Geschichte von Florenz (Mit Illustrationen). Niccolò Machiavelli

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Geschichte von Florenz (Mit Illustrationen) - Niccolò Machiavelli


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Reichs, frei von jenen anhaltenden Drangsalen, die sie so viele Jahre lang durch die endlosen Überschwemmungen der Barbaren erlitten, und kehrten zurück zur Ordnung und zu glücklichem Zustande. In Wahrheit, wenn es je in Italien und in den, von den Barbaren durchstreiften Provinzen unglückliche Zeiten gegeben hat, so waren es die von Arcadius und Honorius an bis auf Theodorich. Denn wenn man betrachtet, wie großen Schaden es einem Freistaat oder einer Monarchie bringt, Fürsten oder Regierungsform zu wechseln, nicht durch äußere Gewalt, sondern bloß durch bürgerliche Zwietracht, wobei man sieht, wie selbst wenige Veränderungen hinreichen, jede Republik und jedes Reich, selbst die mächtigsten, zugrunde zu richten: so mag man unschwer sich vorstellen, wie sehr in jenen Zeiten Italien und die übrigen römischen Provinzen litten, die nicht nur Fürsten und Regierung wechselten, sondern Gesetze, Gebräuche, Lebensweise, Religion, Sprache, Kleidung und Namen. Jedes einzelne dieser Dinge, geschweige alle zusammen, würden auch den festesten und beständigsten Geist erschüttern, bei der bloßen Vorstellung schon, um wieviel mehr aber, wenn man sie sieht und duldet. Untergang, Ursprung, Wachstum vieler Städte hingen zusammen mit diesen Wechselfällen. Unter denen, die zugrunde gingen, waren Aquileia, Luni, Chiusi, Populonia, Fiesole und viele andere; unter den neugebauten Venedig, Siena, Ferrara, Aquila und zahlreiche Orte, die ich der Kürze wegen übergehe. Aus kleinen Orten wurden groß: Florenz, Genua, Pisa, Mailand, Neapel, Bologna. Neben allen diesen ist Roms Verfall und Wiederaufleben zu erwähnen, nebst mehreren Städten, welche wiederholt zerstört und wieder aufgebaut wurden. Unter Ruinen und im Getreibe neuer Völkerschaften entstanden neue Sprachen, wie die in Frankreich, Spanien und Italien üblichen, welche einer Mischung der vaterländischen Sprachen der neuen Bewohner mit der altrömischen ihr Dasein verdanken. Überdies haben Länder nicht bloß, sondern Seen, Flüsse, Meere und Menschen ihre Namen geändert: denn voll neuer und fremder Benennungen sind Frankreich, Italien und Spanien. So sind, vieler andern nicht zu gedenken, der Po, Garda, Archipel nicht mehr benannt wie ehemals, und die Männer heißen Peter, Johannes und Matthäus, statt Cäsar und Pompeius. Unter allen diesen Veränderungen aber war von höchster Wichtigkeit jene der Religion. Denn indem die Gewohnheiten des alten Glaubens mit den Wundern des neuen kämpften, entstanden ernstliche Unruhen und Zwistigkeiten. Wären die Bekenner des Christentums einhellig gewesen, so würde weniger Verwirrung erfolgt sein: da aber die griechische Kirche mit der römischen und der ravennatischen kämpfte, überdies ketzerische Sekten mit dem katholischen Glauben im Streit lagen, so war die Welt auf vielfache Weise betrübt. Davon kann Afrika Zeugnis geben, welchem der Arianismus, dem die Vandalen anhingen, tiefere Wunden schlug, als die Habsucht und natürliche Grausamkeit dieses Volkes. Da nun die Menschen inmitten solcher Verfolgungen lebten, trugen sie in ihren Blicken den Ausdruck des Entsetzens ihrer Seelen. Denn, neben den unendlichen Übeln, die sie zu ertragen hatten, konnten viele von ihnen nicht einmal dem Schutze Gottes sich anempfehlen, auf den alle Elenden ihre Hoffnung zu setzen pflegen: viele von ihnen starben ohne Trost, weil sie nicht wußten, an welchen Gott sie sich wenden sollten, weil jede Hilfe, jede Aussicht ihnen versperrt war.

      Auf nicht geringes Lob hat Theodorich Anspruch, welcher der erste war, der so große Übel linderte. Denn während der achtunddreißig Jahr, in denen er Italien beherrschte, erhob er es zu solcher Größe, daß man die alten Leiden kaum mehr gewahrte.

      Nach seinem Tode aber (526), als Atalarich, der Sohn seiner Tochter Amalasuntha, in der Regierung gefolgt, brach bald, da das Schicksal sich noch nicht ausgetobt, das alte Unheil wieder herein.

