Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон


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unmöglich, durchkommen zu können, aber immer wieder vollbrachte es das Unmögliche mit schwindelerregender Fahrt. Ein Regenschauer trieb vorbei, und aus dem Dunkel tauchte das Boot dicht neben uns auf.

      „Hart Steuerbord!" rief Wolf Larsen und sprang selbst ans Rad, um es herumzuwerfen. Wieder jagte die Ghost mit dem Wind um die

      Wette dahin, und zwei Stunden lang folgten Johnson und Leach uns. Wir drehten bei und liefen fort, drehten bei und liefen fort, und immer noch stieg das kämpfende Segel himmelwärts und stürzte in die vorbeischießenden Täler.

      Eine Viertelmeile von uns entzog eine dichte Regenbö das Boot unseren Blicken. Es kam nie wieder zum Vorschein. Der Wind verwehte den Regen, aber kein Segel zeigte sich auf der bewegten Fläche. Einen Augenblick glaubte ich, den schwarzen Boden des Bootes sich von dem Gischt einer brechenden Welle abheben zu sehen. Das war alles. Für Johnson und Leach war der Kampf ums Dasein beendet.

      Die Mannschaft blieb in einer Gruppe mittschiffs stehen. Keiner ging nach unten, und keiner sprach ein Wort. Nicht einmal Blicke wurden getauscht. Alle schienen wie betäubt - sie standen in Betrachtungen versunken da und versuchten, sich das Geschehene klarzumachen.

      Wolf Larsen ließ ihnen indessen nicht viel Zeit zum Nachdenken. Er brachte die Ghost wieder auf Kurs - einen Kurs auf die Robbenherden und nicht nach Yokohama. Aber die Leute hatten ihren Eifer beim Holen und Fieren verloren, und ich hörte manchen Fluch, der ihren Lippen entschlüpfte, schwer und dumpf wie sie selbst. Nicht so die Jäger. Smoke, der Unbezähmbare, erzählte eine Geschichte, und unter schallendem Gelächter begaben sie sich ins Zwischendeck.

      Als ich auf der Leeseite nach achtern ging, näherte sich mir der Maschinist, den wir gerettet hatten. Sein Gesicht war weiß, und seine Lippen zitterten.

      „Großer Gott, was war das für ein Boot?" rief er.

      „Sie haben ja selbst Augen im Kopf", antwortete ich fast brutal, so sehr schnürten Schmerz und Furcht mir das Herz zusammen.

      „Ihr Versprechen?" fragte ich Wolf Larsen.

      „Ich dachte gar nicht daran, sie an Bord zu nehmen, als ich es gab", erwiderte er. „Und was auch geschehen ist, so werden Sie mir jedenfalls zugeben, daß ich nicht Hand an sie gelegt habe... Im Gegenteil, im Gegenteil", lachte er einen Augenblick später. Ich antwortete nicht. Ich war unfähig zu sprechen, mein Geist war verwirrt. Ich wußte, daß ich Zeit brauchte, um über das Geschehene nachzudenken. Die Frau, die jetzt unten in der Kajüte schlief, bürdete mir eine Verantwortung auf, die mir schwer aufs Herz fiel, und der einzige vernünftige Gedanke, der mir durchs Hirn flackerte, war, daß ich nichts übereilen durfte, wenn ich ihr überhaupt eine Hilfe sein wollte.

      Siebtes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Der Rest des Tages verging, ohne daß sich etwas ereignet hätte. Der frische Wind mit seinen Regenschauern legte sich. Der vierte Maschinist und die drei Heizer wurden nach einer heftigen Auseinandersetzung mit Wolf Larsen neu eingekleidet, erhielten ihre Plätze unter den Jägern in verschiedenen Booten und in den Schiffswachen angewiesen und wurden dann in die Back geschickt. Sie wagten nicht zu protestieren. Was sie von Wolf Larsen gesehen, hatte sie eingeschüchtert, und was sie in der Back über ihn hörten, nahm ihnen die letzte Lust zur Auflehnung. Fräulein Brewster - ich hatte ihren Namen von dem Maschinisten erfahren - schlief immer noch.

      Aber ihr Erscheinen bei Tisch am nächsten Morgen hatte eine seltsame Wirkung. Die Jäger wurden stumm wie die Fische. Nur Homer und Smoke ließen sich nicht einschüchtern, warfen verstohlene Blicke auf sie und beteiligten sich selbst an der Unterhaltung. Die vier andern hoben nicht die Augen von ihren Tellern. Auch Wolf Larsen sagte anfangs nicht viel; er antwortete nur, wenn man sich an ihn wandte. Nicht etwa, daß er verlegen gewesen wäre. Weit entfernt!

