Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman - Leni Behrendt


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daß die Hufe kaum noch den Boden berührten.

      Fast ununterbrochen raste er dahin, und so konnte es geschehen, daß der Bahnhof in kurzer Zeit erreicht war.

      An der Wetterseite standen die blauschwarzen Wolken dicht wie eine Wand. Es grollte und blitzte unausgesetzt.

      Götterun sprang vom Wagen, band den nervösen Gaul fest und stürmte dem Bahnhofsgebäude zu.

      Im Eingang bemerkte er eine weibliche Gestalt, die auf der Treppenstufe hockte und vor sich hin schluchzte. Sie war so in ihrem Jammer versunken, daß sie den Mann erst bemerkte, als er vor ihr stand. Erschrocken fuhr das Mädchen zusammen und starrte ihn an. Der Wettermantel verhüllte die hochgewachsene Gestalt, der Kragen war bis zu den Ohren hochgeschlagen und die Mütze so tief heruntergezogen, daß sie das Gesicht halb verdeckte.

      »Onkel Jobst –?« kam es leise fragend.

      »Der bin ich, kleine Sölve –«

      Da sprang das Mädchen auf. Zwei zitternde Hände umfaßten seinen Nacken, zwei heiße, zuckende Lippen preßten sich auf die seinen.

      »Onkel Jobst, wie gut, daß du da bist«, stammelte es außer sich vor Erregung. »Ich dachte schon – ich glaubte schon du wolltest mich nicht – haben. Aber daß du nun doch gekommen bist – daß du mich nicht im Stich gelassen hast – das, das will ich dir danken!« schluchzte es an seinem Halse.

      »Aber, aber, Sölve, mein kleines Mädchen, wie kannst du dich nur so erregen«, versuchte er zu beschwichtigen, während er die bebende Gestalt umfaßte. »Ich dich im Stich lassen? Wie kommst du auf die absurde Idee?«

      »Jetzt ist ja alles gut – ich bin ja so froh –«, lachte und weinte sie nun durcheinander.

      »Na, siehst du. Aber jetzt müssen wir eilen, damit wir noch trocken nach Hause kommen. Ist das dein ganzes Gepäck?«

      »Nein, das habe ich aufgegeben. Viel ist es aber trotzdem nicht.«

      »Wir lassen es morgen holen.«

      Er nahm ihr das Köfferchen aus der Hand, umfaßte mit der freien Rechten ihre Schulter und zog sie fort, zum Wagen hin. Besorgt prüfte sein Blick den Himmel.

      Sie mußten es schaffen! Denn blieben sie hier, konnten sie stundenlang warten, bis sich das Gewitter ausgetobt hatte.

      »Rasch, Sölve, steig ein –«, ermunterte er. Dann nahm er ebenfalls Platz, und Hussa, den heimatlichen Stall witternd und das aufziehende Wetter fürchtend, jagte davon.

      Als hätte das Gewitter nur auf diesen Augenblick gewartet, brach es nun los. Und zwar mit einer Wucht, daß selbst dem Manne angst und bange wurde.

      Sinnlos vor Furcht raste Hussa dahin, daß die Insassen des Wagens hin und her geschleudert wurden. Sölve schrie laut auf.

      »Halte dich an mir fest!« rief er ihr durch den Sturm entgegen; denn er hatte beide Hände nötig, um den rasenden Hussa zu zügeln.

      Blitz auf Blitz durchzuckte den schwarzen Himmel, der Donner knatterte und dröhnte fast ohne Pause, der Regen prasselte hernieder, daß die beiden Menschen trotz ihrer Wettermäntel in wenigen Minuten durchnäßt waren.

      Sölve hielt den Onkel mit beiden Armen umklammert und ihr Gesicht an seine Schulter gedrückt, um die grellen Blitze nicht sehen zu müssen. Bei jedem Donnerschlag zuckte sie zusammen, und die Blicke Götteruns gingen immer wieder besorgt zu ihr hin. Er machte sich heftige Vorwürfe, daß er das Gewitter nicht doch abgewartet hatte.

      Kurz bevor sie von der Chaussee in die Allee einbogen, die zum Schloß führte, ließ die feste Umklammerung des Mädchens nach. Der Kopf rutschte von Götteruns Schulter und schlug hart auf die Seitenlehne des Wagens.

      »Sölve, Kind, was hast du denn?« rief er erschrocken, packte die Zügel mit einer Hand und umfaßte das Mädchen, das vom Sitz zu fallen drohte, mit dem freien Arm. So fuhren sie vor das Portal, wo Frau Fröse sie schon erwartete.

