Karin Bucha Staffel 2 – Liebesroman. Karin Bucha
Читать онлайн книгу.mit – Magda!« Alines sonst so sanfte Stimme klingt grell und spitz.
Wie ein Faustschlag trifft Hanno dieses Wort. Er preßt die Lippen fest zusammen und schweigt. Seine Augen suchen die Magdas, aber diese hält die ihren gesenkt.
Vielleicht hat sie es nicht gehört. Nichts wäre ihm in diesem Augenblick lieber als das.
Nur Frau Christine ist bleich geworden. Jedes der zwischen den Brautleuten gewechselten Worte hat sie vernommen.
Sie wirft Hanno, auf dessen Stirn die Zornesadern schwellen, einen flehenden Blick zu, den er verstehend auffängt.
»Bitte, Mutter, laß mich mit Aline einige Minuten allein. Es tut not, daß ich hier gleich einmal richtig aufräume und reinen Tisch mache«, sagt er mit finster zusammengezogenen Brauen.
Erstaunt blickt Magda die Tante an, als diese sie auffordert, mitzukommen. Sie war tatsächlich so tief in Gedanken versunken, daß sie nicht die geringste Ahnung von dem erneut heraufziehenden Gewitter hat.
»Warum wollt ihr denn gehen?«
Fast ärgerlich hält Aline die zukünftige Schwiegermutter zurück. Sie hat Angst vor dem Hanno, so, wie sie ihn jetzt vor sich stehen sieht.
»Es ist besser, wenn ihr allein seid bei dem, was Hanno dir zu sagen hat«, erklärt Frau Christine nicht ohne Vorwurf.
Einige Sekunden lang durchmißt Hanno den stillgewordenen Raum mit langen Schritten. Dann bleibt er dicht vor Aline stehen.
»Mutter hat recht. Es tut not, daß ich dir alles erzähle, daß ich dir reinen Wein einschenke.«
Er läßt eine kurze Pause eintreten, in der nur Alines ängstliche Atemzüge zu hören sind.
Sie hält den Kopf gesenkt. Ihre Hände fahren flatternd über die Seide ihres Kleides.
»Ich will nichts hören!« sagt sie unwillig.
»Ich will aber sprechen! Nun erst recht!«
Sein Ton ist scharf und duldet keine Widerrede; unwillkürlich verstummt sie.
»Die Flickhanne hat – die Wahrheit gesprochen.«
»Hanno!?« Aline versteht es meisterhaft, die Überraschte zu spielen. »Das wagst du mir, deiner Braut, offen ins Gesicht zu sagen?«
»Du hast es dir ja auch von deiner Freundin erzählen lassen und bist nicht einmal aufgebracht darüber gewesen. Streite das nicht ab; ich glaube, dich hinlänglich zu kennen, um zu wissen, daß dem so ist. Du hieltest es anscheinend sogar für angezeigt, davon zu schweigen, um dein Wissen bei passender Gelegenheit als Waffe gegen mich benutzen zu können.«
Aline hat das Gefühl, eine Riesendummheit begangen zu haben, die sie unter Umständen noch viel mehr kosten kann als Hannos Zuneigung.
Sie sucht zu retten, was noch zu retten ist.
»Du bist mir keine Rechenschaft schuldig über das, was vor unserem Verlöbnis war«, sagt sie spitz.
»Das hättest du früher bedenken sollen!« entgegnet er eisig. »Magdas Ruf ist mir zuviel wert, um durch einen losen Mund, wie den der Flickhanne, gezogen zu werden.«
Er liebt sie noch! geht es blitzschnell durch Alines Kopf, und am liebsten hätte sie Hanno ins Gesicht geschrien, daß seine Liebe einzig und allein ihr, nur ihr gehören soll.
»Es war von jeher mein schönster Traum, Magda einst als mein angetrautes Weib heimführen zu dürfen. Schon als Knabe lag mir wohl die Liebe zu ihr in der Brust. Nichts – hörst du – auch – nicht das Schwerste hätte mich zurückhalten können, Magda zu meiner Frau zu machen. Ich hätte auch meinem sterbenden Vater nie das Versprechen gegeben, wenn ich an jenem Abend nicht völlig verwirrt, ja, meiner Sinne kaum mächtig gewesen wäre. Nun gut, das Unglaubliche ist geschehen. Ich gab meinem Vater das Versprechen, das ich bis zum heutigen Tage getreulich hielt und auch künftighin halten werde.
