Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

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Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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(Margit kommt in reicher Tracht von links.)

      Gudmund (geht ihr entgegen.) Margit, – liebe Margit!

      Margit (bleibt stehen, sieht ihn befremdet an.) Verzeiht mir, Herr Ritter; aber –? (Als ob sie ihn jetzt erst erkenne.) Fürwahr, irr' ich nicht, so ist das Gudmund Alfsön. (Streckt ihm die Hand entgegen.)

      Gudmund (ohne die Hand zu ergreifen.) Und Du kanntest mich nicht gleich wieder?

      Bengt (lachend.) Nein, aber Margit, an was denkst Du nur immer? Ich hab' Dir doch vorhin gemeldet, daß Dein Vetter –

      Margit (geht nach dem Tische rechts hinüber.) Zwölf Jahre sind eine lange Zeit, Gudmund. Das grünste Kraut kann zehnmal verderben derweilen –

      Gudmund. Sieben Jahre sind's, seit wir uns zuletzt gesehen haben.

      Margit. Nein gewiß, es muß länger her sein.

      Gudmund (sieht sie an.) Ich möcht' es fast glauben, aber es ist doch so, wie ich sage.

      Margit. Ganz seltsam. Ich war doch sicherlich noch ein Kind damals; und das scheint mir eine ewig lange Zeit her zu sein, daß ich Kind war. (Läßt sich in einen Stuhl fallen.) Setzt Euch doch, lieber Vetter! Ruht Euch aus; heut abend sollt Ihr tanzen und uns mit Eurem Gesang erfreuen. (Mit einem gezwungenen Lächeln.) Ja, Ihr wißt wohl, wir sind heute gar fröhlich auf dem Schloß – wir feiern ein Fest.

      Gudmund. Das ward mir gesagt, gerade als ich den Hof betrat.

      Bengt. Ja, heute vor drei Jahren ward ich –

      Margit (abschneidend.) Mein Vetter hat es schon gehört. (Zu Gudmund.) Wollt Ihr nicht Euren Mantel ablegen?

      Gudmund. Ich dank' Euch, Frau Margit. Aber es kommt mir vor, als sei es kalt hier, kälter – als ich erwartet hätte.

      Bengt. Da bin ich dagegen in hellem Schweiß. Aber ich hab' auch vollauf zu tun. (Zu Margit.) Laß nur unserem Gast die Zeit nicht lang werden, während ich draußen bin. Ihr könnt ja zusammen schnacken von alten Tagen. (Will gehen.)

      Margit (unentschlossen.) Gehst Du? Willst Du nicht lieber –?

      Bengt (lachend, zu Gudmund, während er zurückkommt.) Seht Ihr wohl; Herr Bengt auf Solhaug ist der Mann, der mit Weibervolk umzugehen versteht. Keine Stunde, noch so kurz, kann meine Frau ohne mich sein. (Zu Margit, indem er sie unter das Kinn faßt.) Tröst' Dich; ich werd' bald wieder bei Dir sein. (Er geht durch den Hintergrund ab.)

      Margit (vor sich hin.) O, Qual und Harm, all das leiden zu müssen!

       (Kurze Pause.)

      Gudmund. Wie geht's Eurer lieben Schwester?

      Margit. Ich danke; ganz gut.

      Gudmund. Mir wurde gesagt, sie ist bei Euch.

      Margit. Sie ist auf Solhaug hier, seit er –

       (Bricht ab.) Vor drei Jahren kam sie mit mir hierher. (Nach kurzer Pause.) Sie tritt gewiß gleich selber an.

      Gudmund. Sie war einst so heiter und herzensrein,

       So fremd allen Listen und Ränken;

       Glaub' ich ihr Blauauge vor mir zu sehn,

       So muß ich an Engel denken.

       Doch viel kann in sieben Jahren vergehn.

       Sagt mir, – während ich fern vom Norden,

       Ist auch sie eine andre geworden?

      Margit (gezwungen scherzend.) Auch sie? Gewöhnt man bei Hofe sich, So artig mit Frau'n zu verkehren? Ihr mahnt mich daran, was die Jahre lehren –

      Gudmund. Ach Margit, verstellt Euch nicht gegen mich.