      Denn nachdem Atalarich kurz nach dem Großvater gestorben, kam das Reich an seine Mutter, welche von Theodat verraten ward, den sie zur Teilnahme an den Regierungsgeschäften gerufen. Dieser tötete Amalasuntha und machte sich zum Könige, und da er dadurch den Goten verhaßt geworden, faßte Kaiser Justinian Mut und entwarf den Plan, ihn aus Italien zu verjagen. Zu diesem Unternehmen sandte er als Heerführer den Belisar, welcher schon die Vandalen aus Afrika vertrieben und die dortigen Staaten ans Reich zurückgebracht hatte (534). Belisar besetzte also zuerst Sizilien, fuhr von dort nach Italien über, und nahm Neapel und Rom ein. Als die Goten diese Mißfälle sahn, ermordeten sie den Theodat, den sie als Urheber derselben betrachteten, und wählten an seiner Statt den Vitiges, welcher nach einigen Kämpfen von Belisar in Ravenna belagert und gefangengenommen wurde. Ehe der Krieg ganz zu Ende geführt war, rief Justinian den Belisar zurück und sandte statt seiner den Johannes und Vitalis, welche ihm weder an Tapferkeit noch im Benehmen irgendwie gleich waren. Da faßten die Goten Mut und machten Hildebald, den Statthalter in Verona, zu ihrem Könige. Nach dessen Tode kam das Reich an Totila, welcher des Kaisers Truppen schlug, Toscana und Neapel wieder eroberte, und den kaiserlichen Heerführern beinahe die letzte der Provinzen wieder abnahm, welche Belisar vor ihnen erobert hatte. Deshalb hielt Justinian es für gut, letztern nach Italien zurückzusenden: aber es geschah mit so geringer Heeresmacht, daß er den Ruhm seiner frühern Siege einbüßte, statt neue zu gewinnen. So eroberte Totila, während Belisar mit den seinigen zu Ostia sich befand, vor dessen Augen Rom, und da er sah, daß er diese Stadt nicht behaupten konnte und nicht verlassen durfte, zerstörte er sie großenteils, trieb das Volk aus, führte die Senatoren mit sich fort, und eilte, Belisar wenig achtend, mit dem Heere nach Calabrien, den Hilfsvölkern entgegen, welche dem kaiserlichen Heerführer aus Griechenland zuzogen.

      Da Belisar Rom verlassen sah, unternahm er ein ihn ehrendes Werk: er begab sich nach der öde liegenden Stadt, baute, so rasch er vermochte, die Mauern wieder auf und rief die Bewohner zurück. Aber das Geschick war diesem Unternehmen feindlich denn Justinian, eben zu jener Zeit von den Parthern angegriffen, rief Belisar zurück. Seinem Kaiser gehorsam, verließ dieser Italien, welches von neuem der Willkür Totilas überlassen blieb, der Rom zum zweitenmal einnahm. Aber er behandelte die Stadt nicht mit der nämlichen Härte wie früher, sondern ging daran, sie wieder aufzubauen, auf die Bitten des heiligen Benedikt, welcher in jener Zeit im Rufe großer Heiligkeit stand. Unterdessen hatte Justinian mit den Parthern Frieden geschlossen, wurde aber, als er daran dachte, neue Völker nach Italien zu senden, durch die Slaven daran gehindert, eine neue nordische Nation, welche über die Donau gegangen und in Illyrien und Thrazien eingefallen war. So schaltete Totila beinahe über ganz Italien. Nachdem aber Justinian die Slaven besiegt, sandte er ein neues Heer nach Italien unter dem Eunuchen Narses, einem sehr gewandten Krieger, welcher den Totila überwand und tötete. Die Reste der Goten zogen sich nach Pavia und wählten dort den Teja zu ihrem Könige. Narses aber seinerseits nahm nach jenem Siege Rom und traf mit Teja bei Nocera zusammen, wo dieser geschlagen ward und umkam (553). Nach diesem Siege verschwand der Name der Goten auf immer aus Italien, wo sie von Theodorich bis Teja siebzig Jahre lang regiert hatten.

      Als das Land von den Goten befreit war, starb Justinian (565). Sein Sohn und Nachfolger Justin rief auf den Rat seiner Gemahlin Sofia den Narses zurück und sandte statt seiner den Longin. Dieser ließ sich, nach dem Beispiele seiner Vorgänger, in Ravenna nieder und gab dem Lande eine neue Gestaltung. Denn er ernannte nicht Befehlshaber der Provinzen, wie unter gotischer Herrschaft geschehen war, sondern bestellte in den Städten und Orten von einigem Belang Oberhäupter, die er Herzöge nannte. Bei dieser Einteilung behielt Rom nicht den Vorrang vor übrigen Städten, denn nach Abschaffung der Konsuln und des Senats, deren Namen bis zur erwähnten Zeit sich erhalten hatten, wurde auch hier ein Herzog eingesetzt, der jedes Jahr von Ravenna aus hingesandt ward. So entstand der Name des römischen Ducats. Derjenige, welcher zu Ravenna ganz Italien für den Kaiser verwaltete, hieß der Exarch. (Erster Exarch: Narses.) Diese Einteilung bahnte neuen Einfällen in Italien den Weg und bot den Longobarden Gelegenheit, sich des Landes zu bemeistern. Narses war heftig erzürnt auf den Kaiser, der ihm die Verwaltung einer Provinz genommen, die er durch seine Tapferkeit und mit seinem Blute erobert hatte: denn Sofia begnügte sich nicht damit, ihm die Schmach der Abberufung anzutun; sie fügte auch verächtliche Worte hinzu, indem sie sagte, sie wolle ihn heimkehren lassen, um mit den übrigen Eunuchen zu spinnen. Voll Grolls veranlaßte darum Narses den Alboin, König der Longobarden, welcher damals in Pannonien herrschte, zum Einfall in Italien.

      Die Longobarden waren, wie gesagt, in jene Sitze an der Donau eingerückt, welche von den Herulern und Thüringern verlassen worden, als ihr König Odoaker sie über die Alpen führte. Nachdem sie dort eine Zeitlang gewohnt und die Regierung an Alboin, einen wilden und kühnen Mann, gelangt war, gingen sie über die Donau, gerieten in Streit mit Kunimund, König der Gepiden, die in Pannonien saßen, schlugen und töteten ihn. Da unter der Beute Kunimunds Tochter Rosmunda sich befand, nahm Alboin


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