Was zwischen mich und Magda getreten ist, gehört nicht hierher. Jedenfalls glaubte ich in meinem Wahnwitz, es gäbe keine Brücke mehr von mir zu ihr, und da bat ich dich, meine Frau zu werden. Ich sprach zu dir nicht von Liebe, denn das wäre Betrug gewesen, da mein Herz Magda gehörte. Später, als mir die Augen aufgingen, war es zu spät. Ich wollte verzweifeln.
Da brachte eine Frau es fertig, mir klarzumachen, daß ich mein Leben nicht als verfehlt betrachten dürfe, weil ich in der Liebe eine Enttäuschung erlebt, sondern daß es noch andere Werte gebe, die zu pflegen und zu erhalten ich verpflichtet sei. Eine Frau hat mich wieder zur Besinnung gebracht und mir den Weg zu dir gewiesen, Aline!
Und diese Frau ist Magda. Dieselbe Magda, deren guten Ruf du zu vernichten trachtest.
Du bist hoffentlich einsichtig genug, um zu begreifen, daß ich nicht müßig zusehen kann, wenn man ein meinem Herzen nahestehendes Mädchen beschimpft. Ein Mädchen, das gut, edel und selbstlos ist.
So, das habe ich dir einmal sagen müssen.
Ich werde mit der Liebe zu Magda fertig werden, denn ich habe den festen Willen, dir ein guter Ehemann zu sein. Den Wahlspruch unseres Hauses – sieh ihn dir an, über der Haustür ist er eingemeißelt: ›Treue um Treue‹. Daran will auch ich festhalten.
Du hast mein Wort, das ich nicht brechen werde. Auch Magda rang mir das Versprechen ab, dir ein treuer Lebenskamerad zu werden. – Ich gab es, und ich werde es halten.«
Nach Hannos in ruhigem, sachlichem Ton gesprochenen Worten bleibt es beängstigend still zwischen dem Brautpaar.
Aline kämpft mit allerlei sich widerstreitenden Gefühlen.
In ihrem Kopfe haftet nur das eine: Er liebt Magda nach wie vor, und ihr wirft er einen Bettel vor die Füße!
Aber er verlangt seine Freiheit nicht zurück. Das dünkt ihr die Hauptsache.
Hanno wartet vergeblich auf ein gutes Wort, das sie für Magda finden wird.
Um alles in der Welt brächte Aline ein solches nicht über die Lippen.
Magda, die in ihren Augen bisher ein Nichts war, beginnt nachgerade eine Gefahr für sie zu werden.
Endlich erhebt sie sich. Ihr sonst so frisches Gesicht sieht grau aus, und ihre Knie zittern.
»Ich will dir glauben –« Sie stockt. Hannos Blick wird ihr unbequem. Aber dann gibt sie sich einen Ruck und fährt fort:
»Ich glaube, es wäre doch besser, Magda würde den Birkenhof verlassen. Du kannst mir nicht zumuten, neben und mit deiner früheren Geliebten unter einem Dache zu leben.«
Mit keiner Antwort hätte Aline ihn tiefer treffen können.
Es steigt heiß in ihm empor. Mit Gewalt muß er sich dazu zwingen, Haltung zu bewahren.
»Magda bleibt – selbstverständlich!« antwortet er mit größter Ruhe.
Aline wird es allmählich unheimlich. Sie weiß genau, wieviel Anstrengung es ihn kostet, sich zu beherrschen. Innerlich triumphiert sie. Fühlt sie doch, daß sie mit dieser Gewißheit gleichzeitig ein Machtmittel gegen ihn in die Hand bekommt.
»Eine merkwürdige Rolle, in die du mich da hineinzudrücken beabsichtigst!« Ihre Stimme nimmt an Schärfe zu.
»Magda besitzt Heimatrecht auf dem Birkenhof. Du aber wirst die Herrin hier. Genügt dir das nicht?«
Sie macht eine geringschätzige Handbewegung, die Hanno wie einen Schimpf empfindet.
»Magdas edler Charakter gibt dir die Gewähr dafür, daß dein Recht in keiner Weise geschmälert wird. Magda ist mir lieb wie eine Schwester, denn ich sehe nichts anderes mehr in ihr.«
Um ihren Mund steht ein ungläubiges Lächeln, das Hanno maßlos reizt.
Einen Schritt tritt er näher heran zu ihr. Seine Augen blitzen herrisch auf, und der Ausdruck seines Gesichtes ist kalt und entschlossen.
»Oder willst du, daß ich zeitlebens den Vorwurf mit mir herumschleppen