Heinrich der Seefahrer. João de Barros

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Heinrich der Seefahrer - João de Barros


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Aus diesem Zucker machen sie mancherlei Mixturen und Gewürze von bester Qualität.

      Wachs und Honig werden ebenfalls hergestellt, allerdings nicht in großen Mengen. Dafür, dass die Insel erst vor Kurzem besiedelt worden ist, ist der hier produzierte Wein sehr gut und so reichlich vorhanden, dass damit nicht nur der Bedarf der Inselbewohner gedeckt, sondern auch ein Teil des Weins ausgeführt werden kann. Unter den Weinsorten, die besagter Prinz anpflanzen ließ, ist auch der Malmasier-Wein97, der auf seinen Befehl hin von Candia hierher gebracht wurde. Dieser Wein gedeiht wegen des fruchtbaren Bodens der Insel so ausgezeichnet, dass die Weinstöcke mehr Reben als Blätter tragen. Die Reben sind etwa vier Ellen lang und bieten einen wunderbaren Anblick, einen schöneren mag man auf der ganzen Welt nicht finden. Es wachsen hier auch – und zwar an Stangen – Trauben von schwarzer Farbe, die innen keine Kerne haben und sehr gut schmecken.

      Ferner werden hier aus dem roten Holz der Eibe herrliche und sehr feine Pfeile und Armbrustgestänge hergestellt, die nach Westen ausgeführt werden. Man findet auf dieser Insel auch wilde Pfauen, von denen einige weiß sind, und Rebhühner. Ansonsten gibt es hier kein Wild, außer Wachteln und einer Vielzahl von wilden Schweinen in den Bergen. Von Inselbewohnern, die durchaus glaubhaft waren, wurde mir erzählt, dass hier zu Beginn der Besiedlung riesige Mengen von Tauben gelebt hätten und man diese immer noch finden könne. Gefangen werden diese Vögel auf folgende Weise: An Stangen werden Schlingen angebracht, um damit die Tauben an ihren Hälsen erfassen und so von den Bäumen herunterziehen zu können. Und die Tauben sollen dabei nicht einmal Furcht zeigen, weil sie die Absichten des Vogelfängers nicht zu durchschauen vermögen. Ich will das durchaus glauben, denn mir war zu Ohren gekommen, dass auf einer anderen Insel, die neulich entdeckt wurde, dies auf eine ähnliche Weise geschieht. Rindfleisch ist auf dieser Insel im Überfluss vorhanden. Und da sie ein einziger großer Garten ist, begegnet man hier – gemessen an den hier gültigen Maßstäben – sehr vielen reichen Leuten, deren gesamter Besitz aus Gold besteht. Es gibt hier auch einige Klöster vom Orden der »Minderen Brüder«98, in denen Mönche leben, die ein geheiligtes Leben führen. Und schließlich wurde mir glaubhaft versichert, dass hier Weintrauben wachsen würden, die schon in der Osterwoche reif seien.

      93 Das heutige Santa Cruz.

      94 Das heutige Camera de Lobos.

      95 Dies entspricht 70000 Bushels.

      96 In der englischen Ausgabe ist von 400 Cantara die Rede, wobei eins Cantaro etwa drei Gallonen entspricht.

      97 Dieser Wein stammt ursprünglich aus der Gegend um Napoli di Malvasia (Monemvasia).

      98 Teil des Franziskanerordens, der sich besonders streng dem Armutsgebot verpflichtet hat.

      Siebtes Kapitel

      Dieses Kapitel befasst sich mit den Kanarischen Inseln, zehn an der Zahl, und ihren Namen.

      Nach Verlassen der Insel Madeira setzten wir unsere Reise in Richtung Süden fort, bis wir die Kanarischen Inseln erreichten, die ungefähr 320 Meilen von Madeira entfernt liegen. Diese Inselgruppe besteht aus zehn Inseln, von denen sieben bewohnt und drei öde und menschenleer sind. Folgende sind bewohnt: Lanzaroto, Forteventura, Gran Canaria, Teneriffa, Giemera, La Palma und Ferro. Von diesen sieben Inseln werden vier von Christen bewohnt, und zwar Lanzaroto, Forteventura, Giemera und Ferro. Auf den anderen drei leben nur Heiden. Der Herrscher über die vier christlichen Inseln heißt Ferrera, ein aus Sevilla stammender Edelmann und Ritter, der dem spanischen König untersteht.

      Die Nahrung dieser Christen besteht, soweit sie von den Inseln selbst stammt, in der Hauptsache aus Gerstenbrot und in ausreichendem Maß aus Fleisch und Milch, und zwar vor allem von Ziegen, von denen sie hier viel besitzen. Auf Wein und Korn können sie dagegen nicht zurückgreifen, es sei denn, dass solches von anderswoher beschafft wird. Früchte haben sie ebenfalls nicht viel. Und überhaupt verfügen sie über nur sehr wenige Dinge von Wert.

      Die einzelnen Inseln liegen 40 bis 50 Meilen auseinander, wobei sie alle auf einer Linie aufgereiht sind, und zwar in Ost-West-Richtung.

