Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон


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im selben Augenblick kamen in ihm Generationen von Zivilisation zum Durchbruch, die ihn zu einem den Verhältnissen angepaßten Gesellschaftstier machten. Takt und Sympathie stritten mit ihm, und mit einem lächelnden Blick in die Augen der Jungfrau sagte er: »Geh nur, und laß dir etwas zu essen geben. Ich bin nicht hungrig. Später können wir wieder tanzen. Es ist ja noch früh. Geh, Mädel!«

      Er machte seinen Arm frei, klopfte ihr gemütlich auf die Schulter und wandte sich zu den Pokernden.

      »Wie hoch wollt ihr gehen? Ich mache alles mit.«

      »Bis in die Wolken«, sagte Jack Kearns.

      »Also schön.«

      Die Spieler blickten sich froh an, und Kearns wiederholte: »Bis in die Wolken!«

      Elam Harnish ließ sich auf den leeren Stuhl nieder und holte seinen Goldbeutel heraus. Die Jungfrau schmollte einen Augenblick, dann wandte sie sich nach dem Tanzboden.

      »Ich bring' dir ein Butterbrot, Daylight«, rief sie über die Schulter zurück.

      Er nickte, und sie lächelte ihm Verzeihung zu. Er war den Schürzenbändern entronnen und hatte obendrein ihre Gefühle nicht allzusehr verletzt.

      »Laßt uns mit Chips spielen«, schlug Daylight vor.

      »Jetons machen immer solch Durcheinander auf dem Tische ... Wenn's euch allen recht ist?«

      »Ich habe nichts dagegen«, antwortete Hal Campbell.

      »Meine lauten auf fünfhundert.«

      »Meine auch«, sagte Harnish, und die andern erklärten ebenfalls, wie hoch ihre Chips gelten sollten. Der Franzosen-Louis, der Bescheidenste, bewertete die seinen mit hundert Dollar.

      In jenen Tagen gab es in Alaska weder Betrüger noch Falschspieler. Es wurde ehrlich gespielt, und einer verließ sich auf den andern. Das Wort eines Mannes wog ebensoviel wie sein Gold. Ein Chip war ein flaches, längliches Blechstück, vielleicht einen Cent wert. Setzte aber ein Mann im Spiel einen Chip und sagte ihn mit fünfhundert Dollar an, so wurde er zum Werte von fünfhundert Dollar angenommen. Wer ihn gewann, wußte, daß der Aussteller ihn mit genau abgewogenem Goldstaub zurückkaufte. Da die Chips von verschiedener Farbe waren, war es nicht schwer, den Eigentümer herauszufinden. In jenen frühen Tagen am Yukon fiel es niemand auch nur im Traum ein, mit Bargeld zu spielen. Beim Spiel war ein Mann gut für alles, was er besaß, einerlei, wo seine Besitzungen lagen und welcher Art sie waren.

      Harnish zog die höchste Karte. Bei diesem guten Anzeichen rief er dem Kellner zu, daß er eine Runde für die ganze Gesellschaft ausgäbe. Als er Dan Mac Donald, der links von ihm saß, die ersten Karten austeilte, rief er:

      »Los, ihr Halunken! Alle Mann an Deck! Krempelt die Ärmel auf! Hoppla! Ich sage euch, es gibt 'ne steife Brise. Paßt auf, daß ihr nicht über Bord fliegt.« Dann ging es los. Es war ein ruhiges Spiel, bei dem wenig oder gar nicht gesprochen wurde, obwohl rings um die Spieler die ganze Stube toste. Elam hatte den Tunken entzündet. Immer mehr Gäste kamen ins Tivoli und blieben. Wenn Burning Daylight losgelassen war, blieb keiner zu Hause. Der Tanzboden war voll. Da es zu wenig Damen gab, banden sich mehrere Männer ein Taschentuch um den Arm, wurden nun zum weiblichen Geschlecht gerechnet und tanzten mit anderen Männern. Alle Spieltische waren dicht besetzt, und die Stimmen der Männer an den langen Schanktischen und um den Ofen wurden von dem ständigen Klirren der Jetons und dem scharfen, steigenden und wieder ersterbenden Schnurren des Roulettes begleitet. Ein echter Yukon-Abend war im Gange.

      Das Spiel der fünf Männer war einförmig, das Glück wechselte, es gab keine großen Karten. Die Folge war, daß hoch gespielt wurde, daß aber keines der Spiele lange dauerte. Eine »volle Hand« gab dem Franzosen-Louis einen Pot von fünftausend gegen zwei »Dreiständer« von Campbell und Kearns. In einem Spiel, das schon geworfen werden sollte, wurde ein Pot von achthundert Dollar auf ein Paar Asse gewonnen. Und einmal »brachte« Harnish und bluffte Kearns für zweitausend Dollar. Als Kearns die Karten auflegte, zeigte es sich, daß er einen »flush royal« hatte, während Harnish die Frechheit besessen hatte, auf zwei Zehnen zu melden.