      Diese Frau war für ihn nur ein neuer Typ, völlig verschieden von dem Schlag, den er bisher kennengelernt hatte, und er war neugierig. Er studierte sie, seine Augen ließen kaum von ihrem Gesicht, es geschah denn, um die Bewegungen ihrer Hände und Schultern zu beobachten. Ich selbst studierte sie ebenfalls, und obwohl ich die Kosten der Unterhaltung trug, war ich doch ein wenig schüchtern.„Und wann sind wir in Yokohama?" wandte sie sich an ihn und blickte ihm geradewegs in die Augen.

      Das war die klare Frage. Die Kinnladen hörten zu arbeiten auf, die Ohren bewegten sich nicht mehr, und wenn auch die Augen weiter auf den Tellern haftenblieben, lauschte doch jeder begierig auf die Antwort.

      „In vier Monaten, vielleicht auch in dreien, wenn die Jagdzeit früh vorüber ist", sagte Wolf Larsen. Sie schnappte nach Luft und stammelte: „Ich - ich dachte - man ließ mich in dem Glauben, daß Yokohama nur eine Tagereise entfernt sei. Das..."

      Sie machte eine Pause und blickte von einem auf das andere dieser unsympathischen Gesichter im Kreise, die fest auf ihre Teller starrten. „Das kann nicht richtig sein", schloß sie.

      „Das ist eine Frage, die Sie mit Herrn van Weyden abmachen müssen", erwiderte er, indem er mir augenzwinkernd zunickte. „Herr van Weyden ist so etwas wie eine Autorität in Fragen des Rechtes. Ich bin nur ein einfacher Seemann und sehe die Situation daher etwas anders an. Für Sie mag es vielleicht ein Unglück sein, daß Sie hierbleiben müssen, aber für uns ist es sicher ein Glück."

      Er sah sie lächelnd an. Ihre Augen senkten sich vor seinem Blick, aber sie hob sie wieder trotzig zu den meinen. „Was meinen Sie?" fragte sie.

      „Daß es schlimm wäre, namentlich wenn Sie Verpflichtungen für die nächsten Monate übernommen hätten. Da Sie aber, wie Sie sagen, lediglich aus Gesundheitsrücksichten nach Japan reisen wollten, kann ich Ihnen versichern, daß Sie sich nirgends besser erholen können als an Bord der Ghost." Ich sah ihre Augen unwillig aufblitzen, und diesmal senkte ich den Blick und fühlte, daß ich unter dem ihren errötete. Ich war feige, aber was hätte ich tun sollen?

      „Herr van Weyden ist eine Autorität auf diesem Gebiete", meinte Wolf Larsen lachend.

      Ich nickte, und sie blickte mich, jetzt wieder beherrscht, erwartungsvoll an.

      „Nicht, daß er gerade schon damit prahlen könnte", fuhr Wolf Larsen fort, „aber er hat sich prachtvoll erholt. Sie hätten ihn sehen sollen, als er an Bord kam. Ein jämmerlicheres Exemplar der Gattung Mensch hätte man schwerlich finden können. Stimmt das, Kerfoot?"

      Kerfoot war bei dieser direkten Anrede so bestürzt, daß er das Messer zu Boden fallen ließ, aber es gelang ihm, zustimmend zu grunzen.

      „Hat sich herausgemacht durch Kartoffelschälen und Tellerwaschen, was, Kerfoot?" Wieder grunzte der gute Mann.

      „Und schauen Sie ihn sich jetzt an! Er ist zwar nicht das, was man muskulös nennt, aber er hat doch Muskeln, und das konnte man nicht von ihm sagen, als er an Bord kam. Und dazu hat er gelernt, auf eigenen Füßen zu stehen. Wenn Sie ihn jetzt sehen, glauben Sie es vielleicht nicht, aber im Anfang war er ganz außerstande dazu."

      Ich war zornig auf Wolf Larsen. Mit seinen geringschätzigen Bemerkungen forderte er meine Männlichkeit, forderte er die Selbständigkeit heraus, die er mir verschafft hatte. „Ich habe vielleicht gelernt, auf eigenen Füßen zu stehen", entgegnete ich, „aber noch nicht, auf die anderer zu treten."

      Er warf mir einen höhnischen Blick zu. „Dann ist Ihre Erziehung erst halb vollendet", sagte er trocken und wandte sich wieder an sie. „Wir sind sehr gastfreundlich auf der Ghost. Herr van Weyden kann das bestätigen. Wir tun alles, um es unseren Gästen so angenehm wie möglich zu machen, nicht wahr, Herr van Weyden?"

      „Ja, bis zum Kartoffelschälen und

      Tellerwaschen", antwortete ich, „gar nicht davon zu reden, daß einem aus lauter Freundschaft der Hals umgedreht wird."

      „Ich bitte Sie, sich durch Herrn van Weyden keine falschen Vorstellungen zu machen", legte er sich mit angenommener Ängstlichkeit dazwischen. „Sie werden bemerkt haben, Fräulein Brewster, daß er ein Messer im Gürtel trägt,


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