      Vom Hof her kam ein Stallbursche gelaufen, der das Gefährt in Empfang nahm.

      Das Unwetter hatte nachgelassen, war aber immer noch arg genug, um die Menschen nicht eine Sekunde länger als nötig im Freien verweilen zu lassen. Darum versuchte Götterun erst gar nicht festzustellen, warum seine Begleiterin so plötzlich in sich zusammengesunken war, sondern hob die verhüllte Gestalt auf die Arme und trug sie an der erschrockenen Hausdame vorbei in die Halle. Dort schob er die Kapuze von Sölves Gesicht und sah in ein totenbleiches Antlitz.

      »Großer Gott, sie ist ja ohnmächtig! Armes Ding. Ich könnte mich ohrfeigen, daß ich sie dem rasenden Wetter aussetzte. Bitte, Frau Fröse, Sie nehmen sich wohl ihrer an –?«

      »Selbstverständlich, Herr Baron. Vielleicht bringen Sie die junge Dame in das für sie bestimmte Zimmer.«?

      Schweigend stieg der Schloßherr mit seiner Last die breite teppichbelegte Marmortreppe hinauf, durchquerte ein Vorzimmer und öffnete die Tür zu einem Gemach, in dem alles licht und traut war.

      Auf das weiße flauschige Fell, das den Diwan bedeckte, legte er die stille Gestalt, zog die Kapuze von Gesicht und Kopf und erschrak von neuem über die Blässe des verhärmten Antlitzes.

      Er nahm schweigend die starkriechende Essenz, die Frau Fröse ihm reichte, und rieb der Ohnmächtigen damit Stirn und Schläfen.

      Sein Bemühen wurde auch bald belohnt. Sie schlug die Augen auf, ließ sie angstvoll umherschweifen und erschauerte.

      »Wo bin ich –?«

      »Zu Hause, kleine Sölve!«

      »Ach ja – zu Hause – bei dir – Onkel Jobst – wie schön«, stammelte sie, schlang die Arme wieder um seinen Hals und drückte ihre Lippen auf die seinen.

      »Onkel Jobst, daß ich zu dir kommen durfte –«

      Mit einem tiefen Seufzer ließ sie die Arme sinken und kuschelte sich in das Kissen.

      Behutsam griff Götterun nach ihrem Puls, richtete sich dann auf und sah seiner Hausdame in das bekümmerte Gesicht.

      »Der Puls geht schwach, aber regelmäßig. Zuerst muß sie aus den nassen Kleidern und ins Bett. In der Zeit werde auch ich mich umziehen.«

      Als er eine halbe Stunde später gebadet und frisch gekleidet wieder erschien, schlief Sölve in ihrem Bett mit den duftigen Spitzenvorhängen in tiefster Erschöpfung.

      In den schneeweißen Kissen und der zartgrünen Daunendecke trat die Blässe ihres Antlitzes noch schärfer hervor. Und hätte der leise Atem das Spitzengeriesel des Nachtkleides über der Brust nicht ezritten lassen, so hätte man diese bleiche, regungslose Gestalt für tot halten müssen.

      Lange sah Jobst von Götterun auf das Mädchen nieder.

      »Hat sie etwas gegessen?« fragte er die danebenstehende Hausdame flüsternd.

      »Nein, Herr Baron, sie ist nicht wieder erwacht. Es ist wohl auch am besten, wenn wir sie schlafen lassen. Ich habe Anna schon Bescheid gesagt. Sie kann, während ich zu Abend esse, bei ihr wachen. Zur Nacht schlage ich mein Lager auf dem Diwan auf.«

      »Wird das nicht Ihre Nachtruhe stören, Frau Fröse?«

      »Durchaus nicht, Herr Baron. Und wenn schon – es geschieht ja für Ihren Gast.«

      Darauf erwiderte der Mann nichts. Er ergriff die feine Frauenhand und drückte sie voll Verehrung an die Lippen.

      Ein junges adrettes Mädchen trat ein, dem die Hausdame Verhaltensmaßregeln gab. Dann ging sie in Begleitung des Schloßherrn ins Speisezimmer.

      Der alte Diener Michael ebenso wie der Oberinspektor und viele andere Angestellte auf Uhlen geboren und im Dienste derer von Götterun ergraut, stand schon wartend an der Anrichte.

      Während des Mahles wurde nicht viel gesprochen. Doch als man in dem Teezimmerchen saß, tief in die bequemen Sessel geschmiegt, den Mokka trank, den niemand so köstlich zuzubereiten verstand wie Frau Fröse, Zigaretten rauchte, Obst und Konfekt naschte,


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