Butler Parker Special Edition 1 – Kriminalroman. Günter Dönges
Читать онлайн книгу.um sein Leben, nachdem er von Gangstern belästigt und auch seine Tochter erheblich behelligt worden ist.«
»Ich weiß natürlich nicht, wovon Sie sprechen«, entgegnete Bellow. »Aber glauben Sie mir als Insider, daß in der gesamten Baubranche Futterneid herrscht. Und das ist aus meiner Sicht heraus sogar verständlich. Die Firmen, die keinen Auftrag erhalten, werden natürlich immer vermuten, man habe sie ausgetrickst. Es geht schließlich bei öffentlichen Bauvorhaben um immense Summen.«
»Sie haben nichts dagegen, junger Mann, daß Sie auf meiner Liste der verdächtigen Personen bleiben, ja?« Lady Simpson lächelte freundlich.
»Überhaupt nicht, Mylady«, meinte Bellow und lächelte ebenfalls. »Ich kann Sie schließlich nicht daran hindern, einer falschen Spur nachzugehen.«
*
»Ein sehr enttäuschender Besuch, Mister Parker«, sagte die ältere Dame verärgert. Man hatte sich von Artie Bellow verabschiedet und befand sich inzwischen wieder im Treppenhaus des ehemaligen Lagerhauses. »Er hat ja noch nicht mal versucht, mir richtig zu drohen.«
»Mister Artie Bellow weiß inzwischen längst, wer Mylady sind«, gab der Butler zurück. »Ihm dürfte längst bekannt sein, daß man Mylady mit Drohungen keineswegs zu beeindrucken vermag.«
»Und wo sind seine Schläger?« grollte sie enttäuscht. »Weit und breit war nichts zu sehen.«
»Hier im Haus dürfte mit solchen Überraschungen kaum zu rechnen sein, Mylady«, entgegnete der Butler. »Eine echte Gefahr droht ab sofort auf den nahen Straßen.«
»Genau darauf wollte ich hinweisen«, behauptete sie. »Ich rechne mit Scharfschützen, Mister Parker.«
»Oder vielleicht auch mit Baufahrzeugen, die einen Unfall herbeiführen sollen.«
»Das natürlich auch«, sagte die Detektivin. »Sie werden also sehr wachsam sein müssen, Mister Parker.«
»Auch einen Überfall knapp vor dem Haus sollte man nicht ausschließen, Mylady.«
»Oder bereits hier im Haus.« Sie deutete nach unten. Auf der Treppe waren Stimmen und schnelle Schritte zu vernehmen.
Parker beugte sich ein wenig über das Eisengeländer und überprüfte die Situation. Er hatte einen günstigen Augenblick gewählt. Er entdeckte zwei Männer in weißen Overalls, die gerade einen Treppenabsatz erreicht hatten. Sie machten einen durchaus schlagkräftigen Eindruck.
Wenig später kam man sich bereits entgegen.
Die beiden Männer blickten neugierig zu Mylady und Parker hoch, wechselten einige Worte und lachten dann verstohlen. Agatha Simpson hatte ihren perlenbestickten Pompadour bereits in erste Schwingungen versetzt und wartete darauf, ihn einsetzen zu können. Auch Parker bereitete sich auf ein Scharmützel vor.
Die beiden Männer kamen näher und gingen dann hintereinander, um Platz auf der Steintreppe zu schaffen. Lady Agatha ließ plötzlich ihren Pompadour kreisen und erregte damit natürlich Aufmerksamkeit.
»Man wünscht einen freundlichen guten Morgen«, sagte Josuah Parker, als die Kontrahenten sich fast erreicht hatten.
Lady Agatha wünschte den Entgegenkommenden überhaupt nichts. Sie gab die langen Lederschnüre frei, die den Pompadour mit ihrer Hand verbanden.
Der neckisch aussehende Handbeutel schwang kraftvoll nach vorn und senkte sich zugleich. Er landete ungewöhnlich zielsicher auf der rechten Schulter des ersten Mannes, der völlig überrascht wurde.
Der Getroffene ging automatisch in die Knie und fiel dann gegen den Begleiter hinter ihm. Auch dieser Mann strauchelte, verlor das Gleichgewicht und rutschte auf der Kante einer Stufe aus. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis die beiden Männer übereinander nach unten purzelten und spitze Schreie ausstießen.
»Sie haben hoffentlich mitbekommen, Mister Parker, daß ich angegriffen wurde«, wandte sich die passionierte Detektivin an ihren Butler.
