Heinrich der Seefahrer. João de Barros

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Heinrich der Seefahrer - João de Barros


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darauf, die Welt und allerlei sonderbare Dinge kennenzulernen, die vor mir noch keiner meiner Landsleute gesehen hatte. Und nicht zuletzt hoffte ich auch, mit einer solchen Reise zu Ruhm und Reichtum zu kommen.

      Nachdem ich mich mit der notwendigen Ausrüstung und Handelsware versehen hatte, kehrte ich auf die Galeere zurück, um dort alle meine Habseligkeiten, die ich bei mir hatte, einem meiner Freunde anzuvertrauen. Gegen Sonnenuntergang ging ich schließlich wieder an Land, während die Galeeren kurz darauf ihre Fahrt nach Flandern fortsetzten.

      86 Reposera lag ungefähr fünf Meilen landeinwärts von Sagres an der Spitze von Kap St. Vinzenz in der Provinz Algarve, der Heinrich als Gouverneur vorstand. Hier hatte er sich nach der Eroberung von Ceuta im Jahr 1415 niedergelassen, und von hier aus dirigierte er auch die Entdeckungsfahrten.

      87 Patrizio di Conti arbeitete dort als Geograf.

      88 Drachenblut ist ein Harz, das aus der Dracaena draco gewonnen wird, früher zu medizinischen Zwecken verwendet wurde und heute vor allem als Färbemittel dient.

      Drittes Kapitel

      Das Kapitel hat die Abfahrtszeit des Schiffes sowie die Winde, unter denen es segelte, zum Inhalt.

      Dass ich in Kap St. Vinzenz zurückblieb, stieß bei Fürst Heinrich auf großes Wohlgefallen. Er erwies mir auf vielerlei Art seine Freundschaft, und nach einer gewissen Zeit hatte er für mich ein Schiff, eine Karavelle, ausgesucht. Dieses Schiff konnte mit 90 Buthen89 beladen werden, was etwa 40 Fuder Wein entspricht, und es stand unter der Gönnerschaft eines gewissen Vinzente Diaz90 aus Lagos, einem 16 Meilen von Kap St. Vinzenz entfernten Hafen.

      Nachdem die Karavelle mit allem Erforderlichen ausgerüstet war, stachen wir am 22. März 1455 – in Gottes Namen und mit großen Hoffnungen – von Kap St. Vinzenz aus in See. Mit Nordwind im Rücken segelten wir geradewegs westwärts auf die Insel Madeira zu und erreichten so am 25. des Monats gegen Mittag die Insel Porto Santo, die 600 Meilen von Kap St. Vinzenz entfernt liegt.

      89 Zwei Buthen entsprechen einer modernen Tonne.

      90 Ein Kaufmann, der 1445 an einer Expedition nach Westafrika teilgenommen hatte.

      Viertes Kapitel

      Es beschreibt die Insel Porto Santo, ihre Beschaffenheit und die Dinge, die dort hergestellt werden. Besonderes Interesse gilt dabei dem »Drachenblut«, der Art seiner Herstellung sowie einem allerbesten Honig.

      Die Insel Porto Santo ist sehr klein; sie hat lediglich einen Umfang von 25 Meilen. Sie war vor 27 Jahren [richtig: 37 Jahren] von Seefahrern Fürst Heinrichs entdeckt worden. Bis dahin unbewohnt, wurde sie daraufhin auf Geheiß Heinrichs mit portugiesischem Volk besiedelt. Regiert wurde sie von Bartholomäus Pollastrella, einem Lehensmann des Fürsten.

      Auf dieser Insel gibt es reichlich Korn und Hafer sowie im Überfluss Rindfleisch, Wildschweine und unzählige Kaninchen. Ferner findet man hier das sogenannte Drachenblut, das aus bestimmten Bäumen gewonnen wird. Es handelt sich hierbei um eine Art Gummi oder Harz, das zu einer bestimmten Jahreszeit aus den betreffenden Bäumen herausrinnt. Man sammelt es auf folgende Weise: In den untersten Teil des Stammes werden mit einer Axt oder einem Beil einige Kerben gehauen, woraus dann im folgenden Jahr zu einer bestimmten Zeit Gummi oder Harz fließt, das gekocht und gereinigt schließlich »Drachenblut« ergibt. Diese Baumart trägt auch eine Frucht, die sehr gut schmeckt. Sie sieht aus wie eine Kirsche, ist aber gelb.

      Außerdem liegen um diese Insel herum ausgedehnte Fischgründe, voll von Dentali und Orade91 und anderen guten Fischen. Einen Hafen findet man hier nicht, dafür aber einen ausgezeichneten Ankerplatz, der gegen alle Winde gut geschützt ist, außer gegen die Winde aus östlicher und südlicher Richtung, gegen die er kaum Schutz zu bieten vermag.

      Diese Insel heißt Porto Santo, und man stellt hier den besten Honig der Welt her, außerdem Wachs in großen Mengen.