      Um drei Uhr morgens aber kam die richtige Konstellation, der große Augenblick, auf den Pokerspieler wochenlang warten können. Im Augenblick durchlief das Gerücht das Tivoli. Die Zuschauer verstummten. Entfernter Sitzende ließen die Unterhaltung und scharten sich um den Tisch, der Tanzboden leerte sich, und schließlich standen alle in einer dichten schweigenden Gruppe um den Pokertisch. Ehe gekauft wurde, hatte das hohe Wetten schon begonnen und wurde fortgesetzt, obwohl noch nicht »gebracht« war. Kearns hatte gegeben, und der Franzosen-Louis machte den Anfang zum Pot mit einem Chip – was für ihn hundert Dollar bedeutete. Campbell hatte gerade »gebracht«, doch Elam Harnish, der nach ihm daran war, überschlug seine hundert mit vierhundert besser, indem er zu MacDonald bemerkte, daß er ihn billig heranließe.

      MacDonald sah wieder in seine Karten und legte tausend Dollar in Chips in den Pot. Kearns grübelte lange und »brachte« schließlich. Nun mußte der Franzosen-Louis neunhundert einschießen, um weiter mitzumachen, und er tat es denn auch nach einigem Bedenken. Campbell kostete das Weiterspielen und Kaufen ebenfalls neunhundert, aber zum allgemeinen Erstaunen »brachte« er sie und überschlug noch einmal mit fünfhundert Dollar.

      »Endlich kommt Fahrt in die Sache«, bemerkte Harnish, »brachte« die fünfzehnhundert und noch tausend. »Der Sturm beginnt.«

      »Ich bin zu allen Schandtaten bereit«, begleitete Mac Donalds Chips auf zweitausend und noch eine Tausenddollareinlage.

      Die Männer setzten sich zurecht, denn jetzt wußten sie bestimmt, daß große Karten im Spiel waren. Obwohl ihre Gesichter nichts verrieten, strafften sich ihre Züge doch unbewußt. Jeder suchte gleichmütig auszusehen – und jeder nach seiner Art. Hal Campheil zeigte seine gewöhnliche Vorsicht. Franzosen-Louis verriet sein Interesse. MacDonald spielte sein herzliches Wohlwollen, das allerdings ein bißchen übertrieben wirkte. Kearns gab sich kaltblütig und zuversichtlich, während Elam Harnish munter und lustig wie nur je zu sein schien. Elftausend Dollar lagen schon im Pot, und die Chips häuften sich in der Mitte des Tisches.

      »Ich habe keine Chips mehr«, bedauerte Kearns. »Wir geben jetzt am besten Gutscheine.«

      »Es freut mich, daß du nicht schlapp machst«, lautete MacDonalds leutselige Antwort.

      »Ich bin noch nicht fertig. Ich habe schon tausend Dollar darin. Wie steht es jetzt?«

      »›Bringen‹ kostet dreitausend, aber es wird dich niemand hindern, mit mehr hineinzugehen.«

      »Den Deubel will ich mehr! Du meinst wohl, ich bin gerade solch leichtsinniger Hund wie du.« Kearns guckte in seine Karten. »Aber ich will dir was sagen, Mac. Ich hab' 'ne feine Karte, die dreitausend möcht' ich doch gerade noch mal ›bringen‹.«

      Er schrieb eine Summe auf ein Stück Papier, setzte seinen Namen drunter und schob es in die Mitte des Tisches.

      Alle Augen richteten sich jetzt auf den Franzosen-Louis. Der zupfte einen Augenblick nervös an seinen Karten. Dann warf er mit einem ärgerlichen »Zum Kuckuck! Nichts zu machen« die Karten auf den Tisch.

      Im nächsten Augenblick suchten die mehr als hundert Augenpaare Campbell.

      »Ich will dicht nicht überbieten, Jack«, sagte er und begnügte sich, die nötigen zweitausend zu ›bringen‹. Jetzt richteten sich die Augen auf Harnish, der etwas auf ein Stück Papier schrieb, das er in die Mitte schob.

      »Ich möchte nur bemerken, daß wir kein Wohlfahrtsverein für arme Kinder sind«, sagte er. »Ich ›bringe‹ und noch tausend. Jetzt bist du dran, Mac.«

      »Darauf habe ich gerade gewartet, und ich geh' noch tausend weiter«, war MacDonalds Entgegnung. »Gehst du immer noch mit, Jack?«

      »Aber sicher.« Kearns beschäftigte sich lange mit seinen Karten. »Ich will's darauf ankommen lassen, aber erst sollt ihr wissen, wie ich stehe. Da ist mein Dampfer ›Bella‹ – der ist wenigstens zwanzigtausend wert. Dann Sixty Mile mit einem Warenlager für fünftausend. Und ihr wißt, daß ich eine Sägemühle erwarte. Sie ist jetzt in Linderman, und das Schiff


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