Gesammelte Werke. Джек Лондон
Читать онлайн книгу.der Anerkennung.
»Was meinen Sie dazu, wie?«
»Jeder einzelne Baum mit der Nagelschere gestutzt und manikürt«, lachte Daylight, aber die Freude und das Vergnügen in seinen Augen befriedigten den Kleinen.
»Ja, wissen Sie, ich kenne jeden einzelnen Baum, als wäre er mein eigen Kind. Ich habe sie gepflanzt, aufgepäppelt und großgezogen, jetzt sollen Sie aber die Quelle sehen.«
»Großartig«, lautete Daylights Urteil, als sie die Quelle gründlich besichtigt und gekostet hatten und nun zum Hause zurückkehrten.
Als sie eintraten, war Daylight überrascht. Gekocht wurde in der angebauten kleinen Hütte, und das Haus selbst war ein einziger großer Wohnraum. Ein großer Tisch in der Mitte war mit Büchern und Zeitschriften übersät, jeder verfügbare Raum an den Wänden vom Boden bis zur Decke mit Bücherregalen verstellt. Es schien Daylight, daß er noch nie so viele Bücher auf einmal gesehen hätte. Felle von Wildkatzen, Waschbären und Hirschen lagen auf den Dielen des Fußbodens.
»Selbst geschossen und gegerbt«, erklärte Ferguson stolz.
Das Hauptmerkmal der Stube war jedoch der mächtige Kamin aus größeren und kleineren unbehauenen Feldsteinen.
»Selbst gebaut,« erklärte Ferguson, »und, weiß Gott, der zieht. Nicht der geringste Rauch außer im Schornstein, und das bei den schweren Südoststürmen!«
Daylight fühlte sich von dem Kleinen angezogen und war neugierig. Warum versteckte er sich mit all seinen Büchern hier im Chaparral? Er war durchaus kein Narr, das konnte jeder sehen. Aber warum? Die ganze Geschichte sah nach einem Abenteuer aus, und Daylight nahm die Einladung zum Abendbrot an, halbwegs darauf vorbereitet, in seinem Wirt einen Rohe-Früchte- und Nüsse-Fresser oder sonst einen Gesundheitsapostel zu finden. Bei Tisch, während sie Kaninchenfrikassee mit Reis und Curry aßen, fand Daylight, daß der Kleine in dieser Beziehung kein Fanatiker war. Er aß, was ihm schmeckte, und soviel er mochte, und mied nur solche Speisen, die ihm, wie er aus Erfahrung wußte, unzuträglich waren.
Als sie die Teller abgewaschen und es sich dann gemütlich gemacht hatten, fand Daylight Gelegenheit, ihn zu fragen:
»Hören Sie, Ferguson. Seit wir uns getroffen, habe ich darüber nachgedacht, was für eine Schraube bei Ihnen los ist, aber ich will gehenkt werden, wenn ich es rausgekriegt habe. Was treiben Sie eigentlich hier? Womit haben Sie sich Ihr Brot verdient, bevor Sie herkamen?«
Ferguson amüsierte sich ganz offen über die Fragen des andern.
»Erstens«, begann er, »war ich von den Ärzten aufgegeben, obgleich ich alle möglichen Sanatorien besucht und eine Reise nach Europa und eine nach Hawai gemacht hatte. Sie versuchten Elektrizität, Mast- und Hungerkuren. Sie ruinierten mich mit ihren Rechnungen, und dabei ging es mir immer schlechter. Ich war ein Schwächling, und dann lebte ich unnatürlich – zuviel Arbeit, Verantwortung und Mühe. Ich war Hauptschriftleiter der ›Times-Tribune‹ –«
Daylight schnappte nach Luft, denn die »Times-Tribune« war von jeher die größte und einflußreichste Zeitung San Franziskus.
»– und der Anstrengung nicht gewachsen. Mein Körper lehnte sich auf, und mein Geist natürlich auch. Ich mußte mit Whisky nachhelfen, und das vertrug ich ebensowenig wie das Leben in den Klubs und Hotels.«
Er zuckte die Achseln und paffte seine Pfeife.
»Als die Ärzte mich aufgaben, ordnete ich meine Angelegenheiten und gab meinerseits die Ärzte auf. Das ist jetzt fünfzehn Jahre her. Als junger Mann habe ich in den Universitätsferien hier gejagt, und als ich nun so herunter war, bekam ich Sehnsucht nach dem Landleben. Da ließ ich alles stehen und liegen und baute mich hier im Mondtal an – das ist der indianische Name für das Sonoma-Tal, wissen Sie. Im ersten Jahre lebte ich in dem kleinen Anbau; dann errichtete ich die Blockhütte und ließ mir meine Bücher kommen. Ich habe früher nicht gewußt, was Glück und Gesundheit ist. Und nun schauen Sie mich an! Wagen Sie zu behaupten, daß ich nach siebenundvierzig Jahren aussehe?«
»Ich würde Sie höchstens für vierzig halten«, gestand Daylight.
