloss und trat in den Flur.

      »Freddy, mein Liebster, da bist du ja!«, hallte ihm Nataschas fröhliche Stimme entgegen. »Ich bin in der Küche und mach uns gerade einen kleinen Imbiss. Du bist doch hoffentlich hungrig?«

      Manfred stellte seine Tasche im Flur ab und machte sich schweren Herzens und mit schleppenden Schritten auf den Weg zu seiner Verlobten. Im Türrahmen der Küche blieb er stehen und sah ihr bei der Arbeit zu. Ihr haselnussbraunes Haar fiel glatt auf ihren schmalen Rücken, der in einer ebenso schmalen Taille und langen schlanken Beinen mündete. Mit geschickten Fingern arrangierte Natascha eine Käseplatte und schnitt knuspriges Weißbrot dazu auf. Nachdem sie weiße und rote Trauben zwischen die appetitlichen Käsestücke gelegt hatte, drehte sie sich zu Manfred um und strahlte ihn an.

      »Abendessen ist fertig!«, rief sie gut gelaunt. Doch als sie ihn ansah, versickerte das Lächeln auf ihrem Gesicht wie Regen auf trockener Erde. »Hattest du Ärger?«, fragte sie und wischte die Hände an einem Geschirrtuch ab. Sie kam näher und blieb direkt vor Manfred stehen.

      »Ich hab dir schon lange nicht mehr gesagt, wie wunderschön du bist, mein Liebling«, murmelte er statt einer Antwort und nahm ihr Gesicht in seine Hände. Dabei betrachtete er Natascha, als sähe er sie zum ersten Mal. Er beugte sich über sie und verschloss ihre Lippen mit einem zarten Kuss.

      Danach wandte er sich abrupt ab, griff nach dem Käseteller auf der Arbeitsplatte und ging auf den Balkon.

      Verdutzt folgte Natascha ihrem Verlobten. Sie war verwirrt, und wieder zog ihr die Angst den Magen zusammen. Wortlos sah sie ihm dabei zu, wie er den Teller auf dem gedeckten Tisch abstellte und dann an die Brüstung trat. Manfred ließ seinen sinnenden Blick über die angrenzenden Gärten schweifen.

      »Du bist heute so … verändert«, murmelte Natascha, die hinter ihn getreten war. »Irgendwas ist los mit dir. Das spüre ich schon seit einer Weile. Willst du nicht endlich mit mir darüber reden?«

      Als sich Manfred nicht bewegte und auch nicht antwortete, schlang sie die Arme von hinten um seine Körpermitte und schmiegte das Gesicht an seine Schultern.

      »Du weißt doch, dass du mit mir über alles reden kannst. Wir gehören zusammen …, bis dass der Tod uns scheidet«, erinnerte sie ihn an den Schwur, den sie bereit war zu leisten.

      Sie ahnte nicht, dass sie Manfred damit nicht trösten konnte. Ganz im Gegenteil.

      »Ich muss wirklich mit dir reden«, seufzte er heiser. Er drehte sich langsam zu Natascha um und wagte es kaum, ihr ins Gesicht zu sehen. »Genau darum geht es nämlich. Um unsere Hochzeit.«

      Natascha stockte der Atem. Ihr Herzschlag setzte für einen Moment aus.

      »Also doch!«, entfuhr es ihr und sie trat einen Schritt zurück. »Du hast Angst vor der eigenen Courage bekommen«, sagte sie ihm auf den Kopf zu.

      Wenn es nur das wäre!, dachte Manfred bitter und senkte den Kopf.

      »Schau mich an und sag es mir ins Gesicht!«, verlangte Natascha, und ihre Stimme drohte überzuschnappen. »Sag mir, dass du mich nicht mehr liebst.«

      Sie erschrak, als er die Arme nach ihr ausstreckte und sie fast grob an sich riss. In seinen Augen brannte die Leidenschaft wie ein loderndes Feuer.