       Einst mochtet Ihr Schwestern so gut mich leiden,

       Und als ich fort sollte, da weintet Ihr beiden

       Und wolltet mir schwesterlich Treue bewahren

       In Leid und Lust, in Glück und Gefahren

       Ihr überstrahltet der Jungfrauen Kreis;

       Weit, weit im Lande scholl Euer Preis –

       Und heute noch seid Ihr ein Weib voll Wonnen.

       Doch Solhaugs Herrin, ich merk' es, sie reut

       Des armen Verwandten. So kalt seid Ihr heut,

       Die ihr einst mir so freundlich gesonnen.

      Margit (fast von Tränen erstickt.) Ja einst –!

      Gudmund (blickt sie teilnehmend an, schweigt und sagt dann mit gedämpfter Stimme:) Wir wollen von damals reden, – So war es ja auch Eures Gatten Begehr.

      Margit (heftig.) Nein, nein, nicht davon! (Ruhiger.) Es fällt mir zu schwer, Mich dran zu erinnern; ich lern's nimmermehr. Sprecht lieber von Euren Fahrten und Fehden; – Die Zeit verrann wohl an Taten nicht arm; Ihr kämt wohl sobald nicht zu Ende! Da draußen die Welt ist ja weit und warm, – Da sind Sinn und Gedanken behende.

      Gudmund. Und doch! Nie lacht' ich am Hofe so hell,

       Als da ich daheim noch, ein armer Gesell.

      Margit (ohne ihn anzusehen.) Und ich – ich preis' mich zu allen Tagen, Daß mich der Himmel nach Solhaug verschlagen.

      Gudmund. Wohl Euch, sofern Ihr Euch preisen könnt –

      Margit (heftig.) Und hat mir das Schicksal nicht alles gegönnt? Leb' ich nicht frei und geehrt dahin? Folgt man mir nicht, sobald ich befehle? Hier bin ich die Erste, die Herrscherin, Und Ihr wißt, danach brannte mir immer die Seele. Ihr dachtet, Ihr fändet ein kummermüd Weib; Doch Ihr seht, ich bin munter an Seele und Leib. Seht, deshalb brauchtet Ihr nicht zu kommen, – Die Reise dürfte Euch wenig frommen.

      Gudmund. Was meint Ihr, Frau Margit?

      Margit (erhebt sich.) Ich weiß es genau, Was Euren Besuch mir beschieden.

      Gudmund. Und billigt ihn nicht, meine edle Frau?

       (Grüßt und will gehen.) So lebt denn wohl – Gott schenk' Euch Frieden!

      Margit. Wenn Ihr beim König geblieben wärt,

       Es hätte Euch wahrlich höher geehrt.

      Gudmund (bleibt stehen.) Beim König? Ihr spottet noch meiner Not?

      Margit. Eurer Not? Nun, Vetter, hoch müßt Ihr streben!

       Wozu sich wohl noch Eure Wünsche erheben!

       Ihr könnt Euch kleiden in Sammet rot,

       Seid ein Königischer, habt Gut und Geld –

      Gudmund. Ihr wißt ja doch, wie es damit bestellt.

       Ihr sagtet, man hatte Euch zugetragen,

       Warum ich hierher kam –

      Margit. Nun, und was dann?

      Gudmund. So wißt Ihr doch, wie mich das Schicksal geschlagen,

       Und wißt doch, daß ich ein friedloser Mann.

      Margit (schreckensstarr.) Friedlos! Du, Gudmund!

      Gudmund. Ja, wie Ihr wohl wißt.

       Doch schwör' ich Euch zu beim heiligen Christ,

       Hätt' ich geahnt, wie Ihr mir geneigt,

       Ich hätte mich nimmer auf Solhaug gezeigt.

       Ich meinte, Ihr fühltet mit mir noch mit,

       Wie damals, als ich von dannen ritt.

       Doch nur keine Gnade! Der Wald ist groß,

       Mein Bogen wird mich ernähren;

       Mir gnügt ein Tisch aus Fels und Moos

       Und als Kammer das Loch eines Bären.

      


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