»Aber als ich herkam, sah ich fast wie ein Sechzigjähriger aus, und das war vor fünfzehn Jahren.«
Sie sprachen weiter, und Daylight lernte die Welt von ganz neuen Gesichtspunkten betrachten. Der Mann hier war weder bitter noch zynisch, er verlachte die Städter und nannte sie Narrenhäusler; er strebte nicht nach Geld, und seine Herrschsucht war längst erstorben.
»Aber was machen Sie denn jetzt?« fragte Daylight. »Sie müssen doch Geld haben, um Kleidung und Zeitschriften zu kaufen?«
»Ich arbeite eine Woche oder einen Monat, wie es sich gerade trifft, pflüge im Winter, pflücke Trauben im Herbst, und im Sommer gibt es immer irgendwelche Arbeit bei den Ansiedlern. Meine Bedürfnisse sind nicht groß, viel brauche ich also nicht zu arbeiten. Die meiste Zeit vertreibe ich mir mit Nichtstun. Ich könnte gelegentlich für Zeitschriften und Zeitungen schreiben, aber ich ziehe vor, zu pflügen und Trauben zu pflücken. Sie brauchen mich nur anzusehen, um zu wissen, warum. Ich bin hart wie Stein. Und ich liebe die Arbeit. Aber ich sage Ihnen, man muß sich daran gewöhnen. Es ist etwas Großes, wenn man gelernt hat, den ganzen lieben Tag Trauben zu pflücken und dann abends mit einem glücklichen Gefühl von Müdigkeit heimzukehren, anstatt immer vor einem körperlichen Zusammenbruch zu stehen. Dieser Kamin – diese großen Steine –, ich war damals ein schwächlicher, kleiner Kerl, bleichsüchtig und vom Alkohol degeneriert, ein Hasenfuß, mit nicht mehr als einem Prozent Ausdauer, und einige von diesen großen Steinen zerbrachen mir fast das Rückgrat. Aber ich hielt durch und gebrauchte meinen Körper, wie die Natur es bestimmt hat – nicht über dem Schreibtisch liegend oder Whisky saufend ... und, na ja, hier bin ich, ein anderer Mensch als zuvor, und da ist mein Kamin, schön und gut, nicht wahr?
Und nun erzählen Sie mir von Klondike, und wie Sie es fertiggebracht haben, bei Ihrem letzten Kampf ganz Franzisko auf den Kopf zu stellen. Sie sind ein tüchtiger Streiter, wissen Sie, und Sie setzen meine Phantasie in Bewegung, wenn ich mir auch bei näherem Nachdenken sage, daß Sie ebenso ein Narr wie die anderen sind. Herrschsucht! Das ist eine furchtbare Krankheit. Warum sind Sie nicht in Ihrem Klondike geblieben? Und warum reißen Sie sich nicht los und leben ein natürliches Leben wie ich zum Beispiel? Sie sehen, ich kann auch Fragen stellen. Nun sprechen Sie und lassen Sie mich eine Weile zuhören.«
Erst um zehn Uhr verließ Daylight Ferguson. Als er im Sternenlicht fortritt, kam ihm plötzlich in den Sinn, das Gehöft auf der anderen Seite des Tales zu kaufen. Er dachte nicht daran, sich je dort niederlassen zu wollen. Sein Spiel hielt ihn in San Franzisko. Aber das Gehöft gefiel ihm, und sobald er wieder in sein Bureau zurückgekehrt war, wollte er mit dem Besitzer Verhandlungen anknüpfen. Übrigens gehörte die Lehmgrube dazu, und das gab ihm dann die Oberhand über Holdsworthy, wenn er sich einmal mausig machen wollte.
Vierundzwanzigstes Kapitel
Daylight spielte weiter; aber sein Spiel war in eine neue Phase getreten. Die Triebfeder war jetzt die Rache. Hinter viele Namen in San Franzisko setzte er ein schwarzes Kreuz, das dann gelegentlich durch einen blitzschnellen Angriff ausgelöscht wurde. Er bat nie um Pardon, gab aber auch keinen. Alle Welt fürchtete und haßte ihn, außer seinem Rechtsanwalt Larry Hegan, der sein Leben für ihn gegeben hätte.
Aber auch San Franzisko nahm Daylight gegenüber jetzt eine andere Haltung ein. Er hatte die Leute schon gelehrt, daß es am besten war, den schlafenden Löwen nicht zu wecken. Viele versuchten sich bei ihm einzuschmeicheln, seine Freundschaft zu gewinnen. Selbst die Zeitungen – mit Ausnahme einiger, die versucht hatten, Geld von ihm zu erpressen – hörten auf, ihn zu beschimpfen, und behandelten ihn fast mit Ehrerbietung. Kurz, mau betrachtete ihn als einen gefährlichen Grislybären aus der nordischen Wildnis, dem man am besten aus dem Wege ging. Nach seiner Plünderung der Schiffahrtsgesellschaften war die ganze Meute auf ihn losgefahren, aber da hatte er kehrtgemacht und sie in der