      »Natürlich liebe ich dich!«, erklärte er heiser. »Mehr als mein Leben. Das macht es ja so schwer.« Er drückte sie an sich wie ein Ertrinkender, ehe er sie ebenso abrupt wieder losließ.

      Nun bekam es Natascha endgültig mit der Angst zu tun. Unfähig, sich zu bewegen, starrte sie ihn an, wartete darauf, was als Nächstes passieren würde.

      »Ich bin krank, Natascha«, gestand Manfred schließlich gepresst. »Nein, unterbrich mich nicht!«, gebot er ihr Einhalt, als sie den Mund öffnete. »Sonst schaffe ich es wieder nicht, dir alles zu erzählen.«

      Natascha presste die Lippen aufeinander. Kraftlos ließ sich Manfred auf einen der beiden Stühle fallen.

      »Die Fortbildung neulich …, die gab es nicht. Stattdessen war ich in der Behnisch-Klinik, um mich von Dr. Norden und einer Frau Dr. Schreiner untersuchen zu lassen.«

      Natascha wusste nicht, ob sie erleichtert oder besorgt sein sollte. Erleichtert darüber, dass ihre Angst, Manfred könnte sie nicht mehr lieben, unbegründet war. Oder besorgt wegen der Krankheit … Darüber, dass er ihr gegenüber Ausreden benutzen musste.

      »Was fehlt dir denn? So schlimm kann es doch gar nicht sein«, brachte sie ihre Hoffnung zum Ausdruck. »Immerhin bist du Leistungssportler. Ich kenne niemanden, der so gesund lebt wie du.«

      Manfred hob die Hand, und Natascha brach hilflos ab.

      »Das alles hat mich nicht vor diesem Tumor bewahrt.«

      »Tumor?«, wiederholte Natascha tonlos.

      Das Schreckgespenst hatte einen Namen bekommen, und augenblicklich begann der Boden unter ihren Füßen zu wanken. Sie klammerte sich an der Balkonbrüstung fest.

      »Du hast Krebs?«, presste sie mühsam hervor, als Manfred nicht weitersprach. »Wo?«

      Gedankenverloren starrte er auf die Käsestücke, die in der untergehenden Sonne vor sich hin trockneten.

      »Zwischen dem letzten Brustwirbel und dem ersten Lendenwirbel«, antwortete er so leise, dass sie ihn kaum verstehen konnte. »Ich muss unbedingt operiert werden. Aber es besteht die Gefahr, dass ich danach gelähmt sein werde.« Manfred stieß den Atem durch die Lippen. Das Schlimmste hatte er ihr offenbart. Nun gab es nur noch eines für ihn zu tun. Er riskierte einen vorsichtigen Blick in Nataschas Richtung. Sie lehnte immer noch am Geländer und starrte blicklos vor sich hin.

      »Natascha, ich hatte viel Spaß in meinem Leben, bin viel herumgekommen und habe meine Freiheit voll und ganz ausgekostet«, fuhr er heiser fort. »Du bist so viel jünger als ich und hast das alles noch vor dir. Ich könnte nicht leben mit dem Gedanken, dir deine glückliche, unbeschwerte Zukunft zu verbauen. Deshalb sollst du wissen, dass ich es voll und ganz verstehe, wenn du mich unter diesen Umständen nicht mehr heiraten willst. Wenn du dich dazu entschließt, mit einem anderen Mann noch mal von vorne anzufangen. Ich kann dir nicht das geben, was du vom Leben erwartest. Was du wirklich verdient hast.«

      Einen Moment lang verharrte Natascha noch reglos am Geländer. Dann stieß sie sich ab und kam auf Manfred zu. Sie setzte sich rittlings auf seinen Schoß und nahm sein Gesicht in ihre Hände, wie er es zuvor bei ihr getan hatte.

      »Das ist eine furchtbare Nachricht«, gestand sie und versank in seinen Augen wie in einem tiefen Meer. »Und ich mache mir nichts vor. Ich weiß, dass ich auf vieles verzichten muss, wenn ich bei dir bleibe. Wir werden beide


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