      Achtes Kapitel

      Es handelt von den Pflanzen, die auf den Kanarischen Inseln wachsen, von einem Kraut namens Oricello, aus dem man eine sehr schöne braune Farbe herstellt. Und von einem guten Leder, genannt Corduan. Weiter von den Ungläubigen, die auf den drei Inseln wohnen; und von einer Insel, die wegen ihrer hohen Gebirge wohl einzigartig auf der Welt ist. Außerdem von den dortigen Fürsten und der seltsamen Sitte der Eingeborenen, keine Frau zu heiraten, die noch Jungfrau ist und die vorher noch nicht mit dem Fürsten geschlafen hat, und schließlich von der Fruchtbarkeit der genannten Inseln.

      Auf den erwähnten Inseln wächst in großen Mengen ein Kraut namens Oricello99, mit dem man wollene Tücher färbt. Dieses Gewächs wird in großem Umfang nach Cades100 im Reich Sibilia101 ausgeführt, von wo aus es an die verschiedensten Orte in Ost und West weiterbefördert wird.

      Ebenfalls in großen Mengen wird auf diesen Inseln ein Leder hergestellt, das corduan102 genannt wird; es ist von hoher Qualität und Festigkeit und wird in großen Stücken angeboten. Außerdem handelt man hier noch mit Talg und wohlschmeckendem Käse.

      Die Bewohner dieser vier Inseln heißen Kanarier. Sie sprechen so unterschiedliche Sprachen, dass sie sich untereinander kaum verständigen können. Auf diesen Inseln gibt es keine von Mauern umgebenen Städte, sondern lediglich kleinere Dörfer. Diese liegen aber in den Bergen, die hier sehr hoch sind. Die Ortschaften sind zudem mit stark befestigten Brücken und Zugängen versehen, damit sie von niemandem überfallen oder gar erobert werden können. Letzteres droht ihnen nur von einer Belagerung und dem damit einhergehenden Mangel an Nahrungsmitteln.

      Die kleinste der vier Inseln hat einen Umfang von ungefähr 50 Meilen. Die anderen drei Inseln, auf welchen die Ungläubigen wohnen, sind weit größer und viel dichter besiedelt, besonders zwei: Gran Canaria mit rund 8000 und Teneriffa, die größte der drei Inseln, mit ungefähr 15000 Einwohnern. Palma hingegen ist fast unbewohnt, dafür aber sehr schön.

      Auf diesen Inseln stehen, um sie notfalls gegen Übergriffe verteidigen zu können, viele Männer unter Waffen. Da die Inseln außerdem noch sehr gebirgig und mit vielen befestigten Orten versehen sind, konnte man sie bislang nicht erobern und so niemals dem Christentum zuführen.

      Eine der Inseln [gemeint ist hier Teneriffa] gilt als eine der höchst gelegenen der ganzen Welt. Sie ist bei klarem Wetter bereits aus einer Entfernung von 60 bis 70 spanischen Meilen, das entspricht 250 italienischen Meilen, zu sehen, denn in ihrer Mitte befindet sich ein Berg,103 der sehr hoch ist und wie ein Diamant dauernd leuchtet. Christen, die hier in Gefangenschaft geraten sind, versichern, dass dieser Berg von seinem Fuß bis zur Spitze 15 portugiesische, also 60 italienische Meilen misst. Diese Insel wird von neun Fürsten beherrscht, die Duchi, d.h. Herzöge, genannt werden. Diese üben ihre Macht nicht aufgrund des natürlichen Gesetzes, wonach der Sohn seinem Vater nachfolgt, sondern nach dem Recht des Stärkeren aus. Sie führen deshalb auch von Zeit zu Zeit Kriege gegeneinander, wobei sie sich wie Vieh abschlachten. Als Waffen besitzen sie nur Steine und speerförmige Knüppel, die an der Spitze – anstelle von Eisen – mit einem scharfen Hornstück versehen sind; und mit diesen schlagen sie aufeinander ein. Abgesehen von den Waffen, die sie mit sich tragen, gehen sie in der Regel völlig nackt – außer einigen, die vorne und hinten mit einem Ziegenfell bekleidet sind. Ihre Körper schmieren sie sich mit Geißbockfett ein, das mit dem Saft eines Krauts vermischt wird. Davon bekommen sie eine grobe und dicke Haut, die sie vor der Kälte, die in dieser südlichen Gegend freilich nicht schlimm ist, schützen soll.

      Sie besitzen weder gemauerte Häuser noch Strohhütten, sondern wohnen ausschließlich in Berghöhlen. Hauptsächlich leben sie von Gerste, Fleisch und Ziegenmilch; außerdem essen sie in großen Mengen allerlei Früchte, insbesondere Feigen. Wegen des warmen Klimas wird das Getreide in den Monaten März und April geerntet.

      Sie haben weder einen Glauben noch einen Gott. Einige von ihnen beten indes auf absonderliche und abgöttische Weise die Sonne an, andere


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