Friedrich Schiller: Literatur- und theatertheoretische Essays. Фридрих Шиллер

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Friedrich Schiller: Literatur- und theatertheoretische Essays - Фридрих Шиллер


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Fürst,

       »In Spanien zu pflanzen. O! der Einfall

       »War kindisch, aber göttlich schön. Vorbei

       »Sind diese Träume!« –

      Eine hoffnungslose Leidenschaft, die alle seine Kräfte verzehrt, die sein Leben selbst in Gefahr setzt. Wie würde ein sorgsamer Freund des Prinzen, der aber ganz nur Freund allein, und mehr nicht gewesen wäre, in dieser Lage gehandelt haben? Und wie hat Posa, der Weltbürger, gehandelt? Posa, des Prinzen Freund und Vertrauter, hätte viel zu sehr für die Sicherheit seines Carlos gezittert, als daß er es hätte wagen sollen, zu einer gefährlichen Zusammenkunft mit seiner Königin die Hand zu bieten. Des Freundes Pflicht wär’ es gewesen, auf Erstickung dieser Leidenschaft und keineswegs auf ihre Befriedigung zu denken. Posa, der Sachwalter Flanderns, handelt ganz anders. Ihm ist nichts wichtiger, als diesen hoffnungslosen Zustand, in welchem die thätigen Kräfte seines Freundes versinken, auf das schnellste zu endigen, sollte es auch ein kleines Wagestück kosten. So lang sein Freund in unbefriedigten Wünschen verschmachtet, kann er fremdes Leiden nicht fühlen; so lang seine Kräfte von Schwermuth niedergedrückt sind, kann er sich zu keinem heroischen Entschluß erheben. Von dem unglücklichen Carlos hat Flandern nichts zu hoffen, aber vielleicht von dem glücklichen. Er eilt also, seinen heißesten Wunsch zu befriedigen, er selbst führt ihn zu den Füßen seiner Königin; und dabei allein bleibt er nicht stehen. Er findet in des Prinzen Gemüth die Motive nicht mehr, die ihn sonst zu heroischen Entschlüssen erhoben hatten: was kann er anders thun, als diesen erloschenen Heldengeist an fremdem Feuer entzünden und die einzige Leidenschaft nutzen, die in der Seele des Prinzen vorhanden ist? An diese muß er die neuen Ideen anknüpfen, die er jetzt bei ihr herrschend machen will. Ein Blick in der Königin Herz überzeugt ihn, daß er von ihrer Mitwirkung alles erwarten darf. Nur der erste Enthusiasmus ist es, den er von dieser Leidenschaft entlehnen will. Hat sie dazu geholfen, seinem Freunde diesen heilsamen Schwung zu geben, so bedarf er ihrer nicht mehr, und er kann gewiß sein, daß sie durch ihre eigene Wirkung zerstört werden wird. Also selbst dieses Hinderniß, das sich seiner großen Angelegenheit entgegenwarf, selbst diese unglückliche Liebe, wird jetzt in ein Werkzeug zu jenem wichtigeren Zwecke umgeschaffen, und Flanderns Schicksal muß durch den Mund der Liebe an das Herz seines Freundes reden.

      »– In dieser hoffnungslosen Flamme

       »Erkannt’ ich früh der Hoffnung goldnen Strahl.

       »Ich wollt’ ihn führen zum Vortrefflichen;

       »Die stolze königliche Frucht, woran

       »Nur Menschenalter langsam pflanzen, sollte

       »Ein schneller Lenz der wunderthät’gen Liebe

       »Beschleunigen. Mir sollte seine Tugend

       »An diesem kräft’gen Sonnenblicke reifen.«

      Aus den Händen der Königin empfängt jetzt Carlos die Briefe, welche Posa aus Flandern für ihn mitbrachte. Die Königin ruft seinen entflohenen Genius zurück.

      Noch sichtbarer zeigt sich diese Unterordnung der Freundschaft unter das wichtigere Interesse bei der Zusammenkunft im Kloster. Ein Entwurf des Prinzen auf den König ist fehlgeschlagen; dieses und eine Entdeckung, welche er zum Vortheil seiner Leidenschaft glaubt gemacht zu haben, stürzen ihn heftiger in diese zurück, und Posa glaubt zu bemerken, daß sich Sinnlichkeit in diese Leidenschaft mische. Nichts konnte sich weniger mit seinem höhern Plane vertragen. Alle Hoffnungen, die er auf Carlos’ Liebe zur Königin für seine Niederlande gegründet hat, stürzten dahin, wenn diese Liebe von ihrer Höhe heruntersank. Der Unwille, den er darüber empfindet, bringt seine Gesinnungen an den Tag.