»Es hatte zumindest den Anschein«, erwiderte Parker in seiner bekannt höflichen Art. Dann stieg er nach unten und kümmerte sich um die Treppensteiger, die inzwischen damit beschäftigt waren, ihre Glieder einem ersten Sortieren zu unterziehen.
*
»Aber es hätten Gangster sein können«, meinte die ältere Dame zehn Minuten später hartnäckig. »Hoffentlich streiten Sie das nicht ab, Mister Parker.«
»Man nahm Myladys Entschuldigung freundlicherweise an«, erinnerte der Butler.
»Und pro Person zehn Pfund Schmerzensgeld«, ärgerte sich Lady Agatha noch mal nachträglich. »Sie waren wieder zu großzügig mit meinem sauer verdienten Geld, Mister Parker. Fünf Pfund oder nur drei hätten es auch getan.«
»Die beiden Männer waren ein wenig empört«, gab der Butler zu bedenken.
»Nun, wie auch immer.« Sie hatte mit Parker die Eingangshalle des Bürokomplexes erreicht und hielt auf die Glastür zu. »Ich werde dieses Thema nicht weiter vertiefen, Mister Parker, aber ich erwarte jetzt einen wirklichen Überfall.«
»Könnten Mylady sich dazu entschließen, ihn vom Kellergeschoß des Hauses aus zu beobachten?« Parker deutete mit der Schirmspitze diskret auf die Treppe, die in die unteren Räume führte. Es gab hier eine farbdurchwirkte Sperrkette, die diese Treppe sicherte.
»Und was verspreche ich mir davon?« fragte die ältere Dame lustlos.
»Eine Entlarvung möglicher Schützen, Mylady.«
»Sie glauben, daß sie sich zeigen werden?« Agatha Simpson lächelte ironisch.
»Man wird die Geduld verlieren, wenn Mylady nicht im Eingang zu erscheinen geruhen. Sie werden sich vielleicht zeigen.«
»Ein hübscher Trick, der von mir sein könnte, Mister Parker.« Sie war einverstanden. Der Butler hob die Kette hoch, damit seine Herrin bequem die dahinter liegende Treppe erreichte. Dann folgte er, übernahm die Führung und entdeckte unten an der Stirnwand einer kleinen Halle Hinweistafeln in Schablonenschrift.
Parker bog nach links ab, folgte Richtungspfeilen und erreichte eine Tür, hinter der ein Treppenaufgang zu sehen war. Die Tür blieb nur wenige Augenblicke verschlossen.
Parker benutzte sein kleines Spezialbesteck, um das Schloß zu öffnen, und trat nach draußen. Er hielt bereits die Gabelschleuder in den schwarz behandschuhten Händen, stieg einige Stufen hoch und beobachtete von hier aus die Fenster- und Dachfront des gegenüberliegenden Lagerhauses, das noch nicht umgebaut war.
Ein Baugerüst war bereits vorhanden. Es gab leere Fensterhöhlen und Mauereinrisse in den oberen Etagen. Für einen Scharfschützen war das der geeignete Ort, hier auf seine Opfer zu warten.
Und es gab einen Scharfschützen, wie Parker ausmachte!
In einem ausgebrochenen Fenster erschien eine Gestalt, die sich vorsichtig vorbeugte, um die Straße besser einsehen zu können. Für Parkers Schleuder war die Entfernung allerdings zu groß.
Der Butler hatte es immerhin mit fast hundert Metern zu tun. Über eine solche Distanz konnte er keinen Wirkungstreffer anbringen.
Er entschied sich für die Geduld, trat vorsichtig wieder nach unten und lieferten der älteren Dame einen knappen Situationsbericht.
»Und wie werde ich jetzt reagieren?« wollte sie ungeduldig wissen.
»Hätten Sie nicht besser eine Schußwaffe mitnehmen sollen, Mister Parker?«
»Sie könnte irreparable Verletzungen hervorrufen oder gar den Tod herbeiführen, Mylady«, entgegnete der Butler. »In diesem speziellen Fall setzen Mylady sicher auf die Neugier des Schützen, der seinen bezahlten Auftrag erfüllen möchte.«
Seine Rechnung ging auf.
Es dauerte etwa fünf Minuten, bis aus dem gegenüberliegenden Lagerhaus ein Mann trat, der einen leichten Staubmantel trug, den er nicht geschlossen hatte. Er hatte den linken Arm gegen Mantel und Körper gepreßt und schien etwas