      91 Schellfisch und Dorsch

      Fünftes Kapitel

      Dieses Kapitel handelt von einem Hafen auf der Insel Madeira, der Moncricho92 genannt wird.

      Am 27. März verließen wir Porto Santo und erreichten am gleichen Tag noch Moncricho, einen der Häfen der Insel Madeira. Dieser liegt ungefähr 40 Meilen von Porto Santo entfernt, wobei bei klarem Wetter der eine Ort vom jeweils anderen zu sehen ist.

      92 Machico.

      Sechstes Kapitel

      Es befasst sich mit der Bedeutung des Namens Madeira und der ersten Besiedlung dieser Insel wie ihrer Fruchtbarkeit. Ferner berichtet es von wilden Tauben, die vor den Menschen nicht fliehen, zudem von weißen Pfauen und vom Zucker. Und schließlich von Weintrauben, die in der Karwoche reif werden.

      Die Insel Madeira, vordem völlig unbewohnt, war vor 24 Jahren [richtig: 30 Jahren] von besagtem Fürst mit Portugiesen besiedelt worden. Zu ihrer Verwaltung hatte er zwei seiner Ritter zu Gouverneuren bestellt. Der eine namens Trista Tessera [Tristão Vaz Teixeira] erhielt als Hoheitsgebiet die Inselhälfte um Moncricho, der andere, mit Namen Joao Conzales [João Gonçalves Zarco], die Gebietshälfte um Fonzal [Funchal]. Diese Insel erhielt die Bezeichnung Madeira, das heißt so viel wie »Insel des Holzes«, so benannt, weil auf ihr, als sie von Leuten des erwähnten Fürsten zum ersten Mal entdeckt wurde, kein Fleckchen Erde zu finden war, das nicht mit großen Bäumen bewachsen war. Wollte man diese Insel besiedeln, so war es zunächst notwendig, diese Bäume niederzubrennen, was denn auch geschah, sodass eine geraume Zeit ein wildes Feuer über diese Insel fegte. Die erste Feuersbrunst war gar so groß, dass besagter Joao Conzales, der sich damals gerade dort befand, gezwungen war, zusammen mit allen Männern, Frauen und Kindern vor der Gewalt und der Hitze des Feuers aufs Meer zu fliehen. Um dem Tod zu entgehen, mussten sie dort, bis zu den Hälsen im Wasser und ohne etwas zu essen und zu trinken zu haben, zwei Tage und zwei Nächte lang ausharren. Auf diese Weise räumten sie einen großen Teil des Baumbestandes weg, wodurch Grund und Boden für die Kultivierung frei wurden.

      Die Insel hat vier Ansiedlungen, erstens Moncricho, zweitens Zum Heiligen Kreuz (Santa Croce)93, drittens Fonzal und schließlich viertens Camera de Loui, was »Kammer der Wölfe« bedeutet94. Obwohl es noch einige andere Siedlungen gibt, so sind doch diese vier die wichtigsten. In ihnen leben ungefähr 800 Männer, davon allein ungefähr 100 Reitersleute. Der Umfang der Insel beträgt 140 Meilen. Auf ihr gibt es keine landumschlossenen Häfen, dafür aber einige ausgezeichnete Ankerplätze. Der Boden der Insel ist sehr fruchtbar, sodass ihre Bewohner mit allem Notwendigen versorgt werden können.

      Obwohl diese Insel so gebirgig wie Sizilien ist, erntet man auf ihr jährlich 300 000 venezianische Stara95 Getreide, manchmal mehr, manchmal etwas weniger. Anfangs stand der Ertrag der Aussaat in einem Verhältnis 60 oder 70:1. Dieses hat sich aber mittlerweile auf 30 oder 40:1 verringert, weil die Anbaufläche – wegen Überbeanspruchung des Bodens – Tag für Tag kleiner wird. An Wasser besteht in diesem Land kein Mangel, denn es gibt hier zahlreiche Quellen, aus denen gutes Wasser in Fülle hervorsprudelt, außerdem acht Flüsse von beträchtlicher Größe, die die Insel durchfließen. An diesen Flüssen befinden sich Sägemühlen, in denen ununterbrochen Holz zu Brettern und Holztafeln der verschiedensten Art verarbeitet wird, um damit das portugiesische Königreich wie auch andere Gegenden zu versorgen. Zwei Holzsorten werden besonders geschätzt: einmal das Zedernholz, das einen sehr starken Geruch hat und dem Zypressenholz ähnelt; aus ihm fertigt man wunderschöne Tische, breit und lang, Schränke und andere Möbelstücke. Bei der anderen Holzart handelt es sich um Eibe, ebenfalls sehr schön und rot wie eine rote Rose. Wegen des Wasserreichtums der Insel hat Prinz Heinrich entlang den Flüssen viel Zuckerrohr anpflanzen lassen und damit einen großen Gewinn gemacht. Ein einmaliges Sieden des ungereinigten Rohstoffes erbrachte nicht weniger als 400 Zentner96 Zucker, woraus ich schließe, dass auf absehbare Zeit hier Zucker in großen Mengen hergestellt


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