      »O, ich fühle,

       »Wovon ich mich entwöhnen muß. Ja, einst,

       » Einst war’s ganz anders. Da warst du so reich,

       »So warm, so reich! Ein ganzer Weltkreis hatte

       »In deinem weiten Busen Raum. Das alles

       »Ist nun dahin, von Einer Leidenschaft,

       »Von einem kleinen Eigennutz verschlungen:

       »Dein Herz ist ausgestorben. Keine Thräne

       »Dem ungeheuern Schicksal der Provinzen,

       » Nicht einmal eine Thräne mehr! O, Karl,

       »Wie arm bist du, wie bettelarm geworden,

       »Seitdem du Niemand liebst, als dich!«

      Bang vor einem ähnlichen Rückfall, glaubt er einen gewaltsamen Schritt wagen zu müssen. So lange Karl in der Nähe der Königin bleibt, ist er für die Angelegenheit Flanderns verloren. Seine Gegenwart in den Niederlanden kann dort den Dingen eine ganz andere Wendung geben; er steht also keinen Augenblick an, ihn auf die gewaltsamste Art dahin zu bringen.

      »Er soll

       »Dem König ungehorsam werden, soll

       »Nach Brüssel heimlich sich begeben, wo

       »Mit offnen Armen die Flamänder ihn

       »Erwarten. Alle Niederlande stehen

       »Auf seine Losung auf. Die gute Sache

       »Wird stark durch einen Königssohn.«

      Würde der Freund des Carlos es über sich vermocht haben, so verwegen mit dem guten Namen, ja selbst mit dem Leben seines Freundes zu spielen? Aber Posa, dem die Befreiung eines unterdrückten Volks eine weit dringendere Aufforderung war, als die kleinen Angelegenheiten eines Freundes, Posa, der Weltbürger, mußte gerade so und nicht anders handeln. Alle Schritte, die im Verlauf des Stücks von ihm unternommen werden, verrathen eine wagende Kühnheit, die ein heroischer Zweck allein einzuflößen im Stand ist! Freundschaft ist oft verzagt und immer besorglich. Wo ist bis jetzt im Charakter des Marquis auch nur eine Spur dieser ängstlichen Pflege eines isolierten Geschöpfs, dieser alles ausschließenden, alles für Einen Gegenstand hingebenden, alles in Einem Gegenstande genießenden Neigung, worin doch allein der eigentümliche Charakter der leidenschaftlichen Freundschaft besteht? Wo ist bei ihm das Interesse für den Prinzen nicht dem höhern Interesse für die Menschheit untergeordnet? Fest und beharrlich geht der Marquis seinen großen kosmopolitischen Gang, und alles, was um ihn herum vorgeht, wird ihm nur durch die Verbindung wichtig, in der es mit diesem höhern Gegenstande steht.

       Inhaltsverzeichnis

      Um einen großen Theil seiner Bewunderer dürfte ihn dieses Geständniß bringen, aber er wird sich mit dem kleinen Theil der neuen Verehrer trösten, die es ihm zuwendet, und zum allgemeinen Beifall überhaupt konnte sich ein Charakter, wie der seinige, niemals Hoffnung machen. Hohes, wirkendes Wohlwollen gegen das Ganze schließt keineswegs die zärtliche Theilnahme an den Freuden und Leiden eines einzelnen Wesens aus. Daß er das Menschengeschlecht mehr liebt, als Karln, thut seiner Freundschaft für ihn keinen Eintrag. Immer würde er ihn, hätte ihn auch das Schicksal auf keinen Thron gerufen, durch eine besondere zärtliche Bekümmerniß vor allen Uebrigen unterschieden haben; im Herzen seines Herzens würde er ihn getragen haben, wie Hamlet seinen Horatio. Man hält dafür, daß das Wohlwollen um so schwächer und laulichter werde, je mehr sich seine Gegenstände häufen: aber dieser Fall kann auf den Marquis nicht angewandt werden. Der Gegenstand seiner Liebe zeigt sich ihm im vollesten Lichte der Begeisterung; herrlich und verklärt steht dieses Bild vor seiner Seele, wie die Gestalt einer Geliebten. Da es Carlos ist, der dieses Ideal von Menschenglück wirklich machen soll, so trägt er es auf ihn über, so faßt er zuletzt Beides in Einem Gefühl unzertrennlich zusammen. In Carlos allein schaut er seine feurig geliebte Menschheit jetzt an; sein Freund ist der Brennpunkt, in welchem alle seine Vorstellungen von jenem zusammengesetzten Ganzen sich sammeln. Es wirkt also doch nur in Einem Gegenstand auf ihn, den er mit allem Enthusiasmus und allen Kräften seiner Seele umfaßt.

      »Mein Herz,

       »Nur einem Einzigen geweiht, umschloß

       »Die ganze Welt. In meines Carlos